Das Kreuz mit dem Feiertag
Die Koalition will, dass der Feiertag um 14 Uhr beginnt. Evangelische Kirche und ÖGB sind enttäuscht, die Wirtschaftskammer fordert Kostenersatz. Rechtlich ist die Regelung heikel. Karfreitag.
Die Koalition will, dass der Karfreitag um 14 Uhr Feiertag wird. Evangelische Kirche und ÖGB sind enttäuscht, die Wirtschaft fordert Kostenersatz. Rechtlich ist die Sache heikel.
Der Koalitionsplan sei inakzeptabel, erklärte der Präsident der evangelischen Synode, Peter Krömer. Kultusminister Gernot Blümel habe sein Versprechen, dass keinem etwas genommen werde, nicht gehalten, kritisierte Bischof Michael Bünker. Aber auch abseits theologischer Zugänge wirft das Vorhaben Fragen auf, insbesondere in juristischer Hinsicht.
Denn auch wenn die Koalition die Karfreitagsregel im Gesetz änderte, blieben Regelungen in Kollektivverträgen bestehen. Dadurch könnte es erneut zu arbeitsrechtlichen Diskriminierungen kommen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
1 Was will die Politik regeln, und was darf sie festlegen?
Ausgangspunkt der Debatte war eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Er erklärte es für rechtswidrig, dass am Karfreitag laut Gesetz nur Altkatholiken und Evangelische, für die der Karfreitag ein wichtiger Feiertag ist, freihaben. Das diskriminiere andere Arbeitnehmer.
ÖVP und FPÖ haben sich am Dienstag auf eine „Halbtagesregelung“geeinigt, wie sie es nennen. Sie wollen, dass der Feiertag für alle um 14 Uhr beginnt. Die Regelung solle bereits für den nächsten Karfreitag gelten – weitere Details wurden auf Nachfrage nicht verraten.
Jedenfalls müsste die Politik für ihre Pläne das Arbeitsruhegesetz ändern, in dem die Karfreitagsregel steht. Das neue Gesetz kann sie im Parlament auch rasch beschließen.
2 Was gilt aber, wenn in Kollektivverträgen etwas anderes steht?
In mehreren Kollektivverträgen sind eigene Regeln für den Karfreitag vorgesehen. Und auch im Generalkollektivvertrag, der alle Branchen betrifft, findet sich das Recht auf einen zur Gänze freien Karfreitag für Evangelische und Altkatholiken.
Kollektivverträge dürfe das Parlament nicht ändern, sagt Arbeitsrechtsprofessor Franz Marhold von der WU zur „Presse“. Der Vertrag besteht zwischen der Wirtschaftskammer ( WKO) und der Gewerkschaft (ÖGB). Solange dieser Kollektivvertrag gilt, dürften sich evangelische und altkatholi- sche Arbeitnehmer weiterhin auf ihn berufen, sagt Arbeitsrechtsprofessor Gert-Peter Reissner von der Universität Innsbruck.
Diese Arbeitnehmer dürften, sofern ihr Unternehmen WKOMitglied ist, weiterhin den Karfreitag zur Gänze freihaben. Die anderen Arbeitnehmer, die bis 14 Uhr arbeiten müssten, wären benachteiligt. Sie könnten laut den Juristen erfolgreich darauf klagen, dass auch sie den ganzen Tag freibekommen zu haben. Denn ob die Ungleichheit durch ein Gesetz (wie bisher) oder einen Kollektivvertrag (künftig) bedingt werde, mache rechtlich keinen Unterschied.
3 Wie könnte man den Kollektivvertrag ändern?
WKO und ÖGB könnten sich darauf einigen, dass auch im Kollektivvertrag die neue 14-Uhr-Regelung getroffen wird. Eine derartige Verschlechterung komme aber nicht infrage, betont Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, auf Frage der „Presse“.
Nun hätte die WKO das Recht, den Kollektivvertrag einseitig zu kündigen. Aber die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Damit ginge sich eine Kündigung bis zum nächsten Karfreitag gar nicht aus. Selbst eine Kündigung des Vertrags würde nur für danach neu eingestellte Mitarbeiter wirken. Für alle anderen bestünde die bisherige Karfreitagsregel weiter.
Die Politik könnte zwar im Parlament ein Gesetz beschließen, laut dem gekündigte Kollektivverträge nicht mehr auf bestehende Mitarbeiter nachwirken, sagt Marhold. Das würde aber der ÖGB als grobe Provokation auffassen, wie es aus der Gewerkschaft heißt.
4 Was stört die Kritiker an der geplanten Karfreitagsregelung?
Die evangelische Kirche kritisierte, dass ihren Mitgliedern ein halber Feiertag genommen und der Gottesdienstbesuch am Vormittag verunmöglicht werde. Auch der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, rügte den Plan, der auf Kosten der evangelischen Christen gehe.
WKO und Industriellenvereinigung fordern einen Kostenausgleich für den neuen halben Feiertag. ÖGB und AK sehen hingegen nur einen „Viertelfeiertag“, der Plan sei arbeitnehmerfeindlich.