Wie Cannabis das Hirn von Teenagern verändern kann
Neurologie. Geringe Dosen von Marihuana reichen, um die Dicke der grauen Substanz zu beeinflussen, so eine Studie des EU-Projekts „Imagen“.
Dass Rauschmittel das Hirn beeinflussen, ist logisch, sonst könnten sie ja nicht wirken. Dass aber nur ein bis zwei Joints, konsumiert von Vierzehnjährigen, deren Hirnanatomie nachhaltig verändern können, ist höchst überraschend. Doch es ist das im Journal of Neuroscience (14. 1.) publizierte Ergebnis einer Studie des europäischen Forschungsprojekts „Imagen“, das ergründet, was in der Adoleszenz die Gehirnentwicklung und geistige Gesundheit beeinflusst.
Das Sample ist relativ klein: 46 Teenager (von insgesamt 2400 Studienteilnehmern), die laut eigener Aussage im Alter von 14 Jahren nur ein oder zwei Mal Marihuana geraucht haben, dazu natürlich Kontrollpersonen. Mit einer auf Magnetresonanztomografie basierenden Methode wurde das Volumen der grauen Substanz gemessen, das ist die äußere Schicht der Hirnrinde – im Gegensatz zur weißen Substanz darunter –, in ihr liegen vor allem Nervenzellkörper.
Diese graue Substanz war nun bei den 46 Teenagern mit dem minimalen Marihuanakonsum im Durchschnitt deutlich größer als bei der Kontrollgruppe: 74,3 statt 72,9 Kubikmillimeter. Am größten waren die Unterschiede in den Hirnregionen, in denen Cannabinoidrezeptoren aktiv sind: in der Amygdala, in der Ängste verarbeitet werden, und im Hippocampus, der für das Gedächtnis und das räumliche Vorstellungsvermögen wichtig ist. An diesen Rezeptoren greifen die Wirkstoffe des Cannabis an, aber auch körpereigene, ähnliche wirkende Stoffe (Endocannabinoide, die etwa Schmerz dämpfen).
Nun könnte man naiv sagen: Es ist doch positiv, wenn diese Hirnregionen größer sind! Doch geregeltes Schrumpfen der grauen Substanz ist wesentlicher Bestandteil der Reifung des Hirns im Zuge der Adoleszenz. Der Verdacht liegt nahe, dass die exogenen Cannabinoide diesen Reifungsprozess stören – wenn sie just in dem Alter eingenommen werden, in dem dieser stattfinden soll. Bei häufiger Joints rauchenden Sechzehnjährigen, die mit 14 aber noch abstinent waren, ist der Effekt auf die graue Substanz laut Publikation geringer. Nicht nur Drogenexperten warten jetzt neugierig auf die gesamte Studie. (tk)