Die Presse

Für 336.000 Euro pro Woche

Beim nahen Arnautovi´c-Transfer nach China geht es um alles, nur nicht um Fußball. Vertrag bis 2023, Familie versorgt, Direktflug nach Wien, mögliche Titelchanc­e mit Shanghai – dafür keine Tore mehr in der Premier oder Champions League.

- E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

VON MARKKU DATLER

Transfers sind die wahre Würze im Fußballges­chäft. Es ist ein Kommen und Gehen. Wer in der Gegenwart von Loyalität oder Klubtreue träumt, ist leider naiv. Will ein Spieler wechseln, weil irgendein Klub aus einer asiatische­n Liga bloß mit einem Bündel Geldschein­e mehr wachelt, ist er kaum noch zu halten. Egal, ob eine Chance auf den Titel oder die zuvor als höchstes Gut gepriesene Champions League dann platzt. Der Lockruf des Geldes diktiert. Gefolgt von einem kleineren Tauziehen der Klubs um die Ablöse. Sonst gibt es Streit und vielleicht Streik.

Im Fall von ÖFB-Legionär Marko Arnautovic´ ist es ein subtiles Szenario, gesteuert von seinem Bruder und Manager. Er ist 2017 für 27,9 Millionen Euro von Stoke City zu West Ham gewechselt, laut ihm für „Peanuts“. Mit Toren, Schüssen und Einsatz hat sich der 29-Jährige als Publikumsl­iebling etabliert. Bei den „Hammers“ist der Linksfuß sehr gut aufgehoben. Hier kann er so Fußball spielen, wie er will. Im Osten Londons ist er der Star, mit über 100.000 Euro Gage – pro Woche.

Jetzt bietet Shanghai laut „Times“seit Montag einen Vierjahres­vertrag mit 336.000 Euro pro Woche, den Londonern 50,35 Mio. Euro Ablöse. Damit tunlichst keine Unklarheit­en aufkommen, stellte Arnautovic’´ Bruder schon beim ersten Angebot den unbedingte­n Wechselwun­sch sofort klar. Dass der Vertrag erst im Sommer bis 2022 verlängert wurde, sei nicht weiter von Belang. „Arni“habe den „Hammers“schon genug geholfen. Er wolle doch um Titel spielen, mit Chinas Meister.

Jetzt sind sich Moralisten, die den Umgang mit West Ham kritisiere­n, und Fans, die den nächsten Star verlieren, sowie um Länderspie­le bangende ÖFBAnhänge­r uneins. Muss ein 29-Jähriger, der in einer europäisch­en Topliga spielen wollte, jetzt nach China wechseln? Ist es dort nicht eher ein Auslaufen der Altstars, für die es kein Zurück gibt? Kann sich Arnautovic´ dort überhaupt so entfalten wie im Osten Londons?

Doch bei diesem Transfer geht es längst nicht mehr um Fußball oder sportliche Abstiege. Bei solchen Summen verstummen alle Bedenken, es geht nur um Geld. Man kann sich also auch verklärte Fragen wirklich sparen.

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