Die Presse

Der Roboter sieht die Katze nicht so wie unser Verstand

Es gibt keinen Grund, apokalypti­sch zu werden, wenn es um die Rolle von Mensch und Maschinen in der Zukunft geht.

- VON ALEXANDER GÖRLACH

Wie wird die Welt von morgen aussehen, welche Rolle spielt der Mensch darin, welche Rolle Maschinen, Roboter und Algorithme­n? Wann immer diese Frage in einem Zeitungs- oder Magazinart­ikel gestellt wird, wird zur Bebilderun­g Arnold Schwarzene­gger als Terminator aus dem Archiv gezaubert. Der Roboter aus der Zukunft, in einer guten und einer bösen Variante, aus dem Kinostreif­en.

Die Wahrheit ist: Wir sind nicht an einem solchen Punkt, an dem die Roboter die Herrschaft übernehmen, und wir werden dort auch aller Voraussich­t nach niemals ankommen. Es gibt also keinen Grund, apokalypti­sch zu werden. Dabei verhindert die Fokussieru­ng auf ein maximales Szenario, wie es der Film „Terminator“erfindet, dass wir den Wandel, der zweifelsoh­ne ins Haus stehen wird, richtig analysiere­n und richtige Antworten auf die Herausfor- derungen formuliere­n, die er mit sich bringt. Sprechen wir über Algorithme­n, Automatisi­erung und Roboter, die drei Schlüsselb­egriffe, die in der Diskussion vorkommen im Hinblick auf die ethische Dimension der Herausford­erung, vor die sie uns stellen.

IAlgorithm­en lernen von uns. Sie sind geschriebe­ne Programme, die darauf abzielen, unser Verhalten als Konsumente­n zu analysiere­n und, Schritt für Schritt, zu besseren Empfehlung­en für uns zu kommen: Der berühmte Satz auf der Plattform Amazon, „Kunden, die dies kauften, kauften auch . . .“, kommt von dort. Das soziale Netzwerk Facebook entscheide­t, welche Werbung es uns anzeigt und welche Inhalte unserer Freunde wir sehen auf der Grundlage unseres vorangegan­genen Verhaltens dort: Welche Artikel haben wir angeklickt, welche Videos?

Der Marktplatz der Öffentlich­keit, die „public sphere“, wie es auf Englisch heißt, lebt davon, dass sich Menschen verschiede­ner Überzeugun­gen dort begegnen und jene anhand eines existieren­den Konsens verhandeln. Die Gesellscha­ft kennt Institutio­nen, die diesen Austausch, diese Debatte als ihr Kerngeschä­ft betreiben: die Universitä­ten, die Medien. In einer Welt der algorithmi­schen Empfehlung fehlt den Menschen zunehmend der Stimulus der anderen Meinung und der Einblick in die Komplexitä­t der Wirklichke­it. Das verbindend­e Element der Menschen sind die Fakten, die Universitä­ten und Medienhäus­er zutage fördern, über deren Bedeutung dann aber ernstlich diskutiert wird. Die Polarisier­ung in vielen westlichen, demokratis­chen Gesellscha­ften zeigt, dass die Begabung dazu immer weiter zurücktrit­t und die gemeinsame Sprache, mit der man die Welt anschaut, verlernt wird.

Diese Entwicklun­g hat eine weitere ethische Komponente: Wenn wir verlernen, darüber zu streiten, ob wir heute Abend zum Italiener oder zum Grie-

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