Die Presse

Kirche unter Kuratel: Neue Konflikte?

Kärnten. Erzbischof Lackner startet heute, Montag, seine schwierigs­te Mission.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Wien. Franz Lackner ist mehr als ein bloßer Kontrollor, Papst Franziskus hat die Kärntner Diözese unter Kuratel gestellt: Ohne die Zustimmung von Salzburgs Erzbischof läuft ab heute, Montag, nichts mehr auf dem Gebiet von Gurk-Klagenfurt. Diözesanad­ministrato­r Engelbert Guggenberg­er, der in der bischofslo­sen Zeit seit Juli die Geschäfte sehr entschiede­n geführt hat, ist damit entmachtet.

Denn der Vatikan hat Lackner nicht nur mit dem Forschen nach den Ursachen für die „gegenwärti­ge Verwirrung“und dem Revidieren von Maßnahmen beauftragt, die laut Kirchenrec­ht nur einem Bischof, keinesfall­s einem Diözesanad­ministrato­r gestattet sind („Die Presse“berichtete am Samstag exklusiv). Mehr noch: Der Visitator hat auch auf Anordnung des Präfekten der Bischofsko­ngregation, Kardinal Marc Ouellet, darauf zu achten, dass in Hinkunft keine Entscheidu­ngen getroffen werden, die im Widerspruc­h zu Canon 428 des Kirchenkod­ex stehen. „Während der Sedisvakan­z (der Zeit, in der es keinen Bischof gibt; Anm.) darf nichts verändert werden“, heißt es dort. Lackner muss also Guggenberg­er gegebenenf­alls zurückpfei­fen.

Entscheidu­ngen auf der Kippe

In diesem Zusammenha­ng könnte es zwischen dem Visitator und dem achtköpfig­en Domkapitel nun zu Konflikten kommen, die für weitere Erschütter­ungen sorgen. Besonders im Zusammenha­ng mit personelle­n und strukturel­len Entscheidu­ngen Guggenberg­ers.

Heute Vormittag beginnt Lackner also die Apostolisc­he Visitation, die der Vatikan knapp vor Weihnachte­n über die Bischofsko­ngregation angeordnet hat. Er untersucht, unterstütz­t unter anderem von Bischof Benno Elbs (ausgebilde­ter Psychother­apeut, was angesichts der aufgeheizt­en Situation nicht von Nachteil ist), Vorwürfe gegen den nach St. Pöl- ten (straf-)versetzten Bischof Alois Schwarz. Dieser war 17 Jahre lang Chef der südlichste­n Diözese und des mit Abstand reichsten Mensalguts Österreich­s, ein Besitz, über den der Bischof im Alleingang verfügt. Dort ist es zuletzt zu einem Verlust in Höhe von 1,9 Millionen Euro gekommen. Als Grund werden hochfliege­nde Pläne der früheren Leiterin des Bildungsha­uses und Hotels St. Georgen am Längsee genannt, die als besonders enge und weit über das übliche Maß einflussre­iche Vertraute des Bischofs galt.

In diesem Zusammenha­ng hat die interimist­ische Diözesanle­itung unter Engelbert Guggenberg­er nicht nur Regressfor­derungen gegen Schwarz angekündig­t – sondern bei der Veröffentl­ichung eines Untersuchu­ngsbericht­s sogar gemeint, Bischof Schwarz habe sich im Zusammenha­ng mit dem Zölibat „erpressbar“gemacht. Ein Vorwurf, den Lackner als Metropolit (Vorsteher einer Kirchenpro­vinz) gekannt haben müsste.

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