Drinks vom Roboter, Schlüssel per App
Wer im Hotel mit niemandem sprechen möchte, kann das immer öfter weitgehend vermeiden: mit Apps, die das Ein- und Auschecken und die Zuweisung des Zimmers ermöglichen, oder Robotern, die Getränke liefern.
Auf das, was die eine Hälfte der Hotellerie und der Gäste als das Alpha und Omega des Gastgebens betrachtet, kann die andere Hälfte in immer mehr Bereichen gut verzichten: den persönlichen Kontakt.
Den Millennials wird ja grundsätzlich nachgesagt, dass sie lieber mit ihrem Smartphone kommunizieren als mit einem Fremden. Und wenn das auch ein Klischee sein mag, so nimmt die Bedeutung der persönlichen Betreuung zumindest in einem Teil der Beherbergungsindustrie weiter ab.
Schon lang bieten die großen internationalen Hotelketten wie Marriott, Hilton und Co. eigene Hotel-Apps, die vor allem von jenen Gästen, die Mitglieder des jeweiligen Treueprogramms sind, gern genutzt werden. Auch auf der ITB in Berlin, der größten Reisemesse im deutschsprachigen Raum, wurde diesem Thema mit dem Hospitality Tech Forum ein eigener Bereich gewidmet, in der die jüngsten Entwicklungen vorgestellt und diskutiert wurden – darunter das Thema Roboter in der Hotellerie, die laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“(„FAZ“) nicht mehr überall nur Zukunftsmusik sind (siehe auch Seite F15).
So begrüßen nach Angaben des deutschen Blatts im Henn-naHotel im japanischen Sasebo schon heute Dinosaurier statt einer Empfangsdame die Gäste. Und auch im deutschsprachigen Raum wird die Zahl der klassischen Rezeptionisten wohl langfristig nicht mehr steigen.
Denn was diese außer einem freundlichen Willkommen technisch bisher getan haben – Namen und Daten der Gäste registrieren, die Zimmernummer bekannt geben und den Schlüssel aushändigen –, können Apps inzwischen genauso gut. Und noch mehr. So können die Gäste im Wiener Marriott seit Mitte März mobil einund auschecken. Mit der neuen App und dem frisch gelaunchten Bonvoy-Programm, das mit Februar diesen Jahres das einstige Marriott-Rewards-Programm abgelöst und mit den Treueprogrammen der Ritz-Carlton- und StarwoodGruppe fusioniert wurde, lässt sich fast alles mobil von unterwegs regeln – angefangen von den Zimmerzuweisungen per Reservierungsnummer, Upgrade für Statuskunden inklusive, über das Aufladen des mobilen Schlüssels, dessen QR-Code dann das Lesegerät an der Zimmertür erkennt. Zur Ritz-Carlton- und Starwood-Gruppe gehören übrigens unter anderen die Sheraton-Häuser, WestinHotels und Le Meridiens. In Wien muss man sich – entsprechend den europäischen Standards – noch kurz an der Rezeption ausweisen, ehe der Schlüsselcode freigeschaltet wird.
Andere Wartezeiten fallen mit den neuen Systemen aber weg, weil der Satz „Es tut uns leid, aber Ihr Zimmer ist noch nicht fertig“der Vergangenheit angehört: Ist das Zimmer bezugsbereit, schickt die App eine Nachricht auf das Smartphone – auch dann, wenn es eigentlich noch gar nicht Checkin-Zeit ist.
Außerdem weist die App per Maps oder Waze den Weg, benachrichtigt den Reinigungsdienst, wenn man statt eines gemachten Betts lieber Bonuspunkte hätte – oder ruft auf Wunsch bei der Rezeption an, falls man doch mit einem Menschen aus Fleisch und Blut sprechen möchte. Angebote, mit denen die Marriott-Gruppe, die mit ihren unzähligen Marken einer der beiden Big Player im internationalen Hotelgeschäft ist, aber nicht allein steht: Auch die Hilton-Gruppe – mit unter anderen den Conrad-Hotels, WaldorfAstoria- oder Embassy-SuitesHäusern der größte Mitbewerber – bietet längst eine eigene App an, mit der sich die Buchungen und Vorgänge abwickeln lassen.
Pionier der heimischen Szene ist auf diesem Gebiet das Hotel Schani am Hauptbahnhof, das seit 2015 seinen Gästen digitale Ein- und Auscheck-Möglichkeiten anbietet und das erfolgreiche Konzept seit Ende vergangenen Jahres auch im frisch eröffneten zweiten Haus auf der Mariahilfer Straße umsetzt.
Geschäftsführer Benedikt Komarek war vor vier Jahren mit dem Plan angetreten, Abläufe in der Wiener Hotellerie aufzubrechen und sich dabei an der Flugbranche zu orientieren. Das habe recht bald funktioniert, berichtet Komarek: „Die Gäste haben dieses System schnell angenommen, und es hat sich mit der Zeit weiter gesteigert“, sagt der Hotelier.
Denn die Schani-App hilft – wie alle Hotel-Apps – nicht nur den Gästen dabei, online ein- und auszuchecken, zu wissen, wann ihr Zimmer fertig ist und den Schlüssel aufs Handy zu bekommen. Die App erlaubt zudem dem Hotelier, das Buchungsverhalten zu steuern, etwa indem er seinen Gästen bestimmte Zuckerln zukommen lässt. So dürfen jene Kunden, die direkt buchen und nicht über ein Portal, sich auf dem Lageplan des Hauses ihr konkretes Zimmer aussuchen, so es denn verfügbar ist.
„Davon machen mehr als 80 Prozent der Kunden, die diese Möglichkeit haben, Gebrauch“, sagt Komarek. All diese Angebote sind allerdings – zumindest bisher im Schani wie in den internationalen Ketten – kein Muss: „Wer persönlich einchecken möchte, kann das selbstverständlich gern tun und bekommt dann eine ganz reguläre Zimmerkarte“, betont Komarek. Ein „Automatenhotel“sei man dadurch nicht geworden: „Bei uns hat der Rezeptionist einfach mehr Zeit, um den Gästen beispielweise Restaurantempfehlungen oder Museumstipps zu geben.“
Bei einigen anderen Dienstleistungen wird es diese Wahlmöglichkeiten in der ferneren Zukunft aber nicht mehr geben. So berichtet die „FAZ“von „Jeeves“, einem Konzept des Münchner Gründers Jo- hannes Fuchs, der das Zimmerservice zumindest in Sachen Getränke technisch revolutionieren will. Das beginnt bereits bei der Minibar. Diese sei ein Auslaufmodell, so der Gründer gegenüber der Zeitung, „viele Hotels halten es für zu aufwendig, diese zu bestücken“. Außerdem sei die ökologische Bilanz der Minikühlschränke zweifelhaft und ihre Popularität bei den Gästen überschaubar, weil sich meist das, was man wirklich möchte, nicht darin findet – oder wenn doch, in zu kleiner Anzahl.
Fuchs stellt daher die Frage, warum es in jedem Zimmer eine Minibar geben müsse, wenn man doch stattdessen eine solche durch die Gänge fahren lassen könnte – ähnlich wie die Snack-Wagen in Zügen. „Jeeves“nennt er sein Konzept oder, genauer, den Roboter seines Start-ups Robotise, das er aus einem Universitätsprojekt heraus gegründet hat.
„Jeeves“sieht aus wie eine fahrende Kommode, arbeitet mit einem Lasersensor und einer 3-D-Kamera, den Aufzug bedient er über das Hotel-WLAN und kann von den Hotels gemietet werden. Und ist bereits im Einsatz: In den Gängen der Münchner Hotels Rilano und Nyx ist die rollende Getränkekommode in den Gängen unterwegs.
In Wien hat man einen Testroboter erst einmal wieder zurück ins Labor geschickt: Der SchaniBot wurde nach einer zweimonatigen Testphase für noch nicht gut genug befunden. Eigentlich war er dafür konzipiert, in der Hotellobby gängige Gästefragen zu beantworten, hat sich dabei aber noch nicht so bewährt wie erhofft: „Er war uns noch nicht klug genug“, beschreibt Schani-Marketingleiterin Anita Komarek den Grund für seine Rückkehr ins Labor.
Was allerdings nicht heißt, dass die Idee des Schani-Bots aufgegeben wurde. Im Gegenteil: „Wir sind jetzt auf der Suche nach einer besseren Lösung“, sagt Komarek. Und in nicht allzu ferner Zukunft wird man dann auch in Wien von einem klügeren Roboter Antworten und/oder Getränke bekommen können.