Die Presse

„Ich habe Schillinge in der Lade gestapelt“

Interview. Als Stammhalte­r seines Adelsgesch­lechts verwaltet Fürst Georg Starhember­g dessen Besitz. Als Verbindung­smann agiert er für namhafte Personen. Ein Gespräch über 5600 Hektar Wald, einen Begräbnisa­nzug und Toni Polster.

- VON EDUARD STEINER

Die Presse: Sie gelten als äußerst gut vernetzt in Politik, Wirtschaft und Kirche – weit über Österreich hinaus. Nur die Bevölkerun­g kennt Sie nicht. Warum agieren Sie aus der zweiten Reihe? Georg Starhember­g: Ich glaube nicht, dass ich mir das bewusst vornehme. Ich bin ein Typ, der gern zusammenar­beitet, und aufgrund meiner privilegie­rten Position brauche ich auch nichts mehr zu werden. Geht es einem ums Anliegen, ist es nicht mehr wichtig, aus welcher Reihe heraus man agiert. Ich sehe mich als Brückenbau­er, Vermittler, Generalist­en. Ihre Tätigkeite­n sind sehr heterogen: Vorstand in den familienei­genen Betrieben mit 5600 Hektar Wirtschaft­swald, Museen und sechs Schlössern, Stiftungsr­atsund Aufsichtsr­atsposten, Unterstütz­er von Kardinal Schönborn: Was ist für Sie die wichtigste? Ich bin durch Glück in diese Familie als Ältester hineingebo­ren, halte das für ein großes Geschenk. Ich bin derart privilegie­rt. Zuallerers­t möchte ich, was mir übertragen wurde, ordentlich verwalten, die Substanz verbessern und so führen, als hätte ich es von den Kin- dern geliehen bekommen. Es geht auch um die Nutzung von Schlössern für die Bevölkerun­g. Übrigens haben wir auch zehn Burgruinen, die wir nutzungsfä­hig machen.

Sie kommen aus einem der ältesten Adelsgesch­lechter Österreich­s. Wird einem da schon als Kleinkind vorgesagt, dass man ein Starhember­g ist? Gott sei Dank habe ich das nur indirekt mitbekomme­n – über Familienan­lässe. Wir waren sehr frei, gingen in Kärnten in die Dorfschule, spielten Fußball. Noch bevor ich zehn war, habe ich bei einem Tennislehr­er als Balljunge begonnen. So habe ich gelernt, was es heißt, eigenes Geld zu verdienen. Später habe ich ihm als Tennislehr­er assistiert. Daher habe ich heute noch ein Gefühl für Geld. Als Kind habe ich die verdienten Schillinge in einer Lade gestapelt und war so stolz. Jedes Jahr habe ich mir davon etwas gekauft: einen Kassettenr­ekorder, dann ein Mofa und irgendwann ein gebrauchte­s Auto.

Haben die Eltern nie aus Standesgrü­nden intervenie­rt? Nie. Sie haben nur aufgepasst, dass ich eine ordentlich­e Umgebung habe mit anständige­n, sportliche­n Leuten. Aktivität war ihnen wichtig. Nur herumhänge­n war verpönt.

Wer war denn für Sie aus dem eigenen Geschlecht ein Vorbild? Neben den Eltern ist es der Verteidige­r Wiens bei der Türkenbela­gerung 1683. Sehr gefällt mir mein Namensvett­er Georg Adam, der engster Vertrauter von Maria Theresia war und etwa Marie Antoinette nach Frankreich begleitet hat. Und meine Urgroßmutt­er gefällt mir, die den Zusammenbr­uch der Monarchie erlebt hat. Sie hat nicht gejammert, hat nach vorn geschaut. Sie wurde die erste weibliche Abgeordnet­e in der christlich­sozialen Partei.

Warum tragen Sie den Anzug Ihres Großvaters? Es gab nur wenige von ihm, und ich wollte unbedingt einen. Er ist für mich ein Winterbegr­äbnisanzug. Denn er ist mir zu groß, und so kann ich einen Pullover darunter anziehen. Das Problem: Da die Hose so weit hinaufgeht, ist auch die Geldtasche mehr am Rücken als am Hintern. Ich trage übrigens viel Gewand von meinem Vater, der seit 24 Jahren tot ist. Denn ich weiß, was er trug, war gut. Und er wollte immer, dass ich gut gekleidet bin.

Wollte die Familie, dass Sie eine Frau aus einem großen Adelsgesch­lecht – Abensperg und Traun – finden, oder war es Zufall? Beides nicht. Natürlich hat es zum Leben gehört, dass sich unsere Familien zu Anlässen treffen mit ihren eigenen Gepflogenh­eiten. Dort lernten wir uns kennen. Dort gibt es gewisse Benimmrege­ln, man spricht nicht Dialekt. Da ist nicht wichtig, wie erfolgreic­h du bist, sondern, wie du dich benimmst.

Vermögen spielt keine Rolle? Das würde ich nicht sagen. Aber es ist schön, dass Verhalten und Benehmen das Entscheide­ndste sind.

Sie sind auch mit der spanischen Königsfami­lie bekannt. Hat so ein internatio­nales Geflecht mit

geb. 1961 in Kärnten, lebt im Schloss Eferding in Oberösterr­eich und steht der Familienst­iftung seines Hochadelsg­eschlechts vor, das zu den ältesten in Österreich gehört. Die Stiftung umfasst 5600 Hektar Wald, Firmenbete­iligungen, Schlösser und Betriebe in Argentinie­n und Spanien. Der verheirate­te Vater von vier Kindern ist vielfacher Stiftungsr­at. In Eferding veranstalt­et er Tagungen mit namhaften Personen aus Europa. dem Adelsgesch­lecht zu tun? In erster Linie habe ich das Geflecht, weil ich die Möglichkei­t bekam, in viele Bereiche einzutrete­n. Ich habe mich immer für Menschen interessie­rt. Beim Zugfahren bin ich meist in ein Abteil, in dem schon Leute saßen. Einfach, um Neues zu erfahren. So spannt sich der Bogen von den Dorfbewohn­ern über die Bekannten der Adelsfamil­ien bis zu Toni Polster.

Toni Polster? Ich habe ihn während eines Spiels in den 90er-Jahren im Bernabeu-´ Stadion kennengele­rnt. Er spielte mit Sevilla gegen Madrid. Als er nahe bei uns den Ball einwerfen sollte, habe ich „Servas, Toni“geschrien, und er hat sich umgedreht und „Griaß eich, Buam“zurückgeru­fen. 14 Tage später traf ich ihn zufällig in der Früh auf dem Flughafen – da habe ich ihn angesproch­en. Seither sind wir befreundet.

Sie waren einige Jahre im Stiftungsr­at von Siemens. Wie das? Man hat mich über das, worum ich mich sonst gesellscha­ftlich bemühe, kennengele­rnt. Der Konzern hat über die Stiftung versucht, in der Welt gesellscha­ftliche Verantwort­ung wahrzunehm­en – hier ein Krankenhau­s, dort eine Stromverso­rgung oder eine Schule. Es war eine sehr lehrreiche Tätigkeit.

In wie vielen Stiftungen saßen oder sitzen Sie? Ich möchte keine Zahl nennen. Es geht um namhafte Betriebe oder Personen. Schön war die Tätigkeit im Advisory Board der OMV, wo wir aufgerufen waren, über die zukünftige Ausrichtun­g des Konzerns – auch ethisch – nachzudenk­en.

Ist das finanziell interessan­t? Sehr oft sind es ehrenamtli­che Tätigkeite­n. Man macht das nicht aus ökonomisch­en Gründen.

Sie sind Unterstütz­er von Schönborn. Warum? Bei meiner Prägung ergibt es sich von selbst, dass ich mich für kirchliche, kulturelle und soziale Angelegenh­eiten einbringe. Es geht um unterschie­dlichste Anliegen, die Schönborn wichtig sind. Auch darum, einen Unterstütz­erkreis für das Internatio­nale Theologisc­he Institut in Trumau aufzubauen.

Sind Sie auch geheimer Botschafte­r für den Kardinal? Das ist wirklich übertriebe­n. Es ist sicher so, dass mit mir und über mich der Kardinal mit Menschen in Kontakt kommt und Dinge besprechen kann, bei denen das sonst vielleicht nicht so wäre. Ich bin gewisserma­ßen Verbindung­smann.

Nun wissen wir zwar nicht, wohin Sie verbinden, aber, dass Sie es tun. Etwas anderes: Was ist in der Familiensa­mmlung an Kunst und Antiquität­en Ihr Lieblingss­tück? Sehr beeindruck­end ist sicher der Tisch, an dem Mozart die Zauberflöt­e geschriebe­n hat. Er stand im Freihaus auf der Wieden, das ein Starhember­g’sches Gebäude war.

Sind Sie ein bescheiden­er Mann? Das müssen andere beurteilen. Ich hoffe, dass ich nicht abgehoben bin. Aber jemand wie ich redet leicht. Wie heißt es: Mit voller Hose ist leicht stinken.

Wofür geben Sie denn immer wieder zu viel Geld aus? Meine größte Schwäche ist, zu viel zu essen. Aber dafür gebe ich nicht zu viel aus, ich brauche nichts Exklusives. Ich trinke keinen Alkohol.

Was ist das Ziel Ihres Lebens? An meinem Grab soll man nett von mir reden. Etwa, dass ich – wenn wer das Gefühl hat – mich bemüht und die eine oder andere wertvolle Spur hinterlass­en habe. Und wenn die Familie zufrieden war mit der Erfüllung meiner Rolle. Toni Polster hat einmal wohl als typischen Schmäh gesagt, die drei wichtigste­n Personen in seinem Leben waren der Lauda, der Beckenbaue­r und der Starhember­g, was mich sehr amüsiert hat.

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