Wenn der Gast selbst mit Hand anlegt
Immer mehr neue Häuser verwöhnen mit tollem Design, der Gast muss aber auch immer mehr selbst erledigen. Grund: der Trend zum Sparen.
Die Tiefgarage zum neuen Designhotel im Stadtzentrum im Tiroler Unterland war an einem späten Sommerabend dank großzügiger Beschilderung nicht schwer zu finden. So war das auch mit den reservierten Parkplätzen direkt beim Lift. Aber die Klingel zur Rezeption, die den Lift zum Ziel freigibt, läutete minutenlang ohne Reaktion. Am Ende blieb als Alternative zur lauen Herbstnacht im Souterrain nur noch der abendliche Fußmarsch samt Gepäck durch die Garage und rund um den Block. Die Ursache für den Umweg wurde den Gästen bald klar: Eine einzige Person war hier in Personalunion als Barkeeper und Rezeptionistin im Einsatz und gerade an der Bar in ein Gespräch vertieft.
Überraschend sind solche Erlebnisse nicht. Der akute Personalmangel in der Hotellerie ist ein Grund, warum sich gerade neue und eher zeitgeistig orientierte Hotels auf etwas andere Servicekonzepte einlassen und mit minimalem Personaleinsatz arbeiten. Mit anderen Worten: Hotels werden immer schöner, aber auch arbeitsintensiver für den Gast.
Die Zimmer sind knapp bemessen, die Betten mögen etwas schmal sein, dafür aber mit Boxspringmatratzen ausgestattet. An der erfrischend kolorierten Wand klebt der obligate Flachbildschirm, im engen Badezimmer rinnt das Wasser aus eleganten Mischbatterien. Die optische Innovation geht freilich einher mit einem unübersehbaren Trend zur Sparsamkeit. Im Tourismusbarometer, bei dem die Österreichische Hoteliervereinigung ÖHV zusammen mit dem Beratungsunternehmen Deloitte mehr als 200 Unternehmer befragt hatte, gab knapp ein Drittel an, das Angebot wegen nicht besetzter Stellen zu reduzieren.
Eine im mittleren Preisbereich beliebte Methode ist der Einsatz von Selbstbedienungskaffeemaschinen. Die einen mögen sie, weil man sich flexibel frischen Kaffee holen kann, die anderen sind genervt wegen der Geräuschkulisse und wegen der Unruhe durch ständig hin und her laufende Gäste. Vor allem etablierte Häuser bieten optional auch den klassischen Service an. Eine andere Idee praktizieren die Explorer Hotels, eine bayerische Gruppe mit mehreren Häusern in Tirol. Da darf sich der Gast bei der Eierbratstation selbst das Rührei zubereiten. Immer häufiger werden auch die Terminals zum Self-Check-in. Vor allem neue Low-Budget-Hotels wie die Orange Wings Hotels arbeiten gern mit den rund um die Uhr verfügbaren Automaten, bei denen nach Eintippen des Codes aus der Onlinereservierung die Zimmerkarte ausgespuckt wird. Das persönliche Auschecken entfällt ebenfalls. Die Karte wird ungültig, die Kosten werden per Kreditkarte abgerechnet. Probate Sparmaßnahmen in der Economy-Klasse sind auch Getränke- und Snackautomaten auf dem Flur anstelle einer Hotelbar. Noch weiter gehen da die EEE Hotels in Oberösterreich. Dort sind außer den NespressoMaschinen in den Zimmern und Appartements keinerlei gastronomische Offerte verfügbar. Fürs Frühstück empfiehlt man die benachbarte Tankstelle.
Der Trend zu mehr Eigenleistung wird sicher zunehmen“, sagt ÖHV-Sprecher Martin Stanits, „allerdings hat das mit der klassischen Hotellerie wenig zu tun“. Erfolgreiche Konzepte wie Motel One haben hier den Weg geebnet. Vor allem von jüngeren Gästen wird es leichter hingenommen, dass man sich selbst versorgen muss. Sogenannte Automatenhotels ohne Personal wie das Towerhotel in Waldkirch in der Schweiz, die französische Hotel-F11-Gruppe von Accor und die finnischen Omena Hotels sind schon seit einigen Jahren etabliert. In der klassischen Hotellerie vertraut man auf andere Maßnahmen, um das Personal- und Kostenproblem zu lindern, tendieren die Betriebe eher dazu, mehr Schließtage einzuführen.
Schaut man sich auf den Hotelportalen um, dann gibt es durchaus noch Akzeptanzprobleme. „Das Frühstück mit kompletter Selbstbedienung ist gewöhnungsbedürftig. Kaffee sollte doch besser serviert werden“, schreibt ein Kunde eines neuen Design- und Budget-Hotels nahe Schönbrunn. Ein Gast eines vollautomatischen Hotels bemängelte: „Es gibt keine Rezeption. Das wurde mir zum Verhängnis, da ich ein Zimmer direkt auf die am Hotel vorbeiführende Schnellstraße hatte.“Typisch für diese Häuser ist: Wenn alles funktioniert, sind die Gäste zufrieden, wenn es ein Problem gibt, ist der Gast oft machtlos.