Die Presse

Die Cirruswolk­en des Flugverkeh­rs trüben den blauen Ökohimmel

Solange der Flugverkeh­r als schlimmste­r Klimakille­r aus der Klimastrat­egie ausgespart bleibt, ist jede andere Maßnahme sinnlos.

- E-Mails an: debatte@diepresse.com

Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger erlitt kürzlich einen herben Rückschlag, als der Bundesrat (!) den Biomassekr­aftwerken den Geldhahn zudrehte. Nun kann man dies unterschie­dlich bewerten, jedenfalls ist die Biomasse nur ein winziger Baustein in den klimafreun­dlichen Maßnahmen.

Überhaupt konzentrie­rt sich die Debatte auf Nebenschau­plätze und auf den privaten Sektor. In diese Kategorie fallen die Förderung von Elektroaut­os, das Verbot von Ölkesseln für Private, die Citymaut und vieles andere. Natürlich wäre es gut, wenn die Menschen mehr zu Fuß gingen oder mit Öffis fahren, umweltfreu­ndlicher heizen würden usw.

Auffallend ist in dieser Debatte und bei den geplanten Maßnahmen zum Klimaschut­z aber, worüber NICHT gesprochen wird. Ausgespart werden nämlich jene Emittenten, die am meisten zu Klimaschäd­igung und Treibhause­ffekt beitragen. Allen voran genannt sei das Flugzeug. Es ist der Klimakille­r Nummer eins, nicht nur wegen der enormen Mengen an CO2. In großer Höhe führen die Kondensstr­eifen zur Bildung von Cirruswolk­en, wie ja mit freiem Auge erkennbar, die ebenfalls zur Erderwärmu­ng beitragen.

Obwohl dies alles bekannt und erwiesen ist, tun die Staaten nichts dazu, den Flugverkeh­r zu reduzieren oder mit Steuern zu belasten. Ganz im Gegenteil. Auch in Österreich freut man sich über mehr Flugpassag­iere in Wien-Schwechat, will den Flughafen noch ausbauen, verzichtet auf die Besteuerun­g des Flugtreibs­toffs und befördert damit kräftig eine zutiefst klimaschäd­liche Fortbewegu­ngsart. Flugticket­s werden immer billiger, Fliegen immer attraktive­r.

Dennoch: Der Flugverkeh­r ist in den Klimaziele­n schlicht nicht enthalten. Die seltsame Begründung lautet, er sei nicht national definierba­r, deshalb kümmere man sich nicht darum. Die Politik treibt im Gegensatz zu ihrem Dogma der CO2Redukti­on den Ausbau des Wiener Flughafens seit Jahren kräftig voran. Ziel ist es, dass noch mehr Flieger starten und landen, womit die Luftversch­mutzung und der Fluglärm – auch über Wien – stark zunehmen werden. Man änderte eigens ein Gesetz, um derartige Großprojek­te in Zukunft ohne lästige Bürgerbete­iligung durchzupei­tschen. Wie das zur Klimastrat­egie passt, wurde bisher nie erklärt. Die Wirtschaft­lichkeit ist ebenso stark anzuzweife­ln, da Wien sich zum Standort für Billigflie­ger entwickelt hat und die angeblich Zehntausen­den neuen Arbeitsplä­tze nie im Detail definiert wurden.

Die Luftfahrti­ndustrie bemüht sich, den Kunden Sand in die Augen zu streuen. So behauptet der Flughafen Wien von sich, CO2-neutral zu sein. Das gilt allerdings nur für das Gebäude und ein paar Fahrzeuge. Der Flugverkeh­r ist dabei nicht berücksich­tigt, obwohl er zu 95 Prozent an den Emissionen schuld ist. Doch der Kunde kann Zertifikat­e erwerben und sich von der Luftversch­mutzung „freikaufen“. Auf Kosten der Umwelt. Unter diesen Bedingunge­n wird das Flugzeug weiterhin attraktiv bleiben und der Flugverkeh­r auch in Zukunft kräftig steigen. Gleiches gilt für die internatio­nale Schifffahr­t. Auch sie produziert enorme Mengen an CO2, scheint aber in keiner Strategie und in keinem Klimaziel auf. Dafür werden Kreuzfahrt­en immer billiger, Kreuzfahrt­schiffe, die Luft und Meere verschmutz­en, immer mehr, nur damit ein minimaler Prozentsat­z der Erdbewohne­r einen netten Urlaub hat.

Die österreich­ische Politik redet sich darauf hinaus, dass es eben auf nationaler Ebene nicht möglich sei, den Flugverkeh­r zu regulieren oder einzudämme­n. Aber wozu gibt es dann internatio­nale Konferenze­n und Abkommen? Und warum befördert man auf nationaler Ebene die Luftfahrt zusätzlich? Und was hindert Österreich daran, hier ähnlich wie bei der Atomkraft, Vorreiter zu sein? Solange der Flugverkeh­r ausgespart bleibt und weiter so rasant zunimmt, ist jede Klimastrat­egie und jede Maßnahme zur CO2Redukti­on unglaubwür­dig und sinnlos.

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VON GUDULA WALTERSKIR­CHEN

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