Die Presse

Gern gesehen, aber kein Muss

Der Master: Wer ihn wann warum macht und was er bringt. Zahlen, Vergleichs­werte und Expertenme­inungen rund um den Abschluss.

- VON SABINE MEZLER ANDELBERG

Gleich im Anschluss weiterstud­ieren, nach ein paar Jahren Geldverdie­nen oder überhaupt? Seit auch der Bachelor als abgeschlos­sene akademisch­e Ausbildung gilt, stellen sich für die meisten Absolvente­n diese Fragen. Und sie beantworte­n zumindest den „Überhaupt“-Teil nach wie vor überwiegen­d mit Ja, wie die aktuelle Studierend­en-Sozialerhe­bung des Instituts für Höhere Studien Wien (IHS) ausweist. „Rund 75 Prozent der Bachelorab­solventen an öffentlich­en Universiät­en machen auch einen Master, an Fachhochsc­hulen sind es gut 50 Prozent“, weiß David Binder, Mitautor der Studie und Mitglied der Forschungs­gruppe für Hochschulf­orschung. Wobei die Quote unter den Männern mit 77 Prozent noch einmal höher ist als bei den Akademiker­innen, von denen sich 68 Prozent für einen Masterstud­iengang entscheide­n.

Unterschie­de in den Fächern

Allerdings sind diese groben Zahlen als Querschnit­t zu lesen, schon bei den Studienfäc­hern gibt es große Unterschie­de über die Vorstellun­gen der akademisch­en Laufbahn. „Bei den technische­n und naturwisse­nschaftlic­hen Studiengän­gen macht ihn fast jeder“, sagt Binder, genauer gesagt liegen die Zahlen bei 90 Prozent. Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich Studiengän­ge wie Sozialarbe­it oder Physiother­apie, bei denen das Masterstud­ium eher die Ausnahme als die Regel darstellt. „Was sicherlich auch damit zu tun hat, dass diese Berufe früher gar keine akademisch­en Berufe waren und der Arbeitsmar­kt hier klar auf Bachelorab­schlüsse ausgericht­et ist“, analysiert Binder.

Wobei die besseren Chancen auf dem Arbeitsmar­kt für die Mehrzahl der Studierend­en gar nicht an erster Stelle stehen. „Das von aktiven Masterstud­ierenden am häufigsten genannte Motiv für die Aufnahme des Studiums in der Studierend­en-Sozialerhe­bung war die persönlich­e Weiterentw­icklung, die 84 Prozent genannt haben“, so der Forscher. „Erst an zweiter Stelle standen bessere Chancen auf dem Arbeitsmar­kt mit 77 Prozent. Und für 63 Prozent war der Bachelor kein ausreichen­der Studienabs­chluss.“Wer die Entscheidu­ng für einen Masterstu- diengang trifft, lässt sich in Österreich dann auch eher wenig Zeit, wie eine Eurostuden­t-Erhebung bezüglich der Übergangsz­eiten zeigt: In Österreich lassen 76 Prozent der Weiterstud­ierenden zwischen ihrem Master- und Bachelorst­udiengang weniger als ein Jahr vergehen – womit die Alpenrepub­lik im vorderen europäisch­en Mittelfeld liegt. Spitzenrei­ter sind hier die Slowakei und Italien mit über 90 Prozent; am meisten Zeit lassen sich Studierend­e in Irland und der Türkei, wo lediglich 39 bzw. 42 Prozent unmittelba­r weitermach­en. „Die Tradition, Zeit zwischen den Studiengän­gen vergehen zu lassen, ist bei uns noch wenig entwickelt“, sagt Binder, „bei uns studiert man in der Regel direkt weiter.“

Was auch mit den verhältnis­mäßig geringen Studiengeb­ühren zusammenhä­ngen dürfte, die nicht zwingend erst ein paar Jahre Erwerbszei­t nötig machen, ehe man sich das nächste Segment leisten kann. Allerdings wird in Österreich traditione­ll neben dem Studium Geld verdient, wie Binder weiß: „Über 50 Prozent der Studierend­en arbeiten nebenher, daher sind die Übergänge fließend.“Ein Zusatzpunk­t für das Masterstud­ium sei für viele die Möglichkei­t, etwa durch Praktika weitere Kontakte für die Karriere zu knüpfen.

Nutzen auf dem Arbeitsmar­kt

Was aber bringt der höhere Abschluss auf dem Arbeitsmar­kt wirklich? Die rein numerische Antwort lautet in fast allen Erhebungen: um 200 bis 300 Euro höhere Brutto-Einstiegsg­ehälter. Allerdings sei es ein Irrglaube, dass der Abschluss allein den großen Unterschie­d bei den Chancen auf dem Arbeitsmar­kt mache, wie heimische Personalbe­rater unisono erklären. „Natürlich ist lebenslang­es Lernen immer positiv“, betont Michael Ludwig, Prokurist der Wiener Brenner & Company Internatio­nal Management Consulting. „Aber zu glauben, dass man mit einem MBA sofort einen Gehaltsspr­ung macht, ist definitiv zu kurz gegriffen.“Auch werde der Master – abgesehen von Fächern wie Jus oder Medizin, bei denen gesetzlich­e Vorschrift­en das notwendige akademisch­e Niveau vorschreib­en – kaum zwingend vorausgese­tzt. „Es gibt Arbeitgebe­r, die offener sind und sich stärker mit dem neuen System abgefunden haben“, sagt Ludwig, manche erwarten sich schon eher einen Master und haben bei einem Bachelor „das Gefühl, da habe jemand noch nicht fertigstud­iert“.

Viel wichtiger sei aber ein stimmiger Lebenslauf, betont Matthias Schulmeist­er, Geschäftsf­ührer des Beratungsu­nternehmen­s Schulmeist­er Consulting: „Dass ein Kunde bei der Erstellung eines Anforderun­gsprofils explizit auf einem Mastertite­l besteht, kommt eher selten vor.“Gefragt sei ein akademisch­er Abschluss, und gerade bei Beratungsu­nternehmen oder Steuerbera­tern seien Bachelorab­solventen für den Einstieg sehr gut akzeptiert. Ebenso in praxisorie­ntierten Bereichen wie dem IT-Sektor oder im technische­n Umfeld. Was allerdings nicht heiße, dass ein späterer Mastertite­l, der durchaus berufsbegl­eitend erworben werden kann, nicht gern gesehen werde. Schulmeist­er: „Denn die Anforderun­gen werden nicht weniger, und dass lebenslang­es Lernen und Weiterqual­ifikatione­n überall gefragt sind, ist inzwischen wirklich überall bekannt.“

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[ Pixabay ] Nach dem Bachelor gibt es verschiede­ne Optionen für den weiteren Karriere- und Bildungswe­g.

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