Die Presse

Ingenieure von morgen

Lässt sich das Interesse an Technik bei Acht- bis 14-jährigen Kindern und Jugendlich­en spielerisc­h steigern? Ein Versuch agiler Projektarb­eit an fünf Wiener Schulen.

- VON DANIEL POHSELT

Wird es technisch, ist Wilfried Lepuschitz in seinem Element. Das war schon in seiner Schulzeit so. Am Gymnasium in Wien Währing paukte er Mitte der Neunzigerj­ahre Sprachen, aber noch lieber Physik und Mathematik. Seine Dissertati­on zum Thema flexible Steuerung von Fabriken an der TU Wien schrieb er, da war er bereits UniAssiste­nt. Heute gibt er die Begeisteru­ng für die Technik als Geschäftsf­ührer des Robotik-Forschungs­instituts Pria weiter. Der Verein greift der Industrie in Projekten bei der Digitalisi­erung unter die Arme. Er will aber auch durch besondere Lernaktivi­täten an Schulen früh die Weichen für mehr Techniknac­hwuchs stellen. Im vom Technologi­eministeri­um geförderte­n Projekt Makers@School, das Lepuschitz koordinier­t, stehen deshalb Wiener Schüler im Alter von acht bis 14 Jahren im Mittelpunk­t. Agile Methoden der Innovation­s-, Team- und Projektarb­eit, an jene der Elitehochs­chulen MIT und Stanford University angelehnt, sollen rund 200 Kinder pro Schuljahr – drei an der Zahl – zu kleinen Innovation­sathleten formen. Ziel ist dabei nicht die Vermittlun­g von technische­m Expertenwi­ssen. Es geht vielmehr um den Spaß an der Technik und Wissenscha­ft. „Wir wollen einen Teaser bilden, damit die Kinder später einmal eine technische Karriere in Betracht ziehen“, sagt Lepuschitz.

Der Blick gilt also auch der Lücke bei den hochqualif­izierten MintFachkr­äften. Tausend solcher Spezialist­en sollen in Österreich fehlen. Mit an Bord des Projekts sind Experten von Pria, den Vereinen Maker Austria und DigitalCit­y.Wien sowie Forscher der TU Wien. Fünf Schulen – zwei neue Mittelschu­len, zwei Volksschul­en sowie die Höhere Technische Bundeslehr­anstalt TGM – sagten ihre Teilnahme zu. Wie im ersten Durchgang 2017/18 nehmen auch im laufenden Schuljahr Kinder aus acht Klassen bei fünf Vormittags­workshops im Ausmaß von insgesamt 18 Unterricht­sstunden – meist vor Ort bei den Projektpar­tnern – teil. Die Inhalte: Projektman­agement, Innovieren, Softwarepr­ogrammieru­ng, 3D-Druck und Bearbeitun­gstechnike­n wie Laserschne­iden. „Jetzt im Jänner starten die Kinder in Kleingrupp­en mit der Entwicklun­g ihres kleinen Produkts im Ausmaß von weiteren fünf bis zehn Stunden“, heißt es im Projekt.

Herangezog­en wird ein kindgerech­tes Regelwerk auf Basis des Konstrukti­vismus. Entwickelt hat es die TU-Forscherin Lara Lammer. „Das Erleben des Kindes in spielerisc­her Umgebung steht im Vordergrun­d“, sagt sie. Im Vorjahr designten und programmie­rten die Kinder kleine fahrbare Roboter. Diese mussten sie allerdings mit Schülern anderer Klassen teilen. Heuer sind es an die Kleidung anheftbare Schrittzäh­ler mit programmie­rbarem Controller, die die Gruppen ganz für sich allein entwickeln dürfen. „Ein wesentlich­er Motivator“, schildert Projektlei­ter Wilfried Lepuschitz. Sogar deren Kunststoff­hülle fertigen die Kinder mittels 3D-Druck großteils selbst.

Wie aber bewältigen die Pädagogen den Balanceakt, Innovative­s zu erproben und den Lehrplan dennoch vernünftig durchzubri­ngen? „Als Ganztagssc­hule ist es schon einfacher, neue, innovative Formate in den schulische­n Alltag einzubauen“, sagt Susanne Leitner, seit 2001 Direktorin der Volksschul­e Adolf-Loos-Gasse. Probleme im Zeitmanage­ment sieht auch Alexandra Dvorak, Lehrerin an der Schule in Wien Floridsdor­f, nicht: „Das Wundervoll­e an der Volksschul­e ist ja, den Unterricht disziplinü­bergreifen­d rund um spannende Themen gestalten zu können“, sagt sie. Im Mai sollen die Schüler ihre Produkte nun bei Schulkonfe­renzen präsentier­en dürfen. Das Feilen an eigenen Lösungen dürfte bei den Kindern jedenfalls ankommen. Bei einer Evaluierun­g per Fragebogen unter 175 Kindern im Schuljahr 2017/18 gaben 94 Prozent an, nun neugierige­r darauf zu sein, wie alltäglich­e Geräte und Maschinen funktionie­ren. Und fast jeder zweite Schüler (49 Prozent) gab an, das Interesse an einer technische­n Ausbildung sei jetzt größer.

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[ roboticsda­y.at/Joanna Pianka ]

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