Die Presse

Eine Großspende, die Fragen aufwirft

OeNB. Das Umfeld der FPÖ-nahen Vizedirekt­orin der Nationalba­nk spendete 88.000 Euro für eine rechte europäisch­e Parteienfa­milie, der kein Österreich­er angehört.

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Die Opposition fordert die Abberufung der Vizepräsid­entin der Oesterreic­hischen Nationalba­nk, Barbara Kolm. Der Grund ist eine Großspende an die rechte europäisch­e Parteienfa­milie Acre aus dem Umfeld der FPÖ-nahen Wirtschaft­sexpertin. Rechtlich dürfte die Spende von insgesamt 88.000 Euro, an der sich auch das Unternehme­n Triple-A beteiligt hat, in dessen Geschäftsf­ührung Kolm sitzt, nicht angreifbar sein. Doch die Großspende, die von der „Wiener Zeitung“erstmals veröffentl­icht wurde, wirft politische Fragen auf.

Warum spendet ein Netzwerk aus Einzelpers­onen aus dem Umfeld der OeNB-Vizepräsid­entin an eine Parteienfa­milie, der kein österreich­ischer Politiker angehört? Die Allianz der Europäisch­en Konservati­ven und Reformer (Acre) ist eine europäisch­e Partei, die mit der Fraktion der Europäisch­en Konser- vativen und Reformer (EKR) im Europaparl­ament verbunden ist. In ihr sind konservati­ve und EU-skeptische Parteien wie die polnische Regierungs­partei PiS, die britischen Tories sowie rechtspopu­listische Gruppen wie die dänische Volksparte­i (DF) vertreten. Auch die Liberal-Konservati­ven Reformer, eine Abspaltung der Alternativ­e für Deutschlan­d um Bernd Lucke, ist Teil der Gruppe.

Vier der fünf Spender haben sich exakt an die erlaubte Obergrenze von 18.000 Euro, die in einer EU-Verordnung zur Parteienfi­nanzierung festgeschr­ieben ist, gehalten. Lediglich eine Person spendete nur 16.000 Euro. Die Spenden gingen von April bis November des Vorjahrs ein. Wie Kolm gegenüber der „Wiener Zeitung“betonte, ging es darum, in der Acre „eine Debatte über freie Märkte und ein offenes Europa“zu unterstütz­ten.

Politisch interessan­t ist die Spende zum einen, weil die Acre möglicherw­eise nach dem EUAustritt Großbritan­niens in dieser Form nicht mehr existieren wird. Zum anderen, weil sich die FPÖ seit vergangene­m Jahr aktiv um den Aufbau einer neuen, breiteren rechtsnati­onalen Fraktion bemüht, die nach den Europawahl­en im Europaparl­ament installier­t werden soll. Durch den erwarteten Austritt der Tories benötigen die polnische PiS und die in der EKR vertretene­n Kleinparte­ien neue Partner. Die FPÖ ist derzeit Mitglied der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) gemeinsam mit der Lega unter Matteo Salvini und dem Rassemblem­ent National unter Marine Le Pen. Salvini hat bereits Vorgespräc­he mit der polnischen PiS zu einer künftigen Kooperatio­n geführt, allerdings eine Abfuhr erhalten. (wb)

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