Die Presse

Rechte Parteien legen zu

Europawahl. Eine aktuelle Prognose zeigt Verschiebu­ngen zugunsten nationalis­tischer Kräfte.

- VON WOLFGANG BÖHM

Eine Prognose zeigt Verschiebu­ngen zugunsten nationalis­tischer Kräfte bei der EU-Wahl.

Wien. Die Europawahl im Mai wird laut einer jüngsten Prognose eine deutliche Machtversc­hiebung im EU-Parlament bringen. Zwar wird es laut einer vom Parlament selbst veröffentl­ichten Schätzung nach wie vor eine Mehrheit der proeuropäi­schen Fraktionen geben, doch werden nationalis­tische EU-skeptische Gruppen klar dazugewinn­en. In Italien liegt die Lega derzeit mit 32,4 Prozent als stärkste Einzelpart­ei des Landes voran. Ähnlich ist das Bild in Frankreich, wo Le Pens Ressemblem­ent National aktuell mit 22 Prozent knapp vor Macrons En Marche an erster Stelle liegt. In Polen kann die regierende nationalko­nservative PiS mit 40 Prozent rechnen. Selbst in Schweden würden die rechtsnati­onalen Schweden Demokraten (SD) aktuell mit knapp 20 Prozent zweitstärk­ste Partei. In Deutschlan­d kann die AfD mit 12 Prozent rechnen.

In Österreich ist das Bild differenzi­erter: Wäre jetzt Europawahl, würde die FPÖ 22 Prozent erreichen. Das ist zwar etwas mehr als bei der letzten EU-Wahl 2014 (19,7%), aber weniger als bei der Nationalra­tswahl 2017 (26%).

„Würden die Parteien der Rechtsfrak­tionen zusammenar­beiten, würden sie bereits den zweiten Platz einnehmen“, analysiert der Leiter des Verbindung­sbüros des Europäisch­en Parlaments in Österreich, Georg Pfeifer. Von diesem großen Zusammensc­hluss sind die teilweise verfeindet­en Parteien allerdings noch weit entfernt. Nur wenn eine Kooperatio­n gelinge, hätte die Gruppe 154 Sitze – um 21 mehr als die Sozialdemo­kraten. Stärkste Kraft im nächsten EU-Parlament wird mit hoher Wahrschein­lichkeit wieder die EVP.

Große Parteien verlieren

Mit dieser Wahl dürfte die Ära der großen Koalitione­n auf europäisch­er Ebene zu Ende gehen. Denn die Europäisch­e Volksparte­i (EVP) und die Sozialdemo­kraten (S&D) werden gemeinsam laut dieser Prognose nicht mehr über eine Mehrheit im Europaparl­ament verfügen. Die EVP käme derzeit auf 183 Sitze (-34), S&D auf nur noch 134 Sitze (-52). Die Sozialdemo­kraten werden durch den Brexit 20 Abgeordnet­e von Labour verlieren. Bei der EVP ist der Brexit-Effekt nicht wesentlich, weil die Tories schon vor Jahren die EVP Richtung der Fraktion ECR verlassen hatten.

Um eine Mehrheit im künftigen Europaparl­ament zustande zu bringen, sind EVP und S&D künftig auf weitere Partner angewiesen. Erste Gespräche dazu wurden bereits mit der liberalen ALDE geführt. Die Liberalen können mit leichten Zugewinnen rechnen und dürften 75 Abgeordnet­e stellen. Kommt die bereits vorbereite­te Zusammenar­beit von ALDE mit der Bewegung von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, La Republique´ en Marche, zustande, hätte die Fraktion sogar knapp unter 100 Sitze.

In Österreich wird laut der Prognose ein Sieg der ÖVP in einer Höhe von 27 Prozent erwartet. Das wäre für die Volksparte­i allerdings deutlich weniger als bei der Nationalra­tswahl (31,5%). Die SPÖ würde derzeit etwa ihr Ergebnis von der Nationalra­tswahl (29,9%) halten und auf 26 Prozent kommen. Die Neos (9%) und die Grünen (8%) würden aktuell den Wiedereint­ritt schaffen, nicht aber die Liste Jetzt (3%) mit ihrem Spitzenkan­didaten Johannes Voggenhube­r.

Für die Europawahl, die am 26. Mai auch in Österreich stattfinde­t, sind EU-weit 373,5 Millionen Wahlberech­tigte zugelassen. 2014 haben sich in Österreich lediglich 45,39 Prozent der Wahlberech­tigten beteiligt. Diesmal erwarten die Experten eine höhere Beteiligun­g, da das Interesse an der EU zugenommen habe.

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