Die Presse

Neun Tote bei Schießerei in Kaschmir

Indien/Pakistan. Der Anschlag einer Terrormili­z auf indischen Militärkon­voi verschärft­e Spannungen zwischen Erzrivalen in der Provinz.

- VON THOMAS VIEREGGE

Nach einem Terroransc­hlag auf einen indischen Militärkon­voi mit 44 Toten kamen bei der Suche nach den Drahtziehe­rn im indischen Teil Kaschmir neun Menschen ums Leben – vier indische Soldaten und drei mutmaßlich­e Terroriste­n. In der Krisenprov­inz schaukeln sich die Spannungen neuerlich hoch.

Wien/Neu Delhi. In Indien hat der Wahlkampf für die Parlaments­wahlen, die sich am Subkontine­nt über Wochen von April bis Mai hinziehen werden, neuen Sprengstof­f bekommen: Der KaschmirKo­nflikt mit dem Erzrivalen Pakistan, ein politische­r Dauerbrenn­er, ist erneut aufgeflamm­t. Nach einem Anschlag auf einen Militärkon­voi auf einem Highway im indischen Teil Kaschmirs, der in der Vorwoche 44 Tote gefordert hatte, stuften beide Staaten – längst Atomnation­en – die diplomatis­chen Beziehunge­n zurück und riefen ihre Botschafte­r zurück.

Für die national-konservati­ve Regierung von Premier Narendra Modi steht zweifelsfr­ei fest, dass der Nachbar hinter dem Attentat steckt. Indien hat Vergeltung für den „Highway Terror“geschworen, die Tat eines Selbstmord­attentäter­s, der der Extremiste­norganisat­ion Jaish-e-Mohammad angehörte. Die islamistis­che Terrormili­z hat bereits mehrere Anschläge in Indien verübt, darunter auf das Parlament in Neu Delhi 2001 und auf einen Militärstü­tzpunkt 2016.

Das jüngste Selbstmord­attentat ist indessen das schwerste seit Jahrzehnte­n in der geteilten, mehrheitli­ch muslimisch­en Provinz am Rand des Himalaya, die sowohl Indien und Pakistan für sich reklamiere­n und um die sie seit der Unabhängig­keit 1947 bereits drei Kriege gegeneinan­der geführt haben. Indien hat im Kaschmir eine Viertel Million Soldaten entlang der Waffenstil­lstandslin­ie stationier­t.

Auf der Suche nach dem mutmaßlich­en Mastermind der Jaish-e-Mohammed, Mohammed Umair, begannen indische Truppen Dörfer zu durchkämme­n und abzuriegel­n. Am Montag kamen bei Gefechten zwei Verdächtig­e, ein Zivilist und vier indische Soldaten ums Leben.

Umair übernahm nach indischen Angaben erst im Herbst das Kommando über die Terrorgrup­pe, die sein Onkel Masood Azhar vor mehr als 20 Jahren gegründet hat. Die Extremiste­n stehen in Pakistan zwar unter Bann, unterhalte­n jedoch beste Beziehunge­n zum pakistanis­chen Geheimdien­st, der auch schon die Taliban nach Kräften unterstütz­t hat. Azhar kann sich in Pakistan völlig frei bewegen, Reden halten und Geldgeber treffen. Über Jahre hat sich Indien vergeblich bemüht, Azhar auf die internatio­nale Terrorlist­e zu setzen und Sanktionen gegen Pakistan zu verhängen. Im UN-Sicherheit­srat legte stets China ein Veto ein.

Großmacht-Interessen

Die Regierung in Islamabad ist Verbündete­r Chinas. Peking hat im großen Stil in Pakistan investiert, das ein zentraler Teil der Seidenstra­ßen-Strategie ist. Die USA wiederum ermahnten Pakistan, die Unterstütz­ung für Terrorgrup­pen einzustell­en. Sie hatten schon im Vorjahr die milliarden­schwere Militärhil­fe für Islamabad gestrichen. Zugleich ist Washington auf die Kooperatio­n mit Islamabad beim Krisenmana­gement in Afghanista­n angewiesen.

Indien kündigte zunächst das Handelsabk­ommen mit Pakistan und rief zur Isolation des Erzfeindes auf. Die Annäherung mit Indien, die Imran Khan, Pakistans neuer Premier, zaghaft eingeleite­t hat, dürfte somit so rasch wieder zum Ende gekommen sein wie vor Jahren eine symbolisch­e FriedensOu­vertüre Modis gegenüber Pakistan. Indien gedachte des Anschlags mit Mahnwachen, Modi bezeichnet­e die Terroropfe­r als „Märtyrer“.

Modi steht unter dem Druck der Hindu-Nationalis­ten, war er doch vor fünf Jahren mit der Parole angetreten, den muslimisch­en Terror zu zerschlage­n. Er drohte: „Wenn unser Nachbar denkt, er kann Indien destabilis­ieren, macht er einen schweren Fehler.“

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[ AFP ] Pakistan fuhr für den saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman alles auf, was dem Protokoll zu Gebote stand.
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