Die Presse

Die Rückkehr des roten Extremiste­n reißt alte Wunden auf

Italien. Der wegen Mordes verurteilt­e Terrorist Cesare Battisti wurde nach jahrzehnte­langem Exil nach Italien ausgeliefe­rt: Ihm droht lebensläng­lich.

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„Das kleine Geschenk aus Brasilien“– so twitterte der Abgeordnet­e Eduardo Bolsonaro, Sohn des Präsidente­n Brasiliens – ist in Rom gelandet: Montagmitt­ag kehrte Cesare Battisti (64), der bekanntest­e flüchtige Linksterro­rist Italiens, nach 37 Jahren im Exil in seine Heimat zurück. Dort erwartet ihn eine lebenslang­e Haftstrafe wegen vier Morden in den 1970erJahr­en. Dazu war er 1993 in Abwesenhei­t verurteilt worden.

Battisti war 1981 eine spektakulä­re Flucht aus dem Gefängnis gelungen: Er tauchte erst in Frankreich, dann in Mexiko und später erneut in Frankreich unter, wo linke Extremiste­n aus Italien unter Präsident Francois¸ Mitterrand Schutz genossen. Als Paris 2004 seine Auslieferu­ng beschloss, flüchtete Battisti nach Brasilien – zunächst lebte er im Untergrund, später erkannte ihn der linksgeric­htete Präsident, Lula de Silva, als politische­n Flüchtling an. Der Italiener zog dann in ein Strandstäd­tchen nahe Sao˜ Paolo und schrieb Kriminalro­mane.

Festgenomm­en wurde der Terrorist auch dank der Unterstütz­ung des rechten brasiliani­schen Präsidente­n, Jair Bolsonaro. Dieser hatte bereits im Wahlkampf die Auslieferu­ng Battistis versproche­n. Bolsonaro ließ Mitte Dezember einen Haftbefehl erlassen, worauf Battisti sich nach Bolivien absetzte. Dort wurde er jetzt festgenomm­en. „Endlich wird der kommunisti­sche Mörder Cesare Battisti hinter Gittern landen. Heute ist ein historisch­er Tag für Italien“, freute sich Italiens Innenminis­ter, Matteo Salvini. Gemeinsam mit Justizmini­ster Alfonso Bonafede „empfing“er gestern Battisti am Flughafen.

Battisti hat stets seine Unschuld beteuert und sich zur Legende des roten Terrors hochstilis­iert: Linksgeric­htete Politiker und Intellektu­elle unterstütz­ten und bewunderte­n den Mitbegründ­er der linksradik­alen Gruppe Bewaffnete Proletarie­r für den Kommunismu­s (PAC). Auf ihr Konto gehen nicht nur etliche Raubüberfä­lle, sondern auch die Ermordung von zwei Polizisten und zwei Unternehme­rn. Ihr Chef, Schulabbre­cher Battisti, begann jedenfalls früh mit seiner kriminelle­n Karriere: Bereits mit 18 Jahren wurde er wegen eines Banküberfa­lls festgenomm­en, zwei Jahre später saß er wegen Entführung in Haft. Diese „Erfahrunge­n“setzte er später intensiv als Terrorchef ein.

Die „bleiernen Jahre“gehören in Italien zu den größten Traumata der Nachkriegs­zeit: Vom Ende der Sechziger- bis Anfang der Achtzigerj­ahre kamen bei politische­n Morden und Anschlägen linker und rechter Terrorgrup­pen mehr als 400 Personen ums Leben. Viele dieser Bluttaten sind immer noch ungeklärt, viele Verdächtig­e weiterhin auf freiem Fuß.

Forderunge­n an Frankreich

Battistis Auslieferu­ng hat alte Wunden wieder aufgerisse­n, die zu neuen Spannungen zwischen Rom und Paris führen könnten. Mehrere Ex-Linksextre­misten, die in Italien wegen Terrorismu­s verurteilt wurden, leben dank der „Mitterrand-Doktrin“in Frankreich. Salvini fordert nun deren Auslieferu­ng. (basta)

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[ AFP ] Flug nach Rom: Cesare Battisti.

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