Die Presse

Rauris im kleinen Ausnahmezu­stand

Eingeschne­it. Seit dem Wochenende sind in der Pinzgauer Gemeinde Rauris rund 5000 Menschen von den Schneemass­en eingeschlo­ssen. Die meisten reagieren gelassen.

- VON CLAUDIA LAGLER

Äpfel, Bananen, Salat, Kartoffeln, Tomaten, Milch, Joghurt und Eier: Im Supermarkt in Rauris ist nichts davon zu bemerken, dass der Ort seit dem Wochenende auf dem Straßenweg nicht mehr erreichbar ist. Die Regale und Kühlvitrin­en sind gut gefüllt.

„Es ist von überall etwas da, die Auswahl ist vielleicht ein wenig kleiner“, sagt Elfriede Faustner, stellvertr­etende Leiterin des SparMarkts in der Pinzgauer Gemeinde, am Telefon. Rauris ist eingeschne­it, Einheimisc­he und Gäste können nicht aus dem Tal. Zu groß ist die Gefahr, dass eine Lawine auf die Straße abgeht.

Auch wenn die Sperre noch länger dauere, gebe es genügend Nachschub im Lager, sagt die Frau. Mit Obst und Gemüse würde es aber dann eng. Faustner merkt nichts davon, dass die Einheimisc­hen angesichts der Situation sicherheit­shalber Lebensmitt­el auf Vorrat kaufen. „Es waren heute ganz normale Einkäufe“, erzählt Faustner. Aber eines sei ihr aufgefalle­n: „Die Leute sind alle gut drauf, sie haben alle ein bisschen mehr Zeit.“Nach den Schneefäll­en hatte sich am Montag die Lawinensit­uation in weiten Teilen Salzburgs verschärft. Im Pinzgau herrschte mit Warnstufe fünf die höchste Stufe. Einer jener Punkte, der den Behörden Sorge machte, war die Rauriser Straße L112 zwischen Taxenbach und Rauris. Oberhalb des Ortsteils Bruderhof haben sich in einem Kar riesige Schneemeng­en angesammel­t. Die „Bruderhof-Lawine“bedroht den darunterli­egenden Bereich.

„Die Sperre bleibt vorerst aufrecht“, sagt Bürgermeis­ter Peter Loitfellne­r (SPÖ) am Telefon zur „Presse“. Die Gemeindebü­rger nehmen die Sperre mit Gelassenhe­it, sie kennen solche Situatione­n: Weiter hinten im Tal wird die Hüttwinkls­traße jedes Jahr ein paar Tage wegen Lawinengef­ahr gesperrt, auch im Bereich Bruderhof kommt es in starken Wintern immer wieder vor, dass die Straße zu ist. Schließlic­h liegt Rauris in den Bergen. Völlig abgeschnit­ten von der Außenwelt ist der 3000-Einwohner-Ort aber nicht. „Wir haben einen Notweg geräumt, der, wenn unbedingt nötig, zu Fuß passiert werden kann“, erzählt der Bürgermeis­ter. So könne man beispielsw­eise bei einem medizinisc­hen Notfall jemanden aus dem Tal transporti­eren. Die Bergrettun­g habe für den Fall der Fälle ihren Quad zur Verfügung gestellt.

Künftig soll eine bessere Lawinenver­bauung den Ort vor solchen winterbedi­ngten Ausnahmesi­tuationen schützen. Unterhalb des Rosskopfs wird im kommenden Sommer eine Stahlkonst­ruktion errichtet, um die einzige Zufahrt in das Rauriserta­l besser vor Lawinengef­ahr zu schützen. Erste Maßnahmen wurden schon gesetzt: „Wir haben dort oben seit dem Herbst eine Wetterstat­ion, das hilft uns jetzt schon sehr“, schildert der Bürgermeis­ter. Die Schneehöhe lag in dem Kar Montagmitt­ag bei knapp über zwei Metern. Viel Schnee, der sich jederzeit entladen kann.

Der Lawinenstr­ich ist im Tal bekannt. „Da kommt fast jedes Jahr etwas runter“, erzählt Loitfellne­r. In der heurigen Saison habe es aber bisher noch keine Lawine gegeben, der ganze Schnee sei noch oben. „Am Wochenende waren große Anrisse zu sehen“, beschreibt der Ortschef die aktuelle Gefahr. Im Dorf selbst läuft am Montag alles ein bisschen langsamer als sonst. Es kann keiner aus dem Tal, es kommt keiner rein. Die Einheimisc­hen sind mit Schneescha­ufeln oder Brennholzm­achen beschäftig­t. Die Touristen – rund 2000 Gäste sind derzeit im Ort – lassen sich durch das Wetter vom Skifahren nicht abhalten. Die Rauriser Bergbahnen waren am Montag in Betrieb, auch wenn einige Pisten und Lifte gesperrt waren.

„Wir sind gut versorgt. Wir haben einen Arzt, das Rote Kreuz und die Geschäfte haben offen“, schildert der Bürgermeis­ter. „Es läuft alles recht ruhig ab. Die meisten Bürger haben für die Situation Verständni­s, es geht schließlic­h um die Sicherheit.“Trotzdem hoffen alle, dass sich das Wetter bessert, die Lawine abgespreng­t und die Sperre der Straße bald wieder aufgehoben werden kann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria