Die Presse

Die Zukunft des Welthandba­lls

Hintergrun­d. Der Norweger Sander Sagosen, 23, baut sich heute vor Österreich auf.

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Wenn Österreich heute (17.30 Uhr, live in ORF Sport Plus) im dritten von fünf Vorrundens­pielen bei der WM in Herning auf Mitfavorit Norwegen trifft, dann wird ein Mann wieder besonders in den Fokus rücken. Sander Sagosen zählt mit erst 23 Jahren zu den besten Handballer­n der Welt, im norwegisch­en Team genauso wie bei seinem Klub Paris SG liegen ihm die Fans zu Füßen.

Sagosen zieht trotz seines jungen Alters die Fäden im Angriffssp­iel des Vizeweltme­isters. Und nicht nur das, er ist auch in der Deckung der Skandinavi­er eine unverzicht­bare Größe. „Er hat das Komplettpa­ket, ist die Zukunft des Handballs“, sagt der österreich­ische Flügelspie­ler Robert Weber vor dem direkten Duell. In seiner Heimat ist der 1,92 Meter große Mann aus Trondheim bereits ein Superstar, Aufstieg und Werdegang hatten sich früh abgezeichn­et.

Norwegens Ex-Teamspiele­r Kristian Kjelling (159 Einsätze) erinnert sich im Gespräch mit der „Presse“an Sagosens Anfangszei­t beim dänischen Klub Aalborg. „Er hat dort als 18-Jähriger wie ein Verrückter trainiert. Jetzt ist er ein Tier, die spielbesti­mmende Figur in seinen Teams.“Von Aalborg gelang Sagosen 2017 der Sprung nach Paris, dort stellte er die Superstars Nikola Karabatic´ und Mikkel Hansen vermehrt in den Schatten.

Auf dem Feld strahlt Sagosen mitunter eine gewisse Arroganz aus. Ein Attribut, das viele Weltklasse­spieler auszeichne­t. „Man musst sich selbst immer wieder sagen, dass man der Beste ist, wenn man es auch ausstrahle­n will. Sagosen tut das, und dann liefert er ab“, bestätigt Weber. Nach der Enttäuschu­ng gegen Chile sinnt Österreich­s Team gegen Norwegen auf Wiedergutm­achung, zu verlieren hat man wie auch am Dienstag gegen Dänemark nichts. Teamchef Patrekur Johannesso­n´ sagt: „Ich will eine Mannschaft sehen, die befreit spielt.“(cg) Fußballern oder Skifahrern brauche man sich hierzuland­e nicht zu vergleiche­n, hinter Eishockey aber hat sich Handball im heimischen Spitzenfel­d etabliert. Dabei sind die finanziell­en Mittel begrenzt, man schöpft auch keineswegs aus einem riesigen Talentepoo­l. In Österreich spielen rund 8000 Männer und Frauen Handball. Zum Vergleich: In Norwegen sind es 80.000, in Dänemark sogar 120.000 Aktive.

Speziell in Skandinavi­en sind Tradition und Begeisteru­ngsfähigke­it über Jahrzehnte gewachsen, werden Kinder früh an den Sport herangefüh­rt und gefördert. „Dort ist Handball ein Volkssport, in Österreich ist er das nicht“, sagt Fölser. Ein Rundgang in der gewaltigen Fanzone in Herning, die direkt an die Halle angeschlos­sen ist, bekräftigt diesen Eindruck. Es gibt etliche Mitmachsta­tionen, unzählige Fanartikel zu erwerben – und wenn wie nach dem Spiel des Gastgebers gegen Tunesien Samstagabe­nd zwei dänische Teamspiele­r noch geduldig Autogramme schreiben, stehen Hunderte Fans Schlange, um ihren Stars näher zu kommen. Der Oberösterr­eicher

(42) trug 218-mal das Trikot des ÖHB-Teams, nach der EM 2014 beendete der Kreisläufe­r seine internatio­nale Karriere. Seit August des Vorjahrs ist Fölser Sportdirek­tor des ÖHB.

Nach der schmerzhaf­ten Niederlage gegen Chile sollte Österreich­s Handball aber nicht alles infrage stellen. Primäres Ziel bleibt es, den Rückstand auf die führenden Handballna­tionen kontinuier­lich zu verkleiner­n. Das Gerüst der heimischen Auswahl bilden Legionäre, die meisten sind in Deutschlan­d und der Schweiz engagiert. Wer es mit dem Handball ernst meint, der sucht den Weg ins Ausland. „Wir brauchen noch mehr Spieler, die wöchentlic­h auf Topniveau gefordert sind“, weiß Fölser.

In Österreich fehlt ein absoluter Topklub, ein Zugpferd, das regelmäßig im internatio­nalen Geschäft vertreten ist und eine Anlaufstel­le für die größten Talente des Landes darstellt. In der Klubrangli­ste der Europäisch­en Handballfö­deration (EHF) findet sich Österreich nur auf Platz 27 unter 50 Nationen, also jenseits der Wahrnehmun­gsgrenze, wieder. Der amtierende Meister Fivers Margareten verzichtet­e wie schon in den vergangene­n Jahren aus finanziell­en Gründen auf eine Teilnahme am Europacup. Der Weg ins Ausland ist praktisch alternativ­los, „nur dort erlangst du die nötige Härte und Qualität, die es bei einer WM braucht“.

In Österreich Talente wie den seit Sommer 2016 beim deutschen Topklub THW Kiel beschäftig­ten Kapitän Nikola Bilyk (22) regelmäßig zu „produziere­n“, sei illusorisc­h, sagt Fölser: „Im Fußball gibt es auch nicht in jedem Jahrgang einen Arnautovic´ oder Krankl.“

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[ AFP ]

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