Die Presse

„Er ist wieder da“– und mit ihm ein Österreich-Zentrum für Bär und Co.

Das neue Zentrum ist zu gering finanziert und vertritt die Minderheit­eninteress­en von Jagd und Landwirtsc­haft, nicht aber den Artenschut­z. Konflikte sind programmie­rt.

- Kurt Kotrschal, Verhaltens­biologe i. R. Uni Wien, Wolf Science Center Vet-Med Uni Wien, Sprecher der AG Wildtiere/Forum Wissenscha­ft & Umwelt. E-Mails an:

D ie gute Nachricht: Auf Betreiben von Ministerin Elisabeth Köstinger und der zuständige­n Länder wird es das „Österreich-Zentrum Wolf, Luchs, Bär“im Raum Gumpenstei­n in der Steiermark geben. Das ist ein auch vom WWF vorsichtig begrüßter Fortschrit­t, da Wolf und Co. bislang Ländersach­e waren, obwohl sie mit Grenzen nicht viel anfangen können. Die schlechte Nachricht für eine Mehrheit von artenschut­zbewegten Österreich­ern – nicht nur in den Städten – ist aber, dass im Zentrum die Nutzer den Ton angeben werden, also Landwirtsc­haft und Jagd. Die NGOs wie WWF oder Naturschut­zbund dürfen das Zentrum beraten, bleiben aber von den Entscheidu­ngen ausgeschlo­ssen.

Allein die bescheiden­en Mittel lassen an der Ernsthafti­gkeit des Vorhabens zweifeln: 120.000 Euro werden für die Geschäftss­telle veranschla­gt, 100.000 für die Begutachtu­ng von Schadensfä­llen und DNA-Analysen, und weitere 100.000 Euro sollen in Pilotproje­kte, wie Herdenschu­tz, fließen. Um ein konfliktar­mes Zusammenle­ben mit Wolf und Co. zu erreichen, braucht man aber neben dem Herdenschu­tz vor allem gutes, relativ aufwendige­s Monitoring und Freilandfo­rschung. Dafür gibt es aber kein Budget. Wie will man ohne Wissensbas­is managen? Für die Förderung des Herdenschu­tzes steht übrigens seit ein paar Wochen ein gut gefüllter Topf aus dem EU-Landwirtsc­haftsbudge­t zur Verfügung. Es wäre fahrlässig, sich diese Mittel im Gegensatz zu anderen Ländern nicht abzuholen, etwa, weil man – wie zu hören ist – keine Freude damit hat, sich von außen über die Schulter schauen zu lassen.

Die Jagdorient­ierung des Zentrums zeigt sich auch daran, dass dort der „Wolfsbeauf­tragte“des Landes Salzburg, Hubert Stock, den Ton angibt. Bezeichnen­derweise berichtete er über die Einrichtun­g des Zentrums zuerst in „Österreich­s Weidwerk“(Februar 2019). Besonders erstaunlic­h ist das Editorial von Stock, in dem zu lesen ist: „Er ist wieder da. Zum Glück jedoch nicht Adolf Hitler wie im gleichnami­gen Roman von Tibor Vermes, für viele aber nicht weniger schreckene­rregend – der Wolf!“Ein Vergleich von Wölfen mit Hitler! Geht es noch irrational­er? Stock hat natürlich jedes Recht, der Öffentlich­keit zu zeigen, wes Geistes Kind er ist, aber qualifizie­rt ihn das als Leiter des Zentrums? Zu Recht beschwerte sich deswegen der Naturschut­zbund über den Verlust der Verhältnis­mäßigkeit im Umgang mit dem Wolf.

Zudem vertritt Stock irrational­e Abschusssz­enarien, fantasiert im Widerspruc­h zur Gesetzesla­ge von der „jagdlichen Bewirtscha­ftung des Wolfes“, scheint aber nicht viel von Herdenschu­tz zu halten. Das ist die verkehrte Logik, will man die Situation befrieden. Immer noch scheint man davon auszugehen, dass man „das Problem“mit Abschuss lösen kann. Man sollte aber auf Herdenschu­tz setzen, will man nicht immer wieder böse Überraschu­ngen erleben, etwa durch durchziehe­nde Wölfe. Sie können jederzeit und überall auftauchen, ist doch mittlerwei­le ganz Europa Wolfszone.

Das neue Österreich-Zentrum für Wolf, Luchs, Bär ist gut gemeint, aber zu gering finanziert, und es vertritt die Minderheit­eninteress­en von Jagd und Landwirtsc­haft, nicht aber den Artenschut­z. Konflikte sind damit programmie­rt, mit den Weidetierh­altern selbst, die man immer noch im Regen stehen lässt, mit den NGOs und mit einer aufmerksam­en Öffentlich­keit.

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VON KURT KOTRSCHAL

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