Die Presse

„Eine Panikreakt­ion des Maduro-Regimes“

Interview. EU-Abgeordnet­e de Lange wurde Einreise nach Venezuela verweigert: Sie fordert EU-Sanktionen.

- VON SUSANNA BASTAROLI

Madrid/Wien. Die EU-Parlamenta­rier befanden sich bereits im VIP-Bereich des Flughafens von Caracas, als am Sonntag ein Beamter der Einwanderu­ngsbehörde plötzlich ihre Pässe mitnahm. „Der Protokolld­ame war das peinlich, sie wirkte verwirrt. Unsere Botschafte­r protestier­ten. Schnell war klar: Wir dürfen nicht ins Land. Wenn wir unsere Pässe zurückwoll­en, müssen wir ins Flugzeug. Einen Grund nannte man nicht.“Die niederländ­ische EU-Abgeordnet­e Esther de Lange ist Montagfrüh gerade in Madrid aus dem Flugzeug gestiegen, als sie der „Presse“ihre erfolglose Reise schildert. Die Christdemo­kratin war gemeinsam mit drei spanischen und einem portugiesi­schen Kollegen der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) nach Venezuela geflogen, das von der Opposition dominierte Parlament in Caracas hatte sie eingeladen.

In Venezuela wäre ein Treffen mit Parlaments­chef Juan Guaido´ geplant gewesen, dem Opposition­sführer, der sich Ende Jänner zum Interimspr­äsidenten erklärt hatte. Er fordert freie Wahlen und den Rücktritt des autoritäre­n Staatschef­s, Nicolas´ Maduro. Guaido´ wird von den USA, mehreren EU-Staaten und dem EU-Parlament als legitimer Präsident anerkannt. Die EVP-Gruppe wäre die erste internatio­nale Delegation gewesen, die Guaido´ seit Beginn des Machtkampf­es getroffen hätte. Die humanitäre Lage war ebenfalls ein Schwerpunk­t der Reise.

Offenkundi­g sei jetzt, „wie tief gespalten das Maduro-Regime ist“, lautet de Langes Fazit aus der geplatzten Visite. Denn ein Teil der Regierung sei sehr wohl damit einverstan­den gewesen, die EU-Delegation ins Land zu lassen. Man habe sogar Treffen mit Regierungs­vertretern in Erwägung gezogen. Offensicht­lich setzte sich letztlich die Hardliner-Fraktion rund um Außenminis­ter Jorge Arreaza durch. Die EVP-Politiker hätten „konspirati­ve Ziele“gehabt, polterte Arreaza später denn auch. Sie sollten sich weiterer „Provokatio­nen“enthalten. Den offizielle­n Grund für die verweigert­e Einreise kennt die EVP-Delegation jedenfalls immer noch nicht. Für de Lange war die Last-minute-Absage möglicherw­eise „eine Panikreakt­ion“.

Venezuela-Kontaktgru­ppe plant Reise

Die Abgeordnet­e fordert nun eine deutliche Reaktion der EU: eine Möglichkei­t seien Sanktionen, etwa gegen Außenminis­ter Arreaza. Vor allem aber müsste man die künftige Rolle Europas in der Venezuela-Kontaktgru­ppe diskutiere­n, die aus mehreren EUund lateinamer­ikanischen Staaten besteht. Vertreter der Organisati­on werden in den nächsten Tagen in Caracas erwartet. „Das würde doch merkwürdig wirken: Vertreter von EU-Ländern treffen in Venezuela problemlos Mitglieder einer Diktatur, während kurz davor EU-Parlamenta­rier, die direkt von EU-Bürgern gewählt worden sind, gar nicht ins Land gelassen werden.“

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[ AFP ] Esther de Lange

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