Die Presse

26. Mai 2019: Das Ende des EU-Machtkarte­lls

Erstmals werden Europas Großpartei­en Ämter und Einfluss teilen müssen.

- VON OLIVER GRIMM oliver.grimm@diepresse.com

S eit das Europäisch­e Parlament direkt von den Bürgern gewählt wird, ist es fest in den Händen der Europäisch­en Volksparte­i und der Sozialdemo­kraten. Sie teilen sich seit 1979 Macht, Ämter finanziell­e Mittel in einer Weise auf, die sich am Beispiel des Parlaments­präsidente­n besonders klar zeigt: Zweieinhal­b Jahre darf ein Schwarzer dran, dann sind die Roten an der Reihe, dann wird gewählt, und es fängt von vorne an.

Damit wird – soferne kein Wunder geschieht – am 26. Mai Schluss sein. Volksparte­i und Sozialdemo­kraten werden keine absolute Mehrheit mehr haben. Sie werden einen Dritten brauchen, um vor allem für die Bestätigun­g des neuen Kommission­spräsident­en im Plenum eine stabile Mehrheit zu haben. Das mindert die Chancen des CSU-Politikers Manfred Weber auf dieses Amt. Denn der wahrschein­liche Dritte im Bund sind die Liberalen. Sie lehnen das Spitzenkan­didatenmod­ell ab, welches vor allem von Webers Volksparte­i betrieben wird. In Brüssel wird folglich bereits gemunkelt, dass Weber dem Liberalen-Chef Guy Verhofstad­t und Udo Bullmann von der SPD den höchsten Parlaments­posten anträgt.

Abseits solcher Ränke sollten Freunde der EU und der Parlaments­demokratie das Ende des Macht-Duopols begrüßen. Denn es wird die Legitimitä­t des Parlaments stärken, indem es den (nicht ganz unbegründe­ten) Vorwurf entkräftet, ein Klüngel der Christ- und Sozialdemo­kraten zu sein.

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