Rote Mischlingsblumen ziehen mehr Bestäuber an
Forscher verifizieren 70 Jahre alte Hypothese.
Auf der Südtiroler Seiser Alm sind Botaniker auf ein außergewöhnliches Vorkommen einer Orchideenart gestoßen. Schwarz, weiß oder rot blühen hier die nach Vanille duftenden Schwarzen Kohlröschen ( Gymnadenia bzw. Nigritella rhellicani). Nur 62 Prozent der Pflanzen weisen den fast schwarzen namensgebenden Wildtyp auf, 28 Prozent sind rot, zehn Prozent weiß. Während die roten Orchideen genetisch betrachtet eine Kreuzung darstellen, sind die anderen reinerbig.
Die Mischlinge ziehen mehr Bestäuber an, haben deshalb mehr Samen und eine höhere Fitness als die einheitlichen Varianten, stellten nun Forscher um Philipp Schlüter von der Uni Hohenheim (Deutschland) in der Fachzeitschrift „Nature Communications“fest. Damit haben sie erstmals die fast siebzig Jahre alte Theorie der „Überdominanz“verifiziert, ein grundlegendes Kon- zept in der Evolutionsbiologie. Sie besagt, dass mischerbige Pflanzen in der Natur reinerbigen Exemplaren überlegen sind. Dadurch lässt sich erklären, dass verschiedene Erscheinungsformen einer Art nebeneinander vorkommen. Die untersuchten Orchideen waren im Jahr 1997 noch fast alle (95 Prozent) schwarz. Nur vereinzelt gab es rote oder weiße Ausreißer.
Das Forschungsteam, dem auch Jürg Schönenberger von der Uni Wien angehört, fand heraus, dass Bienen und Fliegen auf der Südtiroler Alm die wichtigsten Bestäuber der Orchideen sind. Beide Insektenarten zeigen sich jedoch von unterschiedlichen Farben angezogen: Bienen bevorzugen die dunklen Blüten, Fliegen die weißen. Nur die roten Blumen ziehen beide gleichermaßen an. Schönenberger und seine Kollegen zeigten, dass für die Farbunterschiede Variationen in nur einem einzigen Gen verantwortlich sind. (APA/cog)