„Ich habe Schillinge in der Lade gestapelt“
Interview. Als Stammhalter seines Adelsgeschlechts verwaltet Fürst Georg Starhemberg dessen Besitz. Als Verbindungsmann agiert er für namhafte Personen. Ein Gespräch über 5600 Hektar Wald, einen Begräbnisanzug und Toni Polster.
Die Presse: Sie gelten als äußerst gut vernetzt in Politik, Wirtschaft und Kirche – weit über Österreich hinaus. Nur die Bevölkerung kennt Sie nicht. Warum agieren Sie aus der zweiten Reihe? Georg Starhemberg: Ich glaube nicht, dass ich mir das bewusst vornehme. Ich bin ein Typ, der gern zusammenarbeitet, und aufgrund meiner privilegierten Position brauche ich auch nichts mehr zu werden. Geht es einem ums Anliegen, ist es nicht mehr wichtig, aus welcher Reihe heraus man agiert. Ich sehe mich als Brückenbauer, Vermittler, Generalisten. Ihre Tätigkeiten sind sehr heterogen: Vorstand in den familieneigenen Betrieben mit 5600 Hektar Wirtschaftswald, Museen und sechs Schlössern, Stiftungsratsund Aufsichtsratsposten, Unterstützer von Kardinal Schönborn: Was ist für Sie die wichtigste? Ich bin durch Glück in diese Familie als Ältester hineingeboren, halte das für ein großes Geschenk. Ich bin derart privilegiert. Zuallererst möchte ich, was mir übertragen wurde, ordentlich verwalten, die Substanz verbessern und so führen, als hätte ich es von den Kin- dern geliehen bekommen. Es geht auch um die Nutzung von Schlössern für die Bevölkerung. Übrigens haben wir auch zehn Burgruinen, die wir nutzungsfähig machen.
Sie kommen aus einem der ältesten Adelsgeschlechter Österreichs. Wird einem da schon als Kleinkind vorgesagt, dass man ein Starhemberg ist? Gott sei Dank habe ich das nur indirekt mitbekommen – über Familienanlässe. Wir waren sehr frei, gingen in Kärnten in die Dorfschule, spielten Fußball. Noch bevor ich zehn war, habe ich bei einem Tennislehrer als Balljunge begonnen. So habe ich gelernt, was es heißt, eigenes Geld zu verdienen. Später habe ich ihm als Tennislehrer assistiert. Daher habe ich heute noch ein Gefühl für Geld. Als Kind habe ich die verdienten Schillinge in einer Lade gestapelt und war so stolz. Jedes Jahr habe ich mir davon etwas gekauft: einen Kassettenrekorder, dann ein Mofa und irgendwann ein gebrauchtes Auto.
Haben die Eltern nie aus Standesgründen interveniert? Nie. Sie haben nur aufgepasst, dass ich eine ordentliche Umgebung habe mit anständigen, sportlichen Leuten. Aktivität war ihnen wichtig. Nur herumhängen war verpönt.
Wer war denn für Sie aus dem eigenen Geschlecht ein Vorbild? Neben den Eltern ist es der Verteidiger Wiens bei der Türkenbelagerung 1683. Sehr gefällt mir mein Namensvetter Georg Adam, der engster Vertrauter von Maria Theresia war und etwa Marie Antoinette nach Frankreich begleitet hat. Und meine Urgroßmutter gefällt mir, die den Zusammenbruch der Monarchie erlebt hat. Sie hat nicht gejammert, hat nach vorn geschaut. Sie wurde die erste weibliche Abgeordnete in der christlichsozialen Partei.
Warum tragen Sie den Anzug Ihres Großvaters? Es gab nur wenige von ihm, und ich wollte unbedingt einen. Er ist für mich ein Winterbegräbnisanzug. Denn er ist mir zu groß, und so kann ich einen Pullover darunter anziehen. Das Problem: Da die Hose so weit hinaufgeht, ist auch die Geldtasche mehr am Rücken als am Hintern. Ich trage übrigens viel Gewand von meinem Vater, der seit 24 Jahren tot ist. Denn ich weiß, was er trug, war gut. Und er wollte immer, dass ich gut gekleidet bin.
Wollte die Familie, dass Sie eine Frau aus einem großen Adelsgeschlecht – Abensperg und Traun – finden, oder war es Zufall? Beides nicht. Natürlich hat es zum Leben gehört, dass sich unsere Familien zu Anlässen treffen mit ihren eigenen Gepflogenheiten. Dort lernten wir uns kennen. Dort gibt es gewisse Benimmregeln, man spricht nicht Dialekt. Da ist nicht wichtig, wie erfolgreich du bist, sondern, wie du dich benimmst.
Vermögen spielt keine Rolle? Das würde ich nicht sagen. Aber es ist schön, dass Verhalten und Benehmen das Entscheidendste sind.
Sie sind auch mit der spanischen Königsfamilie bekannt. Hat so ein internationales Geflecht mit
geb. 1961 in Kärnten, lebt im Schloss Eferding in Oberösterreich und steht der Familienstiftung seines Hochadelsgeschlechts vor, das zu den ältesten in Österreich gehört. Die Stiftung umfasst 5600 Hektar Wald, Firmenbeteiligungen, Schlösser und Betriebe in Argentinien und Spanien. Der verheiratete Vater von vier Kindern ist vielfacher Stiftungsrat. In Eferding veranstaltet er Tagungen mit namhaften Personen aus Europa. dem Adelsgeschlecht zu tun? In erster Linie habe ich das Geflecht, weil ich die Möglichkeit bekam, in viele Bereiche einzutreten. Ich habe mich immer für Menschen interessiert. Beim Zugfahren bin ich meist in ein Abteil, in dem schon Leute saßen. Einfach, um Neues zu erfahren. So spannt sich der Bogen von den Dorfbewohnern über die Bekannten der Adelsfamilien bis zu Toni Polster.
Toni Polster? Ich habe ihn während eines Spiels in den 90er-Jahren im Bernabeu-´ Stadion kennengelernt. Er spielte mit Sevilla gegen Madrid. Als er nahe bei uns den Ball einwerfen sollte, habe ich „Servas, Toni“geschrien, und er hat sich umgedreht und „Griaß eich, Buam“zurückgerufen. 14 Tage später traf ich ihn zufällig in der Früh auf dem Flughafen – da habe ich ihn angesprochen. Seither sind wir befreundet.
Sie waren einige Jahre im Stiftungsrat von Siemens. Wie das? Man hat mich über das, worum ich mich sonst gesellschaftlich bemühe, kennengelernt. Der Konzern hat über die Stiftung versucht, in der Welt gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen – hier ein Krankenhaus, dort eine Stromversorgung oder eine Schule. Es war eine sehr lehrreiche Tätigkeit.
In wie vielen Stiftungen saßen oder sitzen Sie? Ich möchte keine Zahl nennen. Es geht um namhafte Betriebe oder Personen. Schön war die Tätigkeit im Advisory Board der OMV, wo wir aufgerufen waren, über die zukünftige Ausrichtung des Konzerns – auch ethisch – nachzudenken.
Ist das finanziell interessant? Sehr oft sind es ehrenamtliche Tätigkeiten. Man macht das nicht aus ökonomischen Gründen.
Sie sind Unterstützer von Schönborn. Warum? Bei meiner Prägung ergibt es sich von selbst, dass ich mich für kirchliche, kulturelle und soziale Angelegenheiten einbringe. Es geht um unterschiedlichste Anliegen, die Schönborn wichtig sind. Auch darum, einen Unterstützerkreis für das Internationale Theologische Institut in Trumau aufzubauen.
Sind Sie auch geheimer Botschafter für den Kardinal? Das ist wirklich übertrieben. Es ist sicher so, dass mit mir und über mich der Kardinal mit Menschen in Kontakt kommt und Dinge besprechen kann, bei denen das sonst vielleicht nicht so wäre. Ich bin gewissermaßen Verbindungsmann.
Nun wissen wir zwar nicht, wohin Sie verbinden, aber, dass Sie es tun. Etwas anderes: Was ist in der Familiensammlung an Kunst und Antiquitäten Ihr Lieblingsstück? Sehr beeindruckend ist sicher der Tisch, an dem Mozart die Zauberflöte geschrieben hat. Er stand im Freihaus auf der Wieden, das ein Starhemberg’sches Gebäude war.
Sind Sie ein bescheidener Mann? Das müssen andere beurteilen. Ich hoffe, dass ich nicht abgehoben bin. Aber jemand wie ich redet leicht. Wie heißt es: Mit voller Hose ist leicht stinken.
Wofür geben Sie denn immer wieder zu viel Geld aus? Meine größte Schwäche ist, zu viel zu essen. Aber dafür gebe ich nicht zu viel aus, ich brauche nichts Exklusives. Ich trinke keinen Alkohol.
Was ist das Ziel Ihres Lebens? An meinem Grab soll man nett von mir reden. Etwa, dass ich – wenn wer das Gefühl hat – mich bemüht und die eine oder andere wertvolle Spur hinterlassen habe. Und wenn die Familie zufrieden war mit der Erfüllung meiner Rolle. Toni Polster hat einmal wohl als typischen Schmäh gesagt, die drei wichtigsten Personen in seinem Leben waren der Lauda, der Beckenbauer und der Starhemberg, was mich sehr amüsiert hat.