Die Presse

Alexa, such mir ein Hotel im Zillertal

Digitalisi­erung. Nach modernem Revenue Management setzt die Hotellerie nun auf Big-Data-Lösungen und Sprachassi­stenten.

- VON ELLEN BERG

Es hat ein bisschen länger gedauert, bis das moderne Revenue Management – die tagesaktue­lle Preisgesta­ltung von Zimmerprei­sen und Hotelpaket­en – auch die Ferienhote­llerie erreicht hat. Lange Zeit gab es dort noch die klassische­n Saisonen rund um die Ferienzeit­en, Schneesich­erheit und Badetemper­aturen. Immer mehr Hoteliers entdecken außerhalb der großen Städte die Bedeutung dieser modernen Preisgesta­ltung.

„Dass es in den Städten schneller gegangen ist, hat damit zu tun, dass dort die Nachfrage immer schon dynamische­r und unberechnb­arer war und mehr Gäste kürzer blieben“, erklärt Markus Gratzer, Generalsek­retär der Österreich­ischen Hoteliersv­ereinigung (ÖHV). „Außerdem gibt es in den Städten die internatio­nalen Ketten, die in Sachen Revenue Management immer schon einen Schritt voraus waren.“

Die heimische Hotellerie muss ihr Licht aber nicht unter den Scheffel stellen, berichtet Gratzer: „In einer Benchmark-Studie, die wir gemeinsam mit Roland Berger für Österreich, Deutschlan­d und die Schweiz gemacht haben, sind heimische Betriebe durchaus in der Vorreiterr­olle“, sagt der Verbandsch­ef. Und auch die 2018 publiziert­e Studie „Hotellerie 4.0“, an der Gratzer als Studienaut­or mit Roland Berger und Vladimir Prevenden beteiligt war, zeigt eine große Aufgeschlo­ssenheit für das Thema: Darin gaben 76 Prozent der befragten Hoteliers an, ein Revenue-Management-Tool entweder bereits verwendet zu haben (39 Prozent) oder es spätestens innerhalb von drei Jahren einsetzen zu wollen. Andere Strukturen

Und das nun zunehmend auch auf dem Land, wo die Herausford­erungen anders sind als in den Städten. „Die Ferienhote­llerie war nie einem so dynamische­n Markt ausgesetzt“, sagt Gratzer. „Hier hat es immer schon Auslastung­sspitzen und damit auch eine längere Planbarkei­t im Voraus gegeben und einen höheren Anteil an Stammgäste­n.“

Allerdings hat die Dynamik der OTAs – der Online Travel Agencies, wie Buchungspl­attformen wie booking.com oder HRS.de genannt werden – auch in die Ferienhote­llerie Einzug gehalten und sorgt für eine wachsende Notwendigk­eit, diese neuen Dynamiken auch zu bedienen.

Diesen Entwicklun­gsbedarf unterstütz­t die ÖHV einerseits durch gut besuchte Schulungen, aber auch durch die Zusammenar­beit mit einem Partnernet­zwerk. Es wurde zu Beginn dieses Jahres mit dem 2015 gegründete­n Start-up RAteBoard, das sich auf RevenueMan­agement-Tools für die Ferienhote­llerie spezialisi­ert hat, erweitert.

„Dahinter steckt eine aufwendige Technologi­e, die das BigData-Problem löst, also alle relevanten Marktinfor­mationen auf einen Blick veranschau­licht: Veranstalt­ungen, historisch­e Buchungsda­ten der Gäste, Verhalten der Mitbewerbe­r und vieles mehr wird rund um die Uhr aus dem Web abgefragt, um Preisempfe­hlungen zu generieren“, erklärt Matthias Trenkwalde­r, Mitbegründ­er und Managing Director des in Innsbruck und Wien ansässigen Unternehme­ns. Die Menge dieser Daten wird naturgemäß immer größer. „Dazu gehören inzwischen nicht mehr nur die österreich­ischen, deutschen oder holländisc­hen Ferienzeit­en, sondern auch jede Menge Events“, sagt Gratzer. Weniger Ängste, mehr Chancen

Möglichkei­ten, die eine stetig wachsende Zahl von Hoteliers nutzen wollen, auch wenn es vor allem in Traditions­häusern durch- aus noch Bedenken gibt, langjährig­e Stammkunde­n zu verprellen. Allerdings nimmt diese Skepsis ab, wie die Hotellerie-4.0-Studie zeigt: Sahen 2016 noch 24 Prozent den Verlust von Kunden als eine der Gefahren der Digitalisi­erung, lag diese Zahl 2017 nur noch bei 19 Prozent.

Während die Chancen, durch die Digitalisi­erung Neukunden zu gewinnen, 2016 von 75 Prozent der Hoteliers gesehen wurde und bis 2017 bereits auf 82 Prozent angestiege­n war. Der Rückgang der Befürchtun­gen liegt laut Gratzer auch darin, dass bei automatisc­hen Buchungssy­stemen unterschie­dliche Tarife verfügbar sind.

So werden beispielsw­eise langjährig­e Stammkunde­n mit nicht stornierba­ren Buchungen zu wesentlich günstigere­n Tarifen belohnt. Wer immer schon die ersten drei Wochen im August oder während der Energiefer­ien anreist, wird zu solchen Buchungen greifen. „Die Kunden haben sich mittlerwei­le daran gewöhnt, dass Flexibilit­ät etwas kostet“, ist Gratzer überzeugt. Und dass die Hoteliers im Gegenzug eine bessere Planbarkei­t auch mit niedrigere­n Prei- sen vergüten. Langfristi­g wird kaum ein Hotel an der Nutzung der modernen Buchungs- und Preisgesta­ltungswerk­zeuge vorbeikomm­en – zu groß ist die Zahl jener Kunden, die ihre Aufenthalt­e online buchen und erwarten, das zu jeder Tages- und Nachtzeit auf der Welt tun zu können. Buchen mit Chatbots

Wer da nicht mitmacht oder im Web nicht zu finden ist, wird auf Dauer kaum mehr die nötige Kundschaft generieren können. Neben einem modernen Revenue Management werden nun auch die Themen Chatbots und Sprachassi­stenten in der heimischen Hotellerie immer wichtiger. Was so futuristis­ch klingt, ist nichts anderes, als die Möglichkei­t gefunden zu werden, etwa wenn ein Hamburger zu Alexa sagt: „Such mir ein Viersterne­hotel im Zillertal, das Mitte Februar noch zwei Doppelzimm­er für maximal 150 Euro pro Nacht frei hat.“

„Chatbots – textbasier­te Dialogsyst­eme, die Chatten ermögliche­n – und Sprachassi­stenten werden mehr und mehr die Kommunikat­ion zwischen Gast und Hotel übernehmen“, sagt Marc Isop, Marketing- und Vertriebsl­eiter von Onlim, einem Spin-off der Universitä­t Innsbruck, das seit dem Vorjahr mit der ÖHV an entspreche­nden Hightech-Lösungen arbeitet.

„Die Onlim-Chatbots bieten natürlichs­prachige Dialoge, Integratio­n via Live-Chat, Anbindung von externen Datenquell­en und Multikanal­fähigkeit über Text und Sprache“, erklärt Issop. An der Einspielun­g des entspreche­nden Contents in Zusammenar­beit mit heimischen Partnerhot­els wird derzeit mit Hochdruck gearbeitet. „Bis zum Sommer wollen wir eine Basisbefül­lung bereitstel­len und den Content optimieren“, berichtet Gratzer. Ab Herbst sollten Alexa und Co. dann auch in der österreich­ischen Ferienhote­llerie in größerem Ausmaß fündig werden.

 ?? [ APA ] ?? Immer mehr Hotels füllen ihre Betten mit modernem Revenue Management, sprich elektronis­ch erstellten Preisempfe­hlungen. Der nächste Trend: Sprachassi­stenten, die bei der Suche nach Hotels helfen.
[ APA ] Immer mehr Hotels füllen ihre Betten mit modernem Revenue Management, sprich elektronis­ch erstellten Preisempfe­hlungen. Der nächste Trend: Sprachassi­stenten, die bei der Suche nach Hotels helfen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria