Wie Österreich von der Seidenstraße profitiert
China. Die Staatsreederei Cosco, die am griechischen Hafen Piräus beteiligt ist, könnte sich auch in Kärnten einkaufen. Im April reist eine Delegation aus Wien nach Peking.
Wien. „Was Kaiser Karl VI. vor 300 Jahren erkannte, hat auch heute für Kärnten und Triest als Tor Europas in die Welt große Bedeutung“, lobte Kärntens Landeshauptmann, Peter Kaiser, diese Woche den Weitblick des Habsburger-Herrschers. Der SPÖ-Politiker hat dabei Hintergedanken: Just im Jubiläumsjahr des stärksten Hafenstandorts Italiens wird Triest wieder zu einem Baustein in einem geostrategischen Spiel. Verwickelt sind nicht nur Österreich und Italien, sondern auch ein modernes Riesenreich: China.
Im Rahmen der Italien-Reise von Xi Jinping will Rom seine Beteiligung an dem Prestigeprojekt des Staats- und Parteichefs, der sogenannten Seidenstraßeninitiative, vertraglich besiegeln. Die Regierung in Rom riskiert damit ein Zerwürfnis mit Brüssel, das einen Ausverkauf strategischer Infrastruktur und politische Einflussnahme befürchtet: Es geht um die Frage, wo in Europa künftig der Warenverkehr mit China abgewickelt werden wird. Im niederländischen Rotterdam, im deutschen Hamburg, im griechischen Piräus – oder eben in italienischen Häfen.
Und so hat sich Österreichs südlichstes Bundesland früh in Stellung gebracht: „Wenn wir als Land Kärnten profitieren können, sehen wir solche Investitionen grundsätzlich positiv“, heißt es aus dem Büro von Peter Kaiser. „Natürlich muss man solche Kooperationen genau prüfen.“Kärnten will sich als Handelsdrehscheibe etablieren – weit über den Alpe-AdriaRaum hinaus. Im Zentrum der Pläne steht das „Logistic Center Austria South“in der Gemeinde Fürnitz, wenige Kilometer südwestlich von Villach.
Kärnten als China-Drehscheibe
Auf Betreiben Kärntens soll zwischen dem Logistikzentrum und dem Hafen von Triest ein Zollkorridor entstehen. Waren, die in Triest ankommen, sollen direkt in Züge verladen und auf dem Weg nach Österreich verzollt werden. Die Verteilung in den Rest Europas soll erst in Kärnten erfolgen. So könnten Logistiker Zeit sparen, und der Hafen von Triest wird entlastet. Eine maßgebliche Rolle spielt die Rail Cargo Group. Sie soll das Logistikzentrum betreiben. 45 Prozent des Warenverkehrs von und nach Triest werden bereits von der ÖBB-Tochter abgewickelt.
Als Vorbild dient Kärnten Europas größter Trockenhafen, das deutsche Duisburg. Die ehemalige Stahlhochburg vermarktet sich erfolgreich als Endpunkt für die chinesische „Belt and Road“-Initiative in Europa. Auch das durch die Hypo-Pleite angeschlagene Bundesland hofft auf einen Wirtschaftsaufschwung, wenn mehr Züge mit chinesischen Waren durch die Bahnhöfe rollen. Dem Vernehmen nach hakt es derzeit aber am Willen der Italiener.
Klagenfurt umwirbt jedenfalls bereits chinesische Firmen: So laufen derzeit Gespräche mit der staatlichen Reederei Cosco. Der chinesische Mehrheitseigentümer des Hafens von Piräus könnte Grundstücke im Logistikzentrum erwerben oder sich dort einmieten, heißt es aus der Landesregierung.
Kärnten eifert Duisburg noch in anderer Hinsicht nach: Pörtschach will sich als digitaler Vorreiter positionieren. Die Stadt am Wörthersee kooperiert mit dem Netzwerkausrüster ZTE, um die Stadt zu einer sogenannten Smart City zu machen. Ebenso wie Huawei war ZTE zuletzt in Verruf geraten: Kritiker warnen, dass die Tech-Firmen von Peking kooptiert werden könnten. Zudem offenbaren die Kooperationen ein weiteres Kalkül hinter der chinesischen Infrastrukturoffensive. Peking will, dass seine Firmen bei der Ausbreitung neuer Technologien international führend sind.
Neuer Panda für Schönbrunn
Daher ist die Klagenfurter Initiative bei chinesischen Vertretern in Österreich gern gesehen. Interesse hat China auch, ein anderes Infrastrukturprojekt als Teil der Seidenstraßeninitiative zu vermarkten: Die Verlängerung der russischen Breitspurbahn vom slowakischen Kosiceˇ nach Wien. Sie soll den schnellen Warentransport über Zentralasien nach Mitteleuropa ermöglichen. Mit einer Fertigstellung wird erst 2030 gerechnet. Bis dahin soll an anderen Schrauben gedreht werden, um die Transportzeit von China nach Österreich auf zehn Tage zu reduzieren, etwa an der Zollabwicklung.
Österreich sei ein „First Mover“in Sachen Seidenstraße, meinte Verkehrsminister Norbert Hofer während des Staatsbesuchs in Peking, als er ankündigte, das Projekt vorantreiben zu wollen. Im Gegensatz zu Italien will sich Österreich aber keinen Zwist mit Brüssel erlauben. Dem Vernehmen nach fährt zwar im April eine hochrangige Regierungsdelegation nach Peking, um an dem zweiten „Belt and Road“-Forum teilzunehmen. Doch soll dort lediglich ein Kommunique´ und kein bindender Vertrag zu dem Megaprojekt unterzeichnet werden.
Dass der Tiergarten Schönbrunn kurz vor der Reise einen neuen Panda erhalten soll, ist wohl kein Zufall. In Sachen Tierdiplomatie weiß Peking zu punkten.