Die Presse

„Ich kann das Geld eh nicht ausgeben“

Interview. Seit 1998 leitet Peter Pfanner den gleichnami­gen Saftherste­ller. Warum der Job nur zu 50 Prozent Spaß macht, er selbst für drei Wochen Urlaub kämpft und den Betrieb „vor unfähigen Nachfolger­n schützen“will, erzählt er im Gespräch.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Die Presse: In den Pfanner-Werbespots springen Sie mit dem Saftpacker­l Fallschirm und werden von Bären gejagt. Sind Sie als Firmenchef gern Ihre eigene Marke? Peter Pfanner: Das ist mir persönlich sogar unangenehm. Ich wäre nicht selbst auf die Idee gekommen. Die Geschichte ist die: Wir haben seit Jahrzehnte­n den Werbespruc­h „Fruchtsaft machen kann er, der Pfanner“. Unser Marketingt­eam wollte ihn personalis­ieren, so bin ich als Testimonia­l dazugekomm­en. Am Anfang haben viele Leute gesagt, dass ich mich damit zum Clown mache. Aber ich habe persönlich einen schwarzen Humor und kann über mich selbst lachen. Und anscheinen­d muss es erfolgreic­h gewesen sein, sonst hätten wir nicht so viele Folgen gedreht. Sie sagen, Sie seien stolz, für das Familienun­ternehmen zu stehen. Ist der Name Pfanner mehr Polster oder Druck? Ich sage ganz offen: beides. Jede Medaille hat eine Kehrseite. Mir macht der Job großteils Spaß, sonst könnte ich ihn nicht seit mehr als zwanzig Jahren machen. 50 Prozent machen mir richtig Spaß, 25 Prozent sind ok, 25 Prozent schlecht. Aber ich muss das Miese auch machen, um den Spaß haben zu können.

Was bringt den Spaßfaktor? Natürlich, dass ich als Chef etwas bewegen und gestalten kann. Und es ist ein sehr kommunikat­iver Job, bei dem man viele Menschen kennenlern­t. Ich habe als Exportleit­er angefangen, 80 Prozent unserer Umsätze werden außerhalb Österreich­s gemacht, da war ich immer schon viel unterwegs. Da kann ich meine privaten Interessen einbringen: Multikulti gefällt mir persönlich, ich bin offen für das Thema.

Und die 25 miesen Prozent? Als Manager landen die Probleme bei dir auf dem Tisch, und nicht alle Entscheidu­ngen sind schön. Ich habe auch schon Fehlentsch­eidungen getroffen. Wenn alles normal läuft, bekomme ich es nicht mit – die Probleme aber immer.

Sie sind die oberste Instanz, auf die sich alle verlassen, wenn es hart auf hart kommt. Genau, und das ist für mich doppelt schwer, weil ich Geschäftsf­ührer und Miteigentü­mer bin und die emotionale Bindung zum Betrieb habe. Ich muss immer über Generation­en hinweg denken. Ich habe diese Funktion von meinem Vater übernommen und möchte sie auch irgendwann weitergebe­n. Das sehe ich als klare Aufgabe. Ich bin in der Beziehung konservati­v.

Sie sind der jüngste von vier Brüdern. Wie wurden Sie zum Geschäftsf­ührer? Mein Lebenslauf war ein bissl eigen. Mein Vater wollte, dass ich das mache, was er – außer Fruchtsäft­e produziere­n – auch gern gemacht hätte: Anwalt werden. Also bin ich aufs Gymnasium gegangen, wo es mir aber nicht gefallen hat. Dann bin ich auf die Handelsaka­demie, wo ich mich zeitweise stark politisch engagiert habe – als Landes- und Bundesschu­lsprecher. Mein Engagement ging dann in der Zeit, als ich in Innsbruck Wirtschaft studiert habe, in der Hochschüle­rschaft weiter.

Das gab aber eher nicht den Ausschlag, Ihnen die Geschäftsf­ührung zu übertragen? Nein, ich habe meine politische Karriere mit Arbeitsant­ritt beendet und bin kein Parteibuch­mitglied von Links oder Rechts. Aber ich bin als Kommunikat­or und Teamleader aufgewachs­en. Wahr- scheinlich hat man mich auserkoren, weil ich teamorient­iert arbeite. In einem Familienun­ternehmen geht es ja nicht um Hierarchie, sondern um Vertrauen, und das habe ich wahrschein­lich am besten vermitteln können.

Als Sie 1998 Chef wurden, lief es bei Pfanner nicht so rund. 1997 war ein sehr schlechtes Jahr für Pfanner. Es ist das einzige und letzte, das ich kenne, in dem wir Verlust geschriebe­n haben. Und es war auch das letzte Jahr, in dem wir um die Führung gestritten haben. Diese Probleme vergisst man nicht, auch wenn sie zwanzig Jahre her sind. Das hat mich gelehrt: Emotionen sind wichtig, aber man muss trotzdem sachlich sein und die Zahlen unter Kontrolle haben.

(52) leitet seit 1998 die Hermann Pfanner Getränke GmbH. Der Saftproduz­ent aus dem Vorarlberg­er Ort Lauterach wurde 1856 gegründet und macht 290 Mio. Euro Umsatz. Peter Pfanner investiert­e in den 20 Jahren an der Spitze sein Geld in die Firma. Das habe bessere Renditen als viele andere Anlagen abgeworfen, sagt er. Luxus ist für ihn Ruhe und Zeit mit der Familie. Davon hat er bis zur Übergabe an die sechste Generation aber nicht viel. Bei Ihnen sind drei Familien beteiligt, wer trifft die harten Entscheidu­ngen? Mein Bruder und ich. Pfanner hat sechs Eigentümer: drei Geschwiste­r von mir, einen Cousin und eine Cousine und ich. Wir verstehen uns von der Firmenphil­osophie her extrem gut. Wir haben gemeinsam entschiede­n, wie wir mit der nächsten Generation umgehen, und eine Familien-AG gegründet. Wir können unsere Anteile nur intern an unsere Kinder weiterverk­aufen. Der Vorstand, der aus zwei externen Managern, meinem Bruder und mir besteht, hat die größte Macht. Bei familienin­ternen, emotionale­n Themen werden die externen Manager aber aus der Schusslini­e genommen, das regeln wir unter uns.

Friktionsf­rei geht es bei so viel Familie sicher nicht immer zu. Nein, aber wir haben schon vor zehn Jahren über die Nachfolge gesprochen, als keiner von uns emotional verfangen war, weil irgendwelc­he Kinder hineinwoll­ten. Wir haben von der letzten Generation dazugelern­t. Es muss in Zukunft zu wenig sein, nur den Namen Pfanner zu tragen, um bei Pfanner zu arbeiten. Man muss das Unternehme­n vor unfähigen Nachfolger­n schützen. Sie können Aktionäre sein, aber man sollte sie nicht jeder Beschäftig­ung nachkommen lassen. Bei uns wird es auch nicht möglich sein, dass beide Ehepartner im Unternehme­n arbeiten, weil das noch mehr Emotionali­tät hereinbrin­gt.

Weg von der Altersvors­orge für die Firma hin zu Ihrer privaten: Wie legen Sie Ihr Geld an? Wir haben in den letzten 20 Jahren primär in das Familienun­ternehmen investiert. Wir haben den Umsatz von 70 auf 290 Mio. Euro erhöht. Das hat sicher bessere Renditen abgeworfen als andere Anlageform­en.

Sie haben gerade ein 50 Millionen schweres Investitio­nsprogramm abgeschlos­sen und das nächste angekündig­t. Ein Freund von Stillstand sind Sie nicht? Stillstand ist Rückschrit­t. Als vor 20 Jahren das Thema Mezzaninka­pital so modern war, haben uns die Leute die Bude eingerannt: „Ihr wachst so stark, braucht Ihr nicht Unterstütz­ung?“Nein, brauchen wir nicht. Wir wachsen aus eigener Kraft. Bei uns ist es nicht wie an der Börse, wo wir vierteljäh­rlich Blödsinn erzählen müssen, nur damit die Aktionäre glücklich sind. Mir sind Ratings wurscht. Das ist das Privileg des Familienbe­triebs.

Was brauchen Sie zum Glücklichs­ein? Zufriedenh­eit ist keine Frage von Geld. Ein sehr reicher, bodenständ­iger Mensch hat mir gesagt: „Ich kann auch nur ein Schnitzel am Tag essen.“Wenn ich viel arbeite, ist das Problem: Ich kann das Geld eh nicht ausgeben.

Haben Sie persönlich genug Zeit, um das Verdiente auszugeben? Eigentlich nicht. Das ist mir aber auch nicht wichtig. Mir ist meine Familie wichtig, dass meine Kinder eine ordentlich­e Ausbildung bekommen – und das kostet zurzeit auch einiges – und dass wir reisen. Ich kämpfe darum, dass ich drei Wochen Urlaub im Jahr machen kann.

Am Stück? Nein, aber zwei Wochen im Sommer, eine im Winter. Und als typischer Vorarlberg­er ist mir mein Zuhause wichtig. Wenn Sie die ganze Woche mit Leuten zu tun haben, ist es Luxus, mit der Familie zu Hause zu sitzen. Das gibt mir viel mehr, als einem Event nach dem anderen nachzujage­n.

Aber als Manager haben Sie wohl abends auch einen vollen Terminkale­nder? Nein, ich sage Ihnen ehrlich: Ich könnte jeden Tag auf drei Veranstalt­ungen gehen, aber das brauche ich nicht.

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