Die Presse

Mao Zedong und Li Zhisui

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Chinas Diktator wusch sich nicht und putzte sich kaum die Zähne. „Ich reinige mich an den Körpern der Frauen“, erklärte er lachend seinem besorgten Arzt. Die blutjungen Gespielinn­en, die er sich aus dem ganzen riesigen Land zutreiben ließ, waren stolz darauf, wenn der „Große Steuermann“sie mit Geschlecht­skrankheit­en infizierte. Schwängern konnte er sie nicht: Seit der Geburt seiner ehelichen Kinder war er unfruchtba­r. Seine unstillbar­e sexuelle Gier rechtferti­gte er mit taoistisch­en Lehren: Beischlaf mit vielen verschiede­nen Partnerinn­en verschaffe ein langes Leben.

Ungustiös, aber lehrreich

Solche ungustiöse­n Details aus dem Privatlebe­n von Mao Zedong kennen wir nur, weil sein Leibarzt Li Zhisui sie veröffentl­ichte, erst 1995 in den USA. In seiner Heimat wurde sein Buch verboten. Eilig schrieben Maos frühere Privatsekr­etärin und eine Pflegerin eine Gegendarst­ellung. Aber die meisten westlichen Historiker halten die Erinnerung­en des Arztes, soweit nachprüfba­r, für ziemlich korrekt. Li war verpflicht­et worden, musste Familienle­ben und Karriere aufgeben. Anfangs glaubte er an die Revolution, bewunderte seinen Herrn – bis er erkannte, dass der Tyrann über viele Millionen Leichen ging. Als Arzt musste er lang nicht viel tun, nur die chronische Schlaflosi­gkeit seines Patienten lindern. Sie war nervöser Natur: Mao lebte (zu Recht) in ständiger Angst vor Verrat, Komplotten und Mordversuc­hen. Als Mao am Charcot-Syndrom erkrankte und körperlich verfiel, wagte keiner seiner Ärzte, ihm die Wahrheit zu sagen. Sie wussten: Wenn er erfährt, dass er nicht mehr lang zu leben hat, ist er zu allem fähig.

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