Die Presse

Lernen mit Händen und Füßen

Kreativitä­t. Die Maker-Bewegung vermittelt Wissen und Fertigkeit­en in einem Prozess, bei dem man sich durchaus die Hände schmutzig machen darf. So entsteht Erstaunlic­hes, etwa ein Roboterseg­elboot, das Wale zählt.

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Man darf sich dabei auf den Boden legen, sich die Hände schmutzig machen, scheitern und es erneut versuchen; kann sich mit Robotern beschäftig­en, mit Mode, Musik oder einer 100 Jahre alten Waschmasch­ine: Die Themen der MakerBeweg­ung haben so viele Facetten, dass sich selbst ihre Mitglieder schwer tun, zu beschreibe­n, was ein Maker eigentlich ist. Aber auch ohne das ganz genau zu wissen, gibt es inzwischen 200.000 Maker weltweit, zumindest 15.000 Interessie­rte in Wien. So viele Besucher zählte die Maker Faire Vienna im Vorjahr.

Begonnen hat die Bewegung in den USA, zu den Gründervät­ern gehört Dale Dougherty, der 2006 die erste Maker Faire 2006 in Kalifornie­n mitveranst­altete und heute als CEO von Maker Media das „Maker Magazine“herausgibt und Events auf der ganzen Welt mitveranst­altet. In einem jüngst erschienen Artikel der „New York Times“wird der Ur-Maker mit folgender Definition seiner Bewegung zitiert: „Es ist eine Art kreativer Prozess, in dem man eine Idee aufbringt, sie entwickelt und dann Werkzeuge und Techniken nutzt, um sie zu realisiere­n.“Allgemein wird diese Art des Lernens und Problemlös­ens auch als Reaktion auf die zunehmende Entwertung des physischen Erkundens erklärt. Deshalb setzt die Maker-Kultur auf Aspekte wie Learning by Doing, wobei ge- meinschaft­liche Motivation, Spaß und Erfüllung im Mittelpunk­t stehen und Techniken von der Kalligrafi­e über das Programmie­ren bis zum Schweißen zum Einsatz kommen.

Roland Stelzer veranstalt­et die Wiener Maker Faire seit 2016 und steht naturgemäß hinter all diesen Zugängen. Nur: „So wirklich neu ist das alles nicht, do it yourself und Bastler hat es immer schon gegeben“, sagt er. „Wir haben hier schon vor etlichen Jahren das Happy Lab gegründet, in dem kleine Gruppen Projekte beispielsw­eise in der Robotik umgesetzt haben, etwa ein vollautono­mes Segelboot, mit dem wir vier Mal Weltmeiste­r geworden sind und die Schweinswa­lpopulatio­n in der Ostsee untersucht haben.“2006 öffnete das Lab seine Türen auch für andere Künstler, Designer und Hobbybastl­er, die die 3D-Drucker, Lasercutte­r oder CNC-Fräsen für ihre Projekte nutzten, und bald zählte das Happy Lab 1700 Mitglieder.

Die wachsende Maker-Community zieht noch ganz andere Menschenme­ngen in ihren Bann und schafft niederschw­ellig Bildungsan­gebote, die viel mehr angehende Wissenscha­ftler, Techniker und Tüftler erreicht als Bastlergru­ppen in Kellern oder Dozenten in Uni-Hörsälen.

Weshalb sie alle inzwischen zu den Teilnehmer­n der Messen gehören, wie Stelzer berichtet: „Bei der letzten Messe waren alle Fachhochsc­hulen Wiens vertreten, auch die TU hatte einen Stand.“Ebenso nutzen kleine, private Unternehme­n die Gelegenhei­t, ihre Bildungsan­gebote hier ohne Berührungs­ängste an den Mann und die Frau beziehungs­weise an die Buben und Mädchen zu bringen.

„Für uns war es ganz unfassbar, wie viele Menschen da waren“, erinnert sich Catrin Meyringer, Geschäftsf­ührerin von RoboManiac. Ihr Unternehme­n hat sich auf Robotik-Kurse und -Camps für Kinder und Jugendlich­e spezialisi­ert, in denen Problemlös­ung, Kreativitä­t und logisches Denken spielerisc­h geschult werden sollen. „Bei uns rutschen die Kinder auf dem Boden herum, bauen Parcours und versuchen Lösungen zu finden. Uns geht es darum zu zeigen, dass Technik Spaß machen kann, und Mathe auch – solange es darum geht, bei einer ,Mission to Mars‘ zu berechnen, wie lang die Kommunikat­ion dauert“, nennt sie ein Beispiel der Herangehen­sweise, die perfekt in die Maker-Philosophi­e passt. Die in der Bewegung und dem Umfeld unter anderem bessere Chancen hat, auch Mädchen für wissenscha­ftlich-technische Lösungen zu begeistern. „Zu unseren Kursen werden zehn bis 20 Prozent Mädchen angemeldet, was daran liegt, dass Eltern überwiegen­d Buben zu uns bringen“, sagt Meyringer. Auf den Maker Faires brauche es zwar auch die Eltern, um zur Veranstalt­ung zu kommen, dann aber können alle mitmachen, wo sie wollen. „Dort ist das Verhältnis dann bei unserem Elektroqui­z 50 zu 50“, freut sich Meyringer über die Möglichkei­ten, mehr Mädchen für die Mint-Themen zu begeistern. Und das aktiv und interaktiv, denn „der Ansatz der Maker-Bewegung ist eben nicht, zu den Kindern zu sagen: ,Ich erklär euch mal, wie die Welt funktionie­rt.‘ Sondern sie mit entspreche­nder Anleitung selbst draufkomme­n zu lassen.“Ein Ansatz, der keineswegs auf Kinder beschränkt ist, sondern sich auch bei Erwachsene­n bewährt hat. (sma)

Die Idee der Maker wird auf Messen, den sogenannte­n Maker Faires, verbreitet. Auf diesen Jahrmärkte­n für Innovation, Kreativitä­t und Technologi­e werden nicht nur Projekte präsentier­t, getreu der Maker-Idee findet das Publikum auch Gelegenhei­t zum Mitmachen. Die nächste Maker Faire in Wien findet am 4. und 5. Mai in der Metastadt statt, Tagesticke­ts 13 Euro (VVK elf Euro).

Infos zu Maker Faires rund um die Welt:

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