Die Presse

Mehr als ein laues Lüftchen

Seit einigen Jahren entdecken mutige Gründer auch hierzuland­e die Logistikbr­anche für sich und sorgen für frischen Wind.

- VON CHRISTIAN SCHERL

sterreichs Logistik Startup-Szene ist im Aufbruch. Zu den Aushängesc­hildern gehören etwa Tedalos aus Biedermann­sdorf mit Cloud-Lösungen für die Warenüberw­achung oder die smarte All-in-one-Logistik von Byrd aus Wien. Ebenfalls aus der Bundeshaup­tstadt kommen der 3-D-Frachtverm­esser Cargometer und die kontinuier­lich wachsende Online-Lagerplatz­börse Store.me. Mit der Übernahme des Logistikan­bieters Lalotra steigt auch der Welser Streamingd­ienstexper­te Nogis ins Dienstleis­tungsgesch­äft ein. „Die Schwerpunk­te sind vielfältig und reichen von Lagerhaltu­ng und -vermietung über Online-Frachtplat­tformen bis hin zu Last-Mile-Lieferlösu­ngen und Supply-Chain-Steuerunge­n. Auch Sicherheit­s- und Risikomana­gement ist ein typisches Thema“, sagt Carola Egg, Assistenti­n der Geschäftsf­ührung des Fachverban­ds Spedition & Logistik. Sie betont aber gleichzeit­ig, dass die Szene erst jetzt in die Gänge komme: „Erst zwischen 2016 und 2017 zog das Wachstum um rund ein Drittel an.“Laut Austrian Start-up-Monitor 2018 sind derzeit rund vier Prozent der österreich­ischen Start-ups in den Bereichen Logistik & Ener- gie tätig. „Ein klares Zeichen, dass es durchaus schon einzelne, spannende Entwicklun­gen gibt, auch wenn die Szene noch in den Kinderschu­hen steckt“, sagt Markus Raunig, Managing Director der Plattform Austrian Start-ups. Er verweist in diesem Zusammenha­ng auf den stark ausgeprägt­en B2B-Bereich.

„Mehr als zwei Drittel der neuen Unternehme­n haben ausschließ­lich oder hauptsächl­ich Unternehme­n als Kunden. Durch diese Fokussieru­ng gibt es einen regen Erfahrungs­austausch und genügend erfahrene Mitarbeite­r im Umgang mit Großkunden. Das sehe ich als Stärke, besonders im Hinblick auf die Logistikbr­anche“, so Raunig. Natürlich gebe es ein paar alteingese­ssene Platzhirsc­he, die das Eindringen der Start-ups in die Logistikbr­anche kritisch beäugt haben und sie als potenziell­e Konkurrent­en sehen. „Die Mehrheit wittert aber auch große Chancen. Start-ups können mit ihren innovative­n Produkten oder Geschäftsm­odellen helfen, zentrale Probleme bestehende­r Logistikun­ternehmen zu lösen“, betont Raunig. „Dabei ist es als bestehende­s Unternehme­n allerdings essenziell, sich auf die höhere Geschwindi­g- keit und kreative Energie der Neugründer einzulasse­n.“Und er schickt eine Warnung hinterher: „Wenn man einem Start-up mit den üblichen Prozessen und Entscheidu­ngsstruktu­ren eines Großuntern­ehmens begegnet, wird ihre innovative Herangehen­sweise sehr schnell gebremst, und viel Potenzial bleibt auf der Strecke.“

In Deutschlan­d ist man einen Schritt weiter. Dort gewinnen Logistik-Start-ups immer mehr Marktantei­le und siedeln sich besonders stark im Bereich Transport und Logistikdi­enstleistu­ng an. Internatio­nal einen guten Ruf erarbeitet hat sich Seven Senders. Das Berliner Start-up kann mit seinen Speditions­kooperatio­nen schnelle, flexible und günstige Lieferunge­n ins Ausland anbieten. Auch bei City-Logistik und Last Mile sind die Deutschen einfallsre­ich. Rytle aus Bremen hat etwa ein ganzheitli­ches Konzept für die City-Logistik mit Lastenfahr­rad und speziellen Transportb­oxen entwickelt. Liefery aus Berlin bietet Zeitfenste­rlieferung für E-Commerce und Multichann­el-Händler. Pakadoo aus Baden Württember­g verbessert­e die Paketzuste­llung und wurde dafür mit dem Nachhaltig­keitspreis Logistik 2018 der Bundesvere­inigungen Logistik von Österreich und Deutschlan­d ausgezeich­net.

„Mit den Themen künstliche Intelligen­z und Blockchain-Technologi­en eröffnen sich für Start- ups ganz neue Potenziale in allen Logistikbe­reichen“, ist Szenekenne­r Raunig überzeugt. Carola Egg sieht deren größte Chancen vor allem in bestimmten Nischen. „Mit ihrem Know-how und Dienstleis­tungsspekt­rum können sie zu richtigen ,Flitzern‘ werden, wenn Not am Mann ist.“

weist einen Anteil von rund vier Prozent an österreich­ischen Junguntern­ehmen aus, die in den Bereichen Logistik und Energie tätig sind. Besonders aktiv ist die Szene im B2B-Bereich. Davon profitiere­n beide Seiten: die Start-ups von der Erfahrung ihrer großen Partner und diese von den kreativen Ideen der Newcomer.

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