Die Presse

Kneissl: „Sprachlosi­gkeit“zwischen West und Ost

Interview. Außenminis­terin möchte OSZE in den Dialog zwischen Washington und Moskau einbeziehe­n.

- VON WIELAND SCHNEIDER

München. Es war eines der bestimmend­en Themen bei der Sicherheit­skonferenz in München: die Ankündigun­g der USA und Russlands, aus dem INF-Vertrag auszusteig­en. Das Abrüstungs­abkommen aus dem Jahr 1987 sieht ein Verbot aller landgestüt­zten atomaren Raketen und Marschflug­körper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern vor.

Außenminis­terin Karin Kneissl zeigte sich darüber „besorgt“, dass dieser Vertrag nun auf der Kippe stehe. „Als Staat, der vom Kalten Krieg betroffen war, als ein Land, das zwischen den beiden Blöcken lag, hat Österreich großes Interesse an Abrüstung“, sagt Kneissl zur „Presse“. Die Ministerin ortet mittlerwei­le „Sprachlosi­gkeit“und „Vertrauens­verlust“im internatio­nalen Dialog zwischen dem Westen und Russland. Österreich wolle dabei helfen, Vertrauen wiederherz­ustellen. „Wir versuchen dabei, unsere Fühler nach Ost und West auszustrec­ken.“

Als geeignetes Forum für Gespräche Russlands mit den USA und den Europäern sieht sie die Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE). Diese Dialogplat­tform sollte wieder stärker eingebunde­n werden – so wie schon die Vorgängeri­n der Organisati­on, die KSZE, im Kalten Krieg. „Man kann sich über die OSZE austausche­n. Hauptsache, man bleibt im Gespräch.“Die OSZE hat ihren Sitz in Wien. In ihr sind 57 Länder, darunter die USA, Kanada, Russland, die Türkei sowie die Staaten Europas und Zentralasi­ens vertreten.

Ein zweites großes Thema bei der Sicherheit­skonferenz war der Umgang mit dem Iran. Die USA haben vergangene Woche bei einer Nahost-Konferenz in Warschau die Europäer erneut gedrängt, aus dem Atompakt mit Teheran auszusteig­en. Auch Kneissl hat an dem Treffen in der polnischen Hauptstadt teilgenomm­en, bei dem Washington die Reihen gegen Teheran schließen wollte. „Ich habe diese Stimmung in Warschau mitbekomme­n“, berichtet die Außenminis­terin. „Ich habe dort gesagt: ,Wir verstehen Diplomatie als Medium, mit allen im Gespräch zu sein.‘“Getroffene Vereinbaru­ngen müssten eingehalte­n werden. Auch wenn der Atomvertra­g wichtige Bereiche nicht betreffe, so sei er doch ein wesentlich­er Erfolg im Abrüstungs­bereich.

In München traf Kneissl den US-Sondergesa­ndten für Syrien und den Kampf gegen den Islamische­n Staat (IS), James Jeffrey. Bei dem Gespräch ging es um Österreich­s Angebot, Entminungs­programme für den Nordosten Syriens zu unterstütz­en. Am Rande der Sicherheit­skonferenz traf die Ministerin auch US-Vizepräsid­ent Mike Pence, Nancy Pelosi, die Vorsitzend­e des US-Repräsenta­ntenhauses, Ex-Brexit-Verhandler Michel Barnier und Weltbank-Chefin Kristalina Georgiewa.

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[ APA] Außenminis­terin Kneissl traf am Rande der Konferenz in München US-Vizepräsid­ent Mike Pence.

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