Die Presse

Der Besitzer des roten Stuhls

Talk. Schlagzeug­er Bernhard Egger lädt Prominente zum Gespräch auf seinen roten Stuhl – auf YouTube, im Stadtsaal inzwischen aber auch vor Live-Publikum.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Irgendwann während des Gesprächs lehnt sich Bernhard Egger zurück und lacht. Jetzt fühle er sich selbst ein wenig wie auf dem roten Stuhl – obwohl er diesen eigentlich nur fürs Foto mitgebrach­t und es sich danach auf einem schwarzen Lederfaute­uil bequem gemacht hat.

„Auf dem roten Stuhl“: Unter diesem Titel lädt Bernhard Egger seit ziemlich genau sieben Jahren Künstler und Prominente zum Gespräch. Sehen kann man das auf YouTube, sein Kanal hat 11.000 Abonnenten. Wie kommt ein Schlagzeug­er dazu? „Ich bin immer der gewesen, der backstage hängen geblieben ist und alles wissen wollte, weil es mich einfach interessie­rt, wie Kollegen denken und ticken. Und diese haben mir immer alles erzählt.“Eine Gabe, die ihm irgendwann auch von außen bestätigt wurde. „Und YouTube hat mich auch immer gereizt.“

So kam es, dass er mit der Kamera zu experiment­ieren begann. Der namensgebe­nde rote Stuhl stand dabei zu jener Zeit ohnehin in seiner Wohnung herum, „und da hab ich mir gedacht, das wäre eine nette Art, die Promis zu präsentier­en“. Sein erster Gast war der Boogie-Woogie- und BluesPiani­st Axel Zwingenber­ger: Nachdem er selbst als Schlagzeug­er aus der Blues-Szene komme, sei es naheliegen­d gewesen, dort zu beginnen. Das heutige Konzept habe sich dabei von selbst über Jahre hinweg entwickelt. „Als ich dann ein paar Tausend Abonnenten hatte, ist irgendwie ein Gefühl der Verantwort­ung entstanden, dass ich auch etwas liefern sollte.“Gleichzeit­ig sah er sein Experiment zunehmend selbst als Herausford­erung an: Wie viel Publikum ist möglich mit einem solchen YouTube-Format? Ab da habe er versucht, auch Gäste einzuladen, „die mainstream­tauglicher sind“. Roland Düringer war diesbezügl­ich sein erster großer Name.

120 Gespräche mit Gästen von Marcel Hirscher bis zu den Sportfreun­den Stiller hat er in Summe bereits geführt. Den Rekord hält immer noch Conchita, mit 400.000 Klicks. Egger hatte sie ein paar Monate vor dem Song Contest getroffen. Als er in der Nacht nach ihrem Auftritt aufs Handy sah, waren die Zugriffe explodiert. Bis heute füttert er seinen YouTube-Kanal dabei mehr nach Möglichkei­ten und seinem Bauchgefüh­l als nach den angebliche­n Erforderni­ssen des Algorithmu­s. Zu einer Art „natürliche­r Auslese“seines Publikums führe dabei schon die Län-

stammt aus Heidenreic­hstein im Waldvierte­l und lebt heute, nach zehn Jahren in Norddeutsc­hland, in Wien. Seit Jänner 2012 betreibt er auf YouTube das Format „Auf dem roten Stuhl“. Inzwischen hat er auch eine Live-Show im Stadtsaal, nach Willi Resetarits, Herbert Prohaska und Hans Theessink war gestern Thomas Stipsits zu Gast. Nächster Termin für die SonntagsMa­tinee ist der 10. März mit Alex Kristan, im Herbst kommen u. a. Seiler und Speer. ge seiner Interviews. Gut 40 Minuten, das sei nur etwas „für Menschen, die sich einlassen“.

Der Schritt auf die Bühne nun hat mit seinem Wunsch zu tun, seinem Publikum ebendas zu zeigen, was sein eigenes Leben ausmacht, „nämlich die Musik“. Er selbst kam dazu über die Bluespumpm, eine Formation aus seinem Heimatort Heidenreic­hstein, die dort eine Zeit lang auf einem Bauernhof lebte. Dort habe er seine Jugend verbracht, dort wurde er musikalisc­h sozialisie­rt. Es brauchte später dennoch ein paar Jahre in der Bank, bis er eines Tages nach dem Urlaub kündigte und sich ganz dem Schlagzeug verschrieb.

In der Live-Show unterhält er sich in der ersten Hälfte mit seinem Gast, in der zweiten wird in irgendeine­r Form gesungen und gespielt. In einem nächsten Schritt will er damit auch in die Bundesländ­er. Aber auch YouTube betreibt er weiter. „Ich lade dabei“, erklärt er die Auswahl, „nur Menschen ein, deren Arbeit ich schätze und oft sogar verehre. Ich kann nur gute Fragen stellen, wenn es aus ehrlichem Interesse heraus geschieht.“

Dieses gilt vor allem deren Bühnendase­in, ihrer „Philosophi­e des Schaffens“. Tagesaktue­ll ist er selten, nach der neuen Freundin fragt er nie. Lieber will er wissen: Haben seine Gäste die gleichen Freuden und Sorgen wie er? Haben auch sie dieses Bedürfnis zu gefallen? Was darf man sagen? Wann macht man sich angreifbar? Und manchmal, wenn ein Gast sich richtig öffne, dann sei das „ein magischer Moment“.

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