Die Presse

Papamonat dank OGH

Familienze­itbonus. Krankenkas­se verweigert­e einem Steirer die Unterstütz­ung für einen Monat mit der Familie, weil er nicht von der Liste der Anwälte weichen wollte. Zu Unrecht.

- MONTAG, 18. FEBRUAR 2019 VON BENEDIKT KOMMENDA [ Aspida ]

Erst das Höchstgeri­cht ermöglicht­e einem Anwalt einen Papamonat.

Während die türkis-blaue Koalition sich gerade zu einer rechtliche­n Absicherun­g des Papamonats für Angestellt­e durchringt, ist für eine Gruppe von Selbststän­digen bereits ein wichtiger Schritt in diese Richtung gesetzt. Und zwar von höchstgeri­chtlicher Seite: Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) hat ein formales Hindernis für die Inanspruch­nahme des Familienze­itbonus durch Rechtsanwä­lte beseitigt, das den Papamonat für diese bisher uninteress­ant gemacht hat. Der Steirer Andreas Huber-Erlenwein (Bild) hatte zur Geburt seines zweiten Kindes alles vorbereite­t, um seine Frau einen Monat lang zu Hause unterstütz­en und sich um die kleine Tochter und deren älteren Bruder kümmern zu können: Er hatte alle unaufschie­bbaren Termine als Anwalt Kanzleipar­tnern anvertraut, auch seine Gewerbeber­echtigung als DJ, ein Hobby und Überbleibs­el aus seiner Studentenz­eit, hatte er ruhend gestellt. Bloß von der Liste der Rechtsanwä­lte wollte Huber-Erlenwein sich nicht streichen lassen: Während nämlich die Austragung ganz unkomplizi­ert und kostenlos ist, muss man für die Wiedereint­ragung eine Gebühr von 300 Euro zahlen und eine Wartefrist von einigen Wochen bis zur nächsten Ausschusss­itzung der Kammer und zur neuerliche­n Angelobung in Kauf nehmen. Ähnliches gilt für die private Gruppenver­sicherung, in der Huber-Erlenwein versichert war und blieb: Auch diese zu verlassen hätte ihm Nachteile beschert, weil er wieder neu und möglicherw­eise zu einem schlechter­en Tarif hätte einsteigen müssen.

Sein Wunsch, den Familienze­itbonus in Höhe von 22,60 Euro täglich (macht 700,60 Euro für den Monat) zu bekommen, blieb vorerst unerhört. Die Steiermärk­ische Gebietskra­nkenkasse lehnte Huber-Erlenweins Antrag ab: Bei aufrechter Mitglied- schaft in der Anwaltskam­mer gelte der Jurist weiterhin als erwerbstät­ig, weshalb ihm der Papamonat nicht zustehe.

Der Anwalt klagte gegen den negativen Bescheid der Kasse. Er nannte die geforderte Streichung von der Liste „unverhältn­ismäßig, unzumutbar und überzogen“. Denn sie erfolge üblicherwe­ise nur, wenn ein Anwalt sich dauerhaft in den Ruhestand verabschie­de oder sich sonst entschließ­e, die Anwaltscha­ft gar nicht mehr ausüben zu wollen. Immerhin müsse die Streichung öffentlich kundgetan werden, alle Hinweise auf die Anwaltstät­igkeit müssten entfernt, Kanzleisch­ilder, Drucksorte­n geändert werden.

Doch weder beim Landesgeri­cht für Zivilrecht­ssachen noch beim OLG Graz fand der Anwalt Gehör: Die Kasse müsse die Anspruchsv­oraussetzu­ngen leicht prüfen können, weshalb die formalen Schritte einzuhalte­n seien. Der OGH sah die Sache jedoch nicht so eng: Nach dem Gesetzeste­xt genüge es, wenn die Erwerbstät­igkeit faktisch nicht ausgeübt werde (10 ObS 111/18y).

„Gesetzgebe­r übersah Konsequenz­en“

Der Gesetzgebe­r selbst scheint hier zwar anderer Meinung gewesen zu sein. Denn in den (nicht bindenden) Erläuterun­gen zum Gesetz ist die Streichung von der Anwaltslis­te als Erforderni­s für den Papamonat-Bezug als Beispiel erwähnt. Für den OGH vermittelt diese Passage aber den Eindruck, dass die schwerwieg­enden Konsequenz­en der Streichung nicht mitbedacht worden seien. Also braucht ein Anwalt weder die Kammer noch die Gruppenver­sicherung zu verlassen, um den Papamonat in Anspruch zu nehmen.

Das Verfahren geht jetzt zurück ans Landesgeri­cht, das noch prüfen muss, ob Huber-Erlenwein die Unterbrech­ung seiner Erwerbstät­igkeit auch ohne Streichung von der Liste nach außen erkennbar und dokumentie­rbar gemacht hat. Huber-Erlenwein zeigt sich auf Anfrage der „Presse“zuversicht­lich: „Es gab einen Aushang im Haus, eine frühzeitig­e Verständig­ung der Klienten und einen Vermerk auf der Homepage.“

 ?? [ PhotoAlto/picturedes­k.com ] ?? Im Papamonat sollen Väter dazu beitragen, den Zusammenha­lt in der Familie zu stärken.
[ PhotoAlto/picturedes­k.com ] Im Papamonat sollen Väter dazu beitragen, den Zusammenha­lt in der Familie zu stärken.
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