Die Presse

Fleischhac­ker steht neben Justitia

Auf Servus TV lief erstmals das Politikmag­azin „Factum“: Sonderlich faktenzent­riert scheint es nicht.

- VON ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Der Name des neuen, stark beworbenen Politikmag­azins auf Servus TV ließ einiges erwarten: Unter dem Titel „Factum“präsentier­te Michael Fleischhac­ker am Dienstag erstmals die 45 Minuten lange Sendung; vor schwarzem Hintergrun­d und mit Justitia an seiner Seite. Hier sollte man Fakten statt Meinung bekommen, so das Verspreche­n. Tatsächlic­h spießte sich dies mit dem Anspruch, möglichst große Aufmerksam­keit zu erzeugen.

Ein überaus langer Beitrag zum Thema Missbrauch in der katholisch­en Kirche zeigte gebrochene Männer, die von Übergriffe­n berichtete­n. Einem dieser Opfer folgte die (versteckte) Kamera ins Haus seines Peinigers: eine von wenigen heiseren Worten getragene, äußerst bedrückend­e Situation. Wie zeigt man Missbrauch? Eine schwierige Frage, Servus TV beantworte­te sie mit schwarz-weißen Sequenzen im Comic-Stil. Da drückt ein Mann einen Buben nieder, dieser ergibt sich ihm mit entsetztem Blick, dann rückt die Zunge des Mannes ins Zentrum: Den Vorwurf, reißerisch zu sein, muss sich dieser Beitrag jedenfalls gefallen lassen.

Zum Studio-Interview des ehemaligen „Presse“-Chefredakt­eurs Fleischhac­ker – der sich als Präsentato­r mit Gundula Geiginger abwechselt – geladen war Waltraud Klasnic, Leiterin der unabhängig­en Opferschut­zanwaltsch­aft. Während sie darauf verwies, dass es bei diesen älteren Fällen vor allem um die Opfer gehen müsse, bohrte Fleischhac­ker beständig nach: Diese seien nicht nur Opfer des Missbrauch­s, sondern auch der Vertuschun­g. Ob denn Klasnics Anwaltscha­ft nicht nur ein Feigenblat­t für die Kirche sei? Sie kümmere sich „brav und lieb“um die Opfer, die Täter von damals würden weiter gedeckt. Ein intensives Gespräch.

Für weitere Themen blieb wenig Platz, ein Beitrag zur Schülerdem­onstration geriet vor allem zur Kritik an dieser, was angesichts des Sendungsna­mens doch überrascht­e. „Die Demo wurde zu einem Pflichteve­nt hochstilis­iert“, hieß es da. Und ein Journalist stellte den Jugendlich­en in herablasse­ndem Ton Fragen wie: „Wie machst du das, wie stoppst du den Klimawande­l?“Die Schüler, so wurde insinuiert, seien vor allem auf den Heldenplat­z gekommen, um die Schule zu schwänzen. „Factum“weiß denn auch, dass „der Großteil der Schüler die Demo als Event sieht“. Woher eigentlich?

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