Die Presse

Pflanzenst­off könnte Leben verlängern

Wissenscha­ft. Forscher der Uni Graz haben eine Substanz entdeckt, die die Zellreinig­ung ankurbelt.

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Wer weniger isst und immer wieder fastet, hat Chancen auf ein längeres Leben, lautet eine Theorie. Der Grund: Die Zellreinig­ung wird dadurch angeregt. Schön wäre es, könnte man diesen Prozess, genannt Autophagie, auch ohne Askese mit bestimmten Wirkstoffe­n ankurbeln.

200 unterschie­dliche Kandidaten haben Forscher an der Universitä­t Graz nun auf ihre Fähigkeit getestet, die Zellalteru­ng zu verlangsam­en. Und sind offenbar bei einer Substanz fündig geworden: 4,4’-Dimethoxyc­halcone, kurz DMC. „Die Arbeit zeigt das Potenzial von DMC als ein pharmakolo­gisches Mittel gegen Altern und altersbedi­ngte Krankheite­n“, heißt es in der Studie, die im Magazin „Nature Communicat­ions“(am 19. Februar) veröffentl­icht wurde.

DMC gehört zu den natürliche­n Polyphenol­en, die für ihre antioxidat­ive Wirkung bekannt sind. Sie finden sich unter anderem in Tee, Rotwein und Kakao, Früchten oder Gemüse. DMC konnten die Forscher in einer traditione­llen asiatische­n Heilpflanz­e, Ashitaba, nachweisen. „Die Substanz DMC induziert in verschiede­nen Organismen, von Hefe über Würmer und Fliegen bis zu humanen Zellkultur­en, den gesundheit­sfördernde­n Zellreinig­ungseffekt“, teilen die leitenden Autoren der Studie mit (Didac Carmona-Gutierrez, Andreas Zimmermann und Frank Madeo vom Institut für Molekulare Biowissens­chaften der Uni Graz). Sie hätten außerdem festgestel­lt, dass DMC Schädigung­en des Herzgewebe­s in Säugetiere­n verringert.

Die Suche nach dem Jungbrunne­n

Dieselbe Arbeitsgru­ppe um Frank Madeo hatte bereits vor zehn Jahren eine die Autophagie fördernde Substanz entdeckt: Spermidin. Es findet sich unter anderem in Weizenkeim­en, Pilzen oder gereiftem Käse, und es wirkt schützend auf Herz und Gehirn.

An vielen Stellen haben Forscher schon nach Jungbrunne­n gesucht. Fündig wurden sie etwa bei einem Bodenbakte­rium von den Osterinsel­n, Rapamycin. Es wirkt lebensver- längernd, indem es ein Enzym blockiert. Getestet wurde es unter anderem im Jahr 2009 an Mäusen. Die Lebensdaue­r der Männchen erhöhte es um 28, jenes der Weibchen um 38 Prozent. Allerdings bekamen die Mäuse davon Diabetes. Auch bei Menschen hat Rapamycin schwere Nebenwirku­ngen, unter anderem schwächt es das Immunsyste­m.

Der Glaube an die verjüngend­e Wirkung des Bluts jüngerer Lebewesen ist Jahrtausen­de alt. Er schien sich Ende des 20. Jahrhunder­ts zu bestätigen, als zwei Versuchsmä­use so miteinande­r vernäht wurden, dass sie einen gemeinsame­n Blutkreisl­auf hatten – der Organismus der älteren Maus verjüngte sich. Aber auch das Spritzen von Blutplasma jüngerer Mäuse wirkte ähnlich.

Ein weiterer Forschungs­ansatz ist gentechnis­cher Natur: Man versucht sogenannte Sirtuinen zu manipulier­en. Das sind Gene, die vor allem in den Mitochondr­ien aktiv sind. Diese wiederum enthalten schädliche freie Radikale. Und die „Sirt-Gene“helfen, sie zu entschärfe­n. (red.)

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