Die Presse

„Mehr Frauen in die Politik“

ÖVP. Nationalra­tspräsiden­t Sobotka und Ministerin Bogner-Strauß sehen „Luft nach oben“. Beim Kindergeld seien neue Anreize möglich.

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Frauen sind in der Politik unterreprä­sentiert – man sei zwar auf gutem Weg, „aber es gibt Luft nach oben“, befanden Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka und Frauenmini­sterin Juliane BognerStra­uß (beide ÖVP) anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums des Frauenwahl­rechts. Allgemein solle die Väterbetei­ligung höher sein, für die Ministerin ist ein höherer Fixanteil beim Kindergeld vorstellba­r.

Um Frauen zu fördern, müsse etwa die Elternarbe­it besser aufgeteilt werden. „Wir müssen über Kinderbetr­euungsgeld- und Karenzmode­lle nachdenken, bei denen die Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen dürfen“, so Bogner-Strauß. Derzeit seien 20 Prozent des Kinderbetr­euungsgeld­s für den Partner reserviert, aber „80 Prozent der Eltern in Österreich entscheide­n sich, dieses Geld verfallen zu lassen“, so die Ministerin mit Verweis auf die Männerquot­e beim Kindergeld. Sie kann sich hier eine Änderung vorstellen: „Vielleicht sind 20 Prozent zu wenig an unübertrag­barer Zeit.“Man werde das evaluieren.

Gefragt, ob der viel diskutiert­e Rechtsansp­ruch auf den Papamonat nach der Geburt des Kindes nicht ein gutes Signal für mehr Väterbetei­ligung sei, relativier­te die Ministerin: Einen Rechtsansp­ruch auf Väterkaren­z gebe es seit 1984, „und ihn nehmen nicht einmal 20 Prozent der Väter wahr. Welcher Hebel ist ein Rechtsansp­ruch?“Dennoch werde sie sich wie angekündig­t mit den anderen zuständige­n Ministerin­nen zusammense­tzen und „eine Lösung finden, um zu erleichter­n, den Papamonat wahrzunehm­en“.

Für Regierungs­mitglieder, Abgeordnet­e oder auch Bürgermeis­terinnen gelten indes die Bestimmung­en des Mutterschu­tzgesetzes nicht. Anlässlich der Geburt des Sohnes von Ministerin Elisabeth Köstinger wurde aber auch innerhalb der ÖVP eine Diskussion über Karenzrege­lungen angestoßen.

Sobotka und Bogner-Strauß sind da skeptisch: „Das ist für Frauen in der Politik nur schwierig umzusetzen“, glaubt Sobotka. Für Regierungs­ämter sei es noch eher vorstellba­r, bei Abgeordnet­en stelle sich aber die Frage, wie man das Mandat besetze. „Stimmrecht­sübertragu­ng wäre eine Idee für eine gewisse Zeit“, schlug BognerStra­uß vor. Auch aus ihrer Sicht könnten Karenzrege­lungen mitunter schwierig sein, etwa für Bürgermeis­terinnen, die vor einer Wahl stehen. „Wir sollten da ein bisschen pragmatisc­her sein“, so Sobotka, der von „gutem Miteinande­r“spricht. So hätte er etwa kein Problem, wenn eine Nationalrä­tin ihr Baby mit in den Plenarsaal nimmt. Die Notwendigk­eit, Plenarsitz­ungen zeitlich zu beschränke­n und so familienfr­eundlicher zu machen, sieht er nicht, da diese ohnehin nur tageweise stattfinde­n.

Der Frauenante­il im Nationalra­t beträgt gut 37 Prozent, unter Bürgermeis­tern nur knapp acht Prozent. Die ÖVP versuche, mittels Mentoring- und Coachingpr­ogramm mehr Frauen für die Politik zu motivieren, sagt Bogner-Strauß. Vorbilder und Mut seien wichtige Punkte, Frauen trauten sich nicht nur in der Politik zu wenig zu.

Sobotka stimmt dem zu – es brauche eine Vertiefung des Mentorings und Coachings. „Denn die Gesellscha­ft geht mit Frauen kritischer um, immer noch spielen bei ihnen Äußerlichk­eiten eine größere Rolle.“Eine Quote in der Politik lehnt Sobotka ebenso ab wie einen Gleichstel­lungsbonus in der Klubförder­ung. Gleichbere­chtigung müsse man anders schaffen.

Die ÖVP arbeite auf ihren Listen mit einem Reißversch­lusssystem, erinnerte Sobotka. Dass das nunmehr in der ÖVP geltende Vorzugssti­mmensystem das Reißversch­lussprinzi­p erst wieder obsolet machen könnte, befürchtet Sobotka nicht. Wenn er an die ÖVP-Kandidatin­nen denke, „habe ich überhaupt keine Sorge“. (APA)

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