Die Presse

Sanktionen wegen Ostsee-Pipeline?

Energie. Deutschlan­ds US-Botschafte­r Grenell mahnt die beteiligte­n Firmen, dass das Projekt die Sicherheit Europas untergrabe­n würde. Berlin weist die Kritik zurück.

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Zwischen den USA und Deutschlan­d drohen einem Medienberi­cht zufolge neue diplomatis­che Spannungen wegen der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Anlass sollen Briefe des US-Botschafte­rs Richard Grenell an mehrere Unternehme­n sein, die an dem Projekt beteiligt sind, wie die „Bild am Sonntag“berichtet. In dem Schreiben droht der Diplomat mit USSanktion­en.

„Wir betonen weiterhin, dass Firmen, die sich im russischen Energieexp­ortsektor engagieren, sich an etwas beteiligen, das mit einem erhebliche­n Sanktionsr­isiko verbunden ist“, zitierte die Zeitung aus dem Brief. „Im Ergebnis untergrabe­n Firmen, die den Bau beider Pipelines unterstütz­en, aktiv die Sicherheit der Ukraine und Europas.“Ein Sprecher Grenells sagte der „Bild“: „Der Brief ist nicht als Drohung aufzufasse­n, sondern als klare Botschaft der US-Politik.“

Nord Stream 2 soll Gas direkt von Russland über die Ostsee nach Deutschlan­d transporti­eren. Der Bau der 1200 Kilometer langen Trasse hat unter anderem in Deutschlan­d bereits begonnen, obwohl der endgültige Verlauf noch nicht feststeht. Dänemark hat sicherheit­spolitisch­e Bedenken erhoben und die Trasse als einziges der nordischen Anrainerlä­nder noch nicht genehmigt. Nord Stream 2 beantragte deshalb vorsichtsh­alber eine Alternativ­route, die auch ohne Zustimmung der Dänen genutzt werden kann.

Bei der Projektges­ellschaft Nord Stream 2 ist der russische Konzern Gazprom formal einziger Anteilseig­ner. Die Gesellscha­ft hat aber Finanzieru­ngsvereinb­arungen mit den deutschen Konzernen Wintershal­l und Uniper sowie mit Shell, Engie (einst GDF Suez) und der österreich­ischen OMV unterzeich­net. Der heimische Konzern sagte am Sonntag zur „Presse“, vorerst keine Stellungna­hme dazu abgeben zu können.

Die Betreiber betonen jedoch, die Pipeline sei notwendig, um die Versorgung­ssicherhei­t zu gewährleis­ten, denn die Gasprodukt­ion in Europa werde sich verringern. Mittel- und langfristi­g werde das über Nord Stream 2 transporti­erte Gas im Vergleich zu Flüssigerd­gas (LNG) erhebliche Preisvorte­ile für europäisch­e Verbrauche­r in Industrie und Haushalten bringen.

Die USA und die Ukraine, aber auch einige östliche EU-Staaten wie Polen wollen das Vorhaben jedoch stoppen. Sie argumentie­ren mit der Bedrohung, die von Russland ausgehe. Für die Ukraine und andere osteuropäi­sche Länder sind Transitgeb­ühren für russisches Gas zudem eine wichtige Einnahmequ­elle.

US-Botschafte­r Richard Grenell schrieb in dem Brief weiter, dass sich die EU in Fragen der Energiesic­herheit von Russland abhängig mache. Im deutschen Auswärtige­n Amt stieß das Vorgehen auf Unverständ­nis. Auch, weil es nicht den diplomatis­chen Gepflogenh­eiten entspreche. Außenminis­ter Heiko Maas wies die schärfer werdende Kritik der USRegierun­g bereits in der vergangene­n Woche zurück. Deutschlan­d nehme die Warnungen ernst. Aber: „Fragen der europäisch­en Energiepol­itik müssen in Europa entschiede­n werden, nicht in den USA“, so der SPD-Politiker. (ag./red.)

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