St. Pölten ist noch kein Großereignis
Fußball. Mangels Zuseherinteresses wurde ein Spiel zwischen St. Pölten und Kapfenberg gerichtlich nicht als Großveranstaltung eingestuft. Ein Schläger profitiert davon.
St. Pölten gegen Kapfenberg – das ist Brutalität. Rund um das Fußballspiel schlug ein Mann im Juni 2016 einem Kontrahenten mit der Faust einen Schneidezahn aus. Nun sieht das Sicherheitspolizeigesetz eigene Maßnahmen gegen Zuseher vor, die sich bei einer Sportgroßveranstaltung fehlverhalten. Aber kann man ein Spiel zwischen dem Erstligisten SKN St. Pölten und dem Zweitligisten SV Kapfenberg als Großereignis werten?
Ja, meinte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten. Sie trug dem Täter deswegen per Bescheid auf, sich bei einer Polizeiinspektion einzufinden. Dort habe er sich einer Belehrung über die Folgen von Gewalt bei großen Sportveranstaltungen zu unterziehen. Auf diese im Sicherheitspolizeigesetz vorgesehene präventive Maßnahme für künftige Matchbesuche hatte der Täter aber sichtlich keine Lust, er beschritt den Rechtsweg.
Zunächst vergeblich, denn auch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich befand, dass der Mann sich bei der Polizei ein- zufinden hat. Denn es habe sich um ein „zweifellos bedeutendes Spiel hochrangiger Mannschaften“gehandelt. Daran ändere nichts, dass bloß ein Testspiel in Hollenburg absolviert wurde. Es seien aber Mannschaften mit überregionaler Bedeutung aus unterschiedlichen Bundesländern aufeinandergetroffen. Und das Zuseherinteresse sei Bildern vom Spiel zufolge zumindest für österreichische Verhältnisse erheblich gewesen.
Der Täter zog aber noch vor den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und argumentierte damit, dass das Medieninteresse an dem Spiel „gleich null“gewesen sei. Sportlich sei es auch wertlos gewesen. Und von den wenigen anwesenden Zusehern sei nicht einmal ein Eintrittsgeld verlangt worden.
Der VwGH betrachtete die Gesetzesmaterialien. Diese geben als Referenzgröße für eine Großveranstaltung Spiele der Bundesliga an. In Anbetracht der dortigen Zuseherzahlen werde man bei mindestens 3000 Besuchern von einem Großereignis sprechen können, meinte das Höchstgericht. Entscheidend sei aber stets, mit wie vielen Zusehern man im Voraus rechnen konnte. Und nicht, wie viele dann tatsächlich zum Spiel gekommen seien. Werden weniger als 3000 Zuseher erwartet, könne nur unter besonderen Umständen (Derby, besondere Rivalität) eine Großveranstaltung vorliegen.
Aus den Feststellungen der Unterinstanz lasse sich somit keine Großveranstaltung ableiten, erklärte das Höchstgericht. Der VwGH (Ra 2017/01/0055) kippte daher die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, der Mann muss nicht zur Belehrung.