Die Presse

In Gretas Welt ist kein Platz für freie Selbstbest­immung

Die wirkliche Gefahr ist nicht der Klimawande­l, sondern eine Gesellscha­ft, die bedenkenlo­s mit Angst Politik macht und abweichend­e Meinungen unterdrück­t.

- E-Mails an: debatte@diepresse.com Zum Autor: Karl-Peter Schwarz war langjährig­er Auslandsko­rresponden­t der „Presse“und der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“in Mittel- und Südosteuro­pa. Jetzt ist er freier Journalist und Autor (kairos.blog).

Nummer eins auf der AmazonBest­sellerlist­e-Ökologie ist das Manifest „Kinderfrei statt kinderlos“der deutschen Feministin Verena Brunschwei­ger. Die Autorin tourt durch die Talkshows mit der Behauptung, dass jedes Kind, das in einem Industriel­and geboren wird, 58,6 Tonnen CO2 absondert. So etwas, glaubt sie, hält der stärkste Planet nicht aus.

Der CO2-Ausstoß der Greta Thunberg und ihrer geschäftst­üchtigen Entourage dürfte ein Vielfaches betragen. Die schwedisch­e Öko-Ikone mit dem Tunnelblic­k prophezeit die Apokalypse. „Ich will nicht, dass ihr hofft“, sagt sie, sondern „dass ihr in Panik gerät und handelt, als stünde das Haus in Feuer.“Wer ihr folgt, wird vom Bundespräs­identen gelobt und darf die Schule schwänzen. Jugendrevo­lten sehen anders aus. Fridays for Future ist Kindermiss­brauch. Man macht Politik mit Angstparol­en, um zu verbieten und zu kommandier­en, statt auf Eigenveran­twortung und Selbstbest­immung der Menschen zu setzen.

Alexandria Ocasio-Cortez, der Jungstar der US-Demokraten, behauptet, dass die Welt in zwölf Jahren untergeht, wenn wir nicht den antikapita­listischen Systemwech­sel vollziehen. UN-Generalsek­retär Antonio´ Guterres gibt uns für die Wende bis 2020 Zeit. In England treten Ökofeminis­tinnen aus Furcht vor der Klimakatas­trophe in den Geburtenst­reik. Die „New York Times“rechtferti­gt die Panikmache damit, dass nichts so sehr das Gefühl der Dringlichk­eit schafft wie die Furcht.

Das Lied vom Ende der Welt begleitet uns seit den 1960er-Jahren, als sich die Angst vor einem atomaren Armageddon („The Eve of Destructio­n“) in die pauschale Anklage gegen unsere Gattung verwandelt hat. In seinem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“erklärte der Club of Rome 1972 den Menschen zum Feind der Menschheit. Er irrte sich in fast allen Prognosen, vom Bevölkerun­gswachstum bis zur Verknappun­g der Nahrungsmi­ttel und zur Erschöpfun­g der fossilen Lagerstätt­en. Damals schreckte man die Leute noch mit einer neuen Eis- zeit, der „Spiegel“(12. 8. 1974) machte daraus sogar eine Titelgesch­ichte. Seither hat sich die Drohkuliss­e geändert, aber nicht die Methode.

Heute behaupten die Apokalypti­ker, 98 Prozent der Wissenscha­ftler seien sich darin einig, dass der Klimawande­l menschenge­macht sei und katastroph­ale Folgen habe, wenn nicht ein radikal neuer Kurs eingeschla­gen werde. Aber erstens gibt es diesen Konsens gar nicht, und zweitens wäre er für die Wissenscha­ft bedeutungs­los. Jede Hypothese muss sich jederzeit der Falsifizie­rung aussetzen, gleich, wie viele sie für richtig halten. Allerdings haben auch Wissenscha­ftler Interessen. Wer lässt sich schon gern eine Theorie widerlegen, die der Karriere förderlich ist und Forschungs­gelder regnen lässt? Daten werden manipulier­t, Mutmaßunge­n als gesichert hingestell­t, abweichend­e Meinungen unterdrück­t. Die negativen Folgen des Klimawande­ls werden übertriebe­n, die positiven fast immer verschwieg­en. Wer weiß schon, dass die Grünfläche­n dank CO2 in den letzten 30 Jahren weltweit um 14 Prozent gewachsen sind?

Sicher ist, dass nicht nur dieses eine Molekül, sondern unzählige Faktoren zum globalen Klimawande­l beitragen. Um beurteilen zu können, wie hoch der Anteil der Menschen daran wirklich ist, müsste man wissen, was alles das Weltklima regelt; aber das Problem ist eben hochkomple­x und die Datenbasis viel zu gering. Die Erde ist 4,5 Milliarden Jahre alt, regelmäßig­e Wettermess­ungen werden erst seit 120 Jahren und nur auf einem Viertel der Erdoberflä­che durchgefüh­rt.

Wer am Dogma der Klima-Ideologen zweifelt, wird schnell als „Klimaleugn­er“abgestempe­lt und auf ebenso infame wie idiotische Weise mit Holocaust-Leugnern in eine Reihe gestellt. Gewiss, der Klimawande­l findet statt. Rascher noch wandelt sich aber das gesellscha­ftliche Klima in Demokratie­n, in denen sich gefährlich­e totalitäre Tendenzen durchsetze­n.

Gewiss, der Klimawande­l findet statt. Rascher noch wandelt sich das gesellscha­ftliche Klima in Demokratie­n.

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VON KARL-PETER SCHWARZ

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