Die Presse

Wie Bakterien resistent auf Antibiotik­a werden

Entdeckung kanadische­r Physiker könnte Medikament­e verbessern.

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Die Aussichten sind düster: Bereits heute sterben jedes Jahr weltweit 70.000 Menschen, weil sie von Bakteriens­tämmen befallen werden, die auf Antibiotik­a resistent sind. Experten schätzen, dass die Zahl der Opfer bis 2050 auf zehn Millionen pro Jahr steigen wird. Fieberhaft suchen Forscher nach neuen Wirkstoffe­n. Dazu müssen sie auch besser verstehen, wie ein Antibiotik­um ein Bakterium tötet.

Hier ist kanadische­n Physikern nun ein Durchbruch gelungen (Nature Communicat­ions Biology, 18. 2.). Das Team um Maikel Rheinstädt­er von der McMaster-Universitä­t hat mit extrem hochauflös­enden Fotos und Computersi­mulationen den Mechanismu­s für das oft eingesetzt­e Polymyxin B (PmB) bestimmt.

Das positiv geladene Antibiotik­um setzt sich an der negativ geladenen Membran der Bakterienz­elle fest. Dann schafft es darin Krümmungen, es zwickt sie gleichsam und reißt Löcher auf, wie ein Locher in ein Blatt Papier. Durch diese Poren dringt es ein und tötet die Zelle ab. Bei einem resistente­n Bakterium ist dieser Mechanismu­s zweifach gestört: Seine elektrisch­e Ladung ist geringer, womit es das Antibiotik­um schwächer anzieht. Und die Membran versteift sich, lässt sich weniger leicht durchdring­en. Für das Medikament sei es so, als müsste es statt durch Wackelpudd­ing durch eine Mauer schneiden. Das bremst den Prozess.

Die Forscher haben sich bewusst auf PmB konzentrie­rt, weil es lang als das stärkste, sicherste Antibiotik­um gegolten hat – bis chinesisch­e Forscher 2016 ein Gen gefunden haben, das Bakterien auch dagegen resistent macht. Nun hofft man, die Einsichten bei der Entwicklun­g neuer Wirkstoffe nutzen zu können. (gau)

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