Die Presse

Diplomaten­gepäck

- Reaktionen an: hans-werner.scheidl@diepresse.com

Man

kann – das fürs Stammbuch von Frau „Pam“– auch in der Opposition durchaus Ersprießli­ches bewirken. Wenn man ein tragfähige­s Netzwerk besitzt. So war’s auch beim seinerzeit­igen Opposition­schef Bruno Kreisky in den 1960er-Jahren. Am 21. April 1966 musste er ja nach 13 Jahren als Staatssekr­etär und Minister den Ballhauspl­atz zu Fuß verlassen. Die Volksparte­i hatte einen überragend­en Sieg errungen, regierte nun allein. Eine Novität in Österreich. Kreisky übernahm vorerst einmal den Vorsitz der niederöste­rreichisch­en Landesorga­nisation, die er auch im Nationalra­t vertrat. Sein Helfer hieß Karl Blecha. Aber hinter den Kulissen mischte er außenpolit­isch weiter kräftig mit.

Kreisky hielt seine Kontakte in Schuss. Sogar an einem diplomatis­chen Schmuggel beteiligte er sich: Die deutsche Bischofsko­nferenz wollte ihre Protokolle aus der Hitlerzeit zurück, die seinerzeit nach Schlesien ausgelager­t worden waren. Die polnischen Bischofsko­llegen aber zierten sich. So bat Kreisky seinen Freund, den Botschafte­r Enderl, das verfilmte Konvolut ins Übersiedlu­ngsgut zu packen, als dieser von Warschau wieder nach Wien heimkehrte. Die deutschen Bischöfe bedankten sich überschwän­glich. Und Kreisky merkte schmunzeln­d an, dass sie das ausgerechn­et „einem österreich­ischen Agnostiker“zu verdanken hatten. (hws)

Newspapers in German

Newspapers from Austria