Papamonat dank OGH
Familienzeitbonus. Krankenkasse verweigerte einem Steirer die Unterstützung für einen Monat mit der Familie, weil er nicht von der Liste der Anwälte weichen wollte. Zu Unrecht.
Erst das Höchstgericht ermöglichte einem Anwalt einen Papamonat.
Während die türkis-blaue Koalition sich gerade zu einer rechtlichen Absicherung des Papamonats für Angestellte durchringt, ist für eine Gruppe von Selbstständigen bereits ein wichtiger Schritt in diese Richtung gesetzt. Und zwar von höchstgerichtlicher Seite: Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ein formales Hindernis für die Inanspruchnahme des Familienzeitbonus durch Rechtsanwälte beseitigt, das den Papamonat für diese bisher uninteressant gemacht hat. Der Steirer Andreas Huber-Erlenwein (Bild) hatte zur Geburt seines zweiten Kindes alles vorbereitet, um seine Frau einen Monat lang zu Hause unterstützen und sich um die kleine Tochter und deren älteren Bruder kümmern zu können: Er hatte alle unaufschiebbaren Termine als Anwalt Kanzleipartnern anvertraut, auch seine Gewerbeberechtigung als DJ, ein Hobby und Überbleibsel aus seiner Studentenzeit, hatte er ruhend gestellt. Bloß von der Liste der Rechtsanwälte wollte Huber-Erlenwein sich nicht streichen lassen: Während nämlich die Austragung ganz unkompliziert und kostenlos ist, muss man für die Wiedereintragung eine Gebühr von 300 Euro zahlen und eine Wartefrist von einigen Wochen bis zur nächsten Ausschusssitzung der Kammer und zur neuerlichen Angelobung in Kauf nehmen. Ähnliches gilt für die private Gruppenversicherung, in der Huber-Erlenwein versichert war und blieb: Auch diese zu verlassen hätte ihm Nachteile beschert, weil er wieder neu und möglicherweise zu einem schlechteren Tarif hätte einsteigen müssen.
Sein Wunsch, den Familienzeitbonus in Höhe von 22,60 Euro täglich (macht 700,60 Euro für den Monat) zu bekommen, blieb vorerst unerhört. Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse lehnte Huber-Erlenweins Antrag ab: Bei aufrechter Mitglied- schaft in der Anwaltskammer gelte der Jurist weiterhin als erwerbstätig, weshalb ihm der Papamonat nicht zustehe.
Der Anwalt klagte gegen den negativen Bescheid der Kasse. Er nannte die geforderte Streichung von der Liste „unverhältnismäßig, unzumutbar und überzogen“. Denn sie erfolge üblicherweise nur, wenn ein Anwalt sich dauerhaft in den Ruhestand verabschiede oder sich sonst entschließe, die Anwaltschaft gar nicht mehr ausüben zu wollen. Immerhin müsse die Streichung öffentlich kundgetan werden, alle Hinweise auf die Anwaltstätigkeit müssten entfernt, Kanzleischilder, Drucksorten geändert werden.
Doch weder beim Landesgericht für Zivilrechtssachen noch beim OLG Graz fand der Anwalt Gehör: Die Kasse müsse die Anspruchsvoraussetzungen leicht prüfen können, weshalb die formalen Schritte einzuhalten seien. Der OGH sah die Sache jedoch nicht so eng: Nach dem Gesetzestext genüge es, wenn die Erwerbstätigkeit faktisch nicht ausgeübt werde (10 ObS 111/18y).
„Gesetzgeber übersah Konsequenzen“
Der Gesetzgeber selbst scheint hier zwar anderer Meinung gewesen zu sein. Denn in den (nicht bindenden) Erläuterungen zum Gesetz ist die Streichung von der Anwaltsliste als Erfordernis für den Papamonat-Bezug als Beispiel erwähnt. Für den OGH vermittelt diese Passage aber den Eindruck, dass die schwerwiegenden Konsequenzen der Streichung nicht mitbedacht worden seien. Also braucht ein Anwalt weder die Kammer noch die Gruppenversicherung zu verlassen, um den Papamonat in Anspruch zu nehmen.
Das Verfahren geht jetzt zurück ans Landesgericht, das noch prüfen muss, ob Huber-Erlenwein die Unterbrechung seiner Erwerbstätigkeit auch ohne Streichung von der Liste nach außen erkennbar und dokumentierbar gemacht hat. Huber-Erlenwein zeigt sich auf Anfrage der „Presse“zuversichtlich: „Es gab einen Aushang im Haus, eine frühzeitige Verständigung der Klienten und einen Vermerk auf der Homepage.“