Ganz nah am Gast: Duftende Gels und Öle
Immer häufiger setzen Hoteliers auf eigene, speziell entwickelte, möglichst biologische Duftmarken, die die Gäste sowohl an das Haus als auch an die Natur erinnern, in der die Zutaten gediehen sind.
So nah kommt nur wenig an den Gast: Die Produkte in den Kosmetik-Kits des Badezimmers kommen so unmittelbar mit den Gästen in Berührung wie sonst nur der Kopfpolster und das Essen – und immer mehr Hotels machen sich Gedanken darüber, was sie in die kleinen Flaschen und Tuben füllen, die ihre Gäste am Ende des Tages dort vorfinden.
Auch wenn das Design toll, die Teppiche dick und die Buffets üppig sind – mit einem Duschgel vom Diskonter lässt sich zumindest in der Hotellerie ab vier Sternen aufwärts kein Staat mehr machen. Zumal in Zeiten, in denen immer mehr Gäste nicht nur etwaiger Allergien wegen darauf achten, chemische Zusatzstoffe in der Kosmetik weitestgehend zu vermeiden.
Außerdem bringen gute Produkte auch noch angenehme Nebenwirkungen mit sich, etwa, wenn die Gäste diesen ganz besonderen Geruch mit schönen Urlaubserinnerungen verbinden und damit das Hotel das Bestücken der Bäder auch gleich mit einem Duftmarketing verbinden kann. Eine Wirkung, auf die man beispielsweise im Naturhotel Forsthofgut in Leogang setzt, wo seit Kurzem die eigens für das Haus zusammengestellte Privatmischung der Wiener Saint-Charles-Apotheke in den Gästebädern zu finden ist.
Das Fünf-Sterne-Wellnesshotel lockt seine Gäste mit viel Natur – vom Bio-Badesee bis zum Design-Wald-Spa samt IndoorWald, Altholz-Außensauna und Felsendusche, gespeist aus der hoteleigenen Quelle – und wollte diese auch in den Kosmetikprodukten wiederfinden. „Unsere Produkte sollten nach einem Waldspaziergang riechen“, berichtet Marketingleiterin Jaqueline Hanser. „Dafür haben wir nach einem österreichischen Unternehmen gesucht, das Naturkosmetik erzeugt und dessen Werte mit unseren übereinstimmen.“Überzeugt hat das Management schließlich das Konzept der Saint-Charles-Apotheke. Gemeinsam entwickelte man eine Privatmischung, die all diesen Vorgaben entsprach. „Eher herb und nicht fruchtig“, lautete laut Hanser die Vorgabe. Herausgekommen ist dabei eine Mischung regionaler ätherischer Öle aus Latschenkiefer, Basilikum oder Wacholder aus kontrolliert biologischem Anbau, die den Duft der Leoganger Berge und frischer Kräuter verströmt. Das Aroma findet sich in allen Seifen, Duschgels, Shampoos und Conditioners in den Zimmern sowie im hauseigenen Spa.
„Wir bekommen in unseren Fragebögen sehr positive Rückmeldungen“, sagt Hanser. Zwar gebe es einige, denen die Produkte zu stark riechen; das Gros der Gäste schätze es aber, dass der Geruch des Waldes im ganzen Haus zu finden ist. Und viele wollen diesen Duft nach Natur, Urlaub und Entspannung dann gleich mit nach Hause nehmen, weshalb der „Forsthofgut-Duft“auch im Hotel verkauft wird.
Ist die Entwicklung einer eigenen Pflegelinie nicht recht kostspielig? „Uns ist Qualität wichtig, wenn ich etwas Gutes suche, muss ich dafür auch Geld in die Hand nehmen“, sagt Hanser. Außerdem helfen die Produkte, sich vom Mitbewerb abzuheben, und dienen nebenbei auch als Branding-Maßnahme.
Da nur wenig so direkt auf unsere Sinne wirkt wie Düfte, setzen immer mehr Hotels in Österreich auf eigene Duft-Marketing-Konzepte.
Auch im Boutique-Hotel Wiesergut in Hinterglemm ist man bereit, für „Nebenwirkungen“ein wenig mehr Geld auszugeben. Hier finden sich seit Dezember Badesalze, Handseifen, Shampoos, Conditioner, Duschgels und Bodylotions in den Gästebädern, die Inhaber Josef Kröll gemeinsam mit Wolfgang Lederhaas, Inhaber des gleichnamigen Wiener Skincare-Unternehmens, speziell für das Wiesergut entwickelt hat.
Wichtig ist dem Hotelier, der nebenberuflich Landwirt ist, vor allem die Qualität der Produkte, die mit diversen Zertifikaten ausgezeichnet wurden und sowohl biologisch als auch vegan hergestellt werden. Natürlich auch der Duft, den der Wiener Produzent für das Pinzgauer Haus zusammengestellt hat: „Herr Lederhaas hat ein sehr ausgeprägtes Gespür für Gerüche und ein einzigartiges Ergebnis speziell für das Wiesergut erzielt“, schwärmt der Hotelier von der Komposition aus Lindenblüten- und Holundersaft-Extrakten, Sonnenblumen- und Aprikosenkernöl sowie Apfelsaft.
Der Lederhaas’sche Duft regt manchen Gast auch hier dazu an, die Produkte im Hotelshop gleich für daheim zu erstehen: Das ReiseKit enthält 50-Milliliter-Flaschen mit Bodylotion, Duschgel, Sham- poo und Conditioner. Für die Zukunft denkt man bei Lederhaas auch schon darüber nach, die Produkte anderen Hotelpartnern zum Weiterverkauf anzubieten.
Die absolute Pionierin auf diesem Gebiet ist allerdings fraglos die Österreicherin Susanne Kaufmann, die den Trend bereits vor 15 Jahren begründete und deren Kosmetiklinien derzeit in fast 50 österreichischen Häusern zu finden sind. Mit dem Thema Hotelkosmetik setzte sich die Hotelierin, die vor 25 Jahren das Familienhotel Post Bezau im Bregenzerwald in fünfter Generation übernahm, schon früh auseinander. Sie war eine der Ersten, die sich auf die Suche nach Natur- produkten begab, aber nicht nur hauseigene. „Damals haben wir beispielsweise Produkte von Estee´ Lauder oder La Roche-Posay verwendet“, berichtet Hoteldirektorin Stephanie Rist. Kurz darauf begann Kaufmann, ihre eigene Produktlinie zu entwerfen, „die in Glascontainer abgefüllt wurde und sich plötzlich nicht mehr klebrig anfühlte“, erinnert sich Rist. Das Produkt stieß bei bei den Gästen schnell auf Gegenliebe und ließ sich auch außerhalb gut verkaufen, war allerdings nicht für alle Hoteliers leistbar.
Weshalb vor zehn Jahren die etwas günstigere Linie Herbal Treats by Susanne Kaufmann entwickelt wurde, die zwar ebenso chemiefrei und natürlich produziert wird, allerdings auf einige teure Wirkstoffe wie beispielsweise Seide verzichtet. Beide Serien werden in die heimische und internationale Hotellerie verkauft. Eigene Düfte werden für andere Häuser nicht kreiert, lediglich bei großen Aufträgen werden die Verpackungen gebrandet. Das macht die Herbal-TreatsLinie auch für Häuser mit weniger als fünf Sternen leistbar: „Eine 250-Milliliter-Flasche in der Wandhalterung kostet 20 Euro, ein Set aus kleinen Flaschen sechs Euro“, verrät sie, was Hoteliers für die Basisausstattung aus Seifen, Haarund Körperpflegeprodukten investieren müssen.
Natürliche Kosmetikprodukte machen aber nicht nur die Gäste glücklich, sondern auch die heimischen Hoteliers, weiß Rist. „Immer mehr legen Wert auf Nachhaltigkeit und Natur und wissen es zu schätzen, dass wir beispielsweise chemische Tenside vermeiden“, weist sie auf die Marketingkapazität der natürlichen Produkte hin.
Wie groß all diese Effekte sind, lässt sich am Beispiel der Pionierin derzeit besonders gut ablesen: Denn der Name Susanne Kaufmann hat inzwischen eine solche Bekanntheit erreicht, dass das altehrwürdige Hotel Post Bezau diesen Sommer nach nicht weniger als 169 Jahren umbenannt wird – in Susanne-Kaufmann-Hotel.