Wie umgehen mit IS-Rückkehrern?
Die Rücknahme von gefangenen IS-Kämpfern ist tatsächlich eine Herausforderung für Sicherheit und Justiz.
Die Aufforderung von USPräsident Donald Trump an die europäischen Staaten, die gefangenen ISKämpfer zurückzunehmen, hat zu Ratlosigkeit und Sorge in Europa geführt. Ein Problem dieser Art ist ohne Präzedenzfall in der jüngeren Geschichte. Die ersten Stellungnahmen – auch von höherer politischer Ebene – spiegeln diese Unsicherheit wider.
Ohne Zweifel stellt die Rücknahme einer größeren Anzahl von IS-Kämpfern eine Herausforderung für Sicherheit und Justiz dar. Wenn möglich, wird man in Europa bemüht sein, eine Rückkehr der Kämpfer und ihrer Angehörigen zu vermeiden. Doch welche konkreten Alternativen stellen sich in diesem Zusammenhang, beispielsweise wenn die konkrete Situation Österreichs herangezogen wird?
So weit es sich bei den ISKämpfern um österreichische Staatsbürger handelt, besteht grundsätzlich ein Recht der betreffenden Bürger auf Rückkehr. Dies zu verweigern wäre menschenrechtswidrig (siehe Art. 12 Abs. 4 UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966: „Niemandem darf willkürlich das Recht entzogen werden, in sein eigenes Land einzureisen“).
Eine Ausbürgerung ist nicht ohne Weiteres möglich. Einen Rechtfertigungsgrund könnte der Eintritt in den Wehrdienst eines fremden Staates darstellen, doch stellt der Islamische Staat keinen Staat im völkerrechtlichen Sinne dar, und er war das auch nie. Es muss auch der konkrete Hintergrund dieser Regelung berücksichtigt werden: Wer in den Wehrdienst eines fremden Staates eintritt, der begründet damit ein besonderes Vertrauens- und Naheverhältnis zu diesem, und dieser Staat wird dann auch Schutzpflichten gegenüber dieser Person übernehmen. Diesen Staat gibt es im vorliegenden Fall aber nicht. Konkret würde dies auch zu einer Ausbürgerung en masse führen.
Der IS hat bekanntlich zahlreiche Kriegsverbrechen begangen, und es ist möglich und denkbar, dass auch IS-Kämpfer aus Europa daran beteiligt waren. Dies wäre vor Ort zu klären. Hinsichtlich der Strafgerichtsbarkeit gilt das Territorialitätsprinzip und das aus gutem Grund: Primär verletzt die Straftat die öffentliche Ordnung vor Ort, und zudem ist dort auch die Nähe zum Beweis viel ausgeprägter, was ein faires und konsequentes Verfahren begünstigt. Nur wenn den betreffenden Personen kein fairer Prozess garantiert werden kann, wäre eine Überstellung nach Europa mit strafrechtlicher Verfolgung in den Heimatstaaten anzudenken. Sollte das Verfahren, das die europäischen ISKämpfer im Aufenthaltsgebiet erwartet, der EMRK widersprechen, wäre sogar eine Verpflichtung der Heimatstaaten gegeben, eine Rücküberstellung der betreffenden Bürger zu erwirken.
Die Option, Betreffende direkt nach Den Haag für eine strafrechtliche Verfolgung durch den ICC zu überstellen, ist keine wirkliche, allein schon wegen der Zahl der Verdächtigen und des unklaren Bildes von den Geschehnissen vor Ort. Die internationale Strafgerichtsbarkeit des ICC ist für makrokriminelle Konstellationen und für die Verfolgung von Einzelpersonen konzipiert worden, denen eine zentrale Rolle bei diesen Geschehnissen beizumessen ist. Eine solche Situation wird wahrscheinlich nur für einige wenige IS-Kämpfer nachweisbar sein.
Idealerweise wird sich Europa deshalb um den Aufbau geeigneter Strukturen vor Ort bemühen müssen, die rechtsstaatliche Verfahren nach dem Maßstab der EMRK garantieren können. Sollte dies nicht möglich sein, hat sich Europa wohl auf eine neue einzigartige Herausforderung nicht nur prozesstechnischer Natur einzustellen, sondern auch in Hinblick auf eine geeignete und wirksame Resozialisierung der Betreffenden.