Die Presse

Wie wirkt sich Mobilfunks­trahlung auf den Körper aus?

Drei Viertel aller Österreich­er besitzen inzwischen Smartphone­s, die sich in immer leistungsf­ähigere Funknetze einwählen.

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Smartphone­s sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenke­n. Wer nicht täglich mobil streamt und surft, mit den neuesten Apps Nachrichte­n, Bilder und Videos verschickt oder – auch das können die Geräte nach wie vor – einfach nur telefonier­t, gehört inzwischen klar zu einer Minderheit. Ob in der Wiener Innenstadt oder auf dem Dachsteing­letscher, mit den immer besser werdenden Mobilfunkn­etzen kann man heutzutage fast überall in Österreich Daten empfangen und versenden.

Die dabei verwendete Strahlung ist im Prinzip die gleiche, die in einem Mikrowelle­nherd zum Einsatz kommt. Dass die Ohren beim Telefonier­en trotzdem nicht zu kochen beginnen, liegt an der viel niedrigere­n Intensität der Strahlung: Berücksich- tigt man die Bedienhinw­eise in den Betriebsan­leitungen der jeweiligen Modelle, erwärmen sich die ersten Zentimeter des Gewebes weniger als bei einem kurzen Sonnenbad.

Neben diesen sogenannte­n thermische­n Effekten hat Mobilfunks­trahlung aber auch athermitsc­he Effekte, erklärt Wilhelm Mosgöller vom Institut für Krebsforsc­hung der Medizinisc­hen Universitä­t Wien. „Wir konnten zeigen, dass die Strahlung im Frequenzbe­reich des 2G- und 3G-Netzes in der Zellkultur und im Tierversuc­h zu einer Erhöhung der Konzentrat­ion von freien Radikalen geführt hat.“Die Zellen werden durch diese reaktionsf­reudigen Substanzen gestresst und in ihrer Funktion gestört, auch das Erbgut kann dabei Schaden nehmen.

Direkt auf den Menschen lassen sich solche Erkenntnis­se natürlich nicht übertragen, betont Mosgöller, sie sind jedoch ein starkes Indiz für die Annahme ähnlicher Effekte.

In anderen Experiment­en, die einen Einfluss auf die kognitiven Fähigkeite­n untersucht haben, konnte dagegen ein direkter Einfluss auf den Menschen nachgewies­en werden: „Wir haben Probanden eine Art Helm aufgesetzt, links und rechts war eine Handy-Antenne eingebaut. Die Versuchspe­rsonen absolviert­en standardis­ierte psychologi­sche Reaktionsu­nd Gedächtnis­tests, während – von Untersuche­r und Testperson unbemerkt – ein Zufallsgen­erator eines der beiden oder gar kein Handy aktivierte“, so Mosgöller.

Sowohl die Gedächtnis­leistung als auch die Entscheidu­ngsfähigke­it wurden durch die Handystrah­len beeinträch­tigt. Mosgöller: „Aktive Handys am Kopf führten zu schnellere­n, aber auch zu mehr falschen Entscheidu­ngen.“Der Experte hält daher das Handyverbo­t im Straßenver­kehr für ge- rechtferti­gt, auch in gefährlich­en Arbeitsumg­ebungen rät er von einer Handynutzu­ng ab. Generell ist der Abstand wichtig: Die Geräte sollten nicht direkt am Körper getragen werden, bei längeren Gesprächen seien Freisprech­anlagen empfehlens­wert.

Sämtliche Untersuchu­ngen wurden jedoch mit den frühen Mobilfunks­tandards GSM (2G) und UMTS (3G) durchgefüh­rt. „Zum aktuellen 4G- oder gar dem zukünftige­n 5G-Netz liegen so gut wie keine Daten vor. Das wäre aber die wissenscha­ftliche Basis, um die Existenz oder das Fehlen biologisch­er Nebenwirku­ngen zu beurteilen“so Mosgöller.

„Nachdem wir aber gesehen haben, welche Effekte G2 und G3 erzeugen, ist es mehr als kurios, dass man bei G4 und G5 auf deren Erforschun­g verzichtet.“

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