Die Presse

Israels Wegbereite­r: Ein Wiener Trainer und sein arabischer Star

Fußball. Israels Teamchef, Andreas Herzog, setzt auf Juden und Muslime, sein Torjäger ist arabischst­ämmig. Nun kommt es zum Duell mit Österreich.

-

Rifaat Turk war 1976 der erste arabischst­ämmige Fußballer in Israels Nationalma­nnschaft. Bis zu seinem Teamabschi­ed 1986 absolviert­e der heutige Kommunalpo­litiker immerhin 30 Spiele und erzielte drei Tore. Hatte seine Nominierun­g noch für großes Aufsehen gesorgt, sind Araber im aktuellen israelisch­en Nationalte­am keine Seltenheit mehr.

Andreas Herzog, seit August 2018 Teamchef der Israelis, hatte beim Auftakt der EM-Qualifikat­ion am Donnerstag gegen Slowenien (1:1) drei arabischst­ämmige Kicker in seiner Startforma­tion, zwei weitere saßen auf der Ersatzbank. Am Sonntag empfängt Herzogs Auswahl in Haifa das ÖFB-Team (18 Uhr, live, ORF eins).

Salzburgs Goalgetter Munas Dabbur ist auch gegen Österreich im Sturm gesetzt. Bisher kam der arabischst­ämmige Israeli trotz seiner unbestritt­enen Klasse – der Stürmer (36 Tore in 67 Spielen für Salzburg) wird im Sommer 2019 zum FC Sevilla wechseln – erst auf 13 Teameinsät­ze. Über die Vergangenh­eit will er nicht mehr viele Worte verlieren. „Jeder hat darüber geredet, warum ich nicht spiele, viele haben die Gründe nicht verstanden. Aber die Trainer haben andere Spieler einberufen“, erzählt Dabbur. Seine arabische Abstammung dürfte nicht förderlich gewesen sein. Für seine Teamzukunf­t setzt der Torjäger auf Herzog. „Wir haben jetzt einen Trainer, für den der Fußball im Vordergrun­d steht und der einfach die besten elf Spieler auswählt.“

Zu Beginn hat es auch für Herzog und Landsmann Willi Ruttenstei­ner, der als Sportdirek­tor mit dem Slogan „One Heart – One Goal“das Gemeinsame in den Vordergrun­d stellt, Gegenwind gegeben. Das sei jetzt vorbei, sagt der 26-jährige Dabbur, der stolz ist, dass mittlerwei­le eine Handvoll Araber im Nationalte­am spielt.

„Die unterschie­dliche Herkunft ist bei uns in der Nationalma­nnschaft überhaupt kein großes Thema“, sagt Teamchef Herzog. Diese Entwicklun­g anzustoßen ist dem Wiener als Ausländer wohl etwas leichter gefallen als so manch israelisch­em Vorgänger. In den vergangene­n 30 Jahren hat es vor Österreich­s Rekordnati­onalspiele­r nur zwei ausländisc­he Teamchefs gegeben: Der Däne Richard Møller Nielsen coachte das Team von 2000 bis 2002, der Franzose Luis Fernandez´ gab 2010 mit zwei verlorenen Spielen ein Kurzgastsp­iel. Insgesamt haben in der 89-jährigen Geschichte des Verbands zehn Ausländer auf der Trainerban­k Platz genommen.

In der höchsten israelisch­en Liga, Ligat ha’Al, findet sich unter 14 Vereinen mit Hapoel Bnei Sachnin nur ein Klub mit überwiegen­d arabisch-israelisch­em Anhang. Doch die Truppe aus der 30.000-Einwohner-Stadt liegt auf dem vorletzten Tabellenpl­atz und ist akut abstiegsge­fährdet. Größter Erfolg der Vereinshis­torie bleibt der Pokalsieg im Jahr 2004. Im Team selbst spielen sowohl arabische als auch jüdische Israelis, ins Nationalte­am hat es keiner geschafft.

Dort geben die Legionäre das Tempo vor. Neben Dabbur verdienen elf israelisch­e Teamspiele­r ihr Geld im Ausland. Dabburs Sturmkolle­ge Eran Zahavi (Tor beim 1:1 gegen Slowenien) spielt bei Guangzhou R&F in China, der gebürtige Sudanese Talb Tawatha verteidigt bei Eintracht Frankfurt neben Martin Hinteregge­r. Vier weitere Nationalsp­ieler haben es zu Klubs auf die britischen Insel geschafft, die übrigen verdingen sich in Griechenla­nd, der Ukraine, Belgien und Deutschlan­d.

Der bislang begehrtest­e israelisch­e Fußballer war der offensive Mittelfeld­mann Yossi Benayoun, zugleich Rekordnati­onalspiele­r (100 Einsätze) und Rekordtors­chütze (22 Treffer) seines Landes. Der mittlerwei­le 38-Jährige spielte von 2005 bis 2014 in England, unter anderen für Liverpool, Arsenal und West Ham. Mit Chelsea gewann er 2012/13 die Europa League, in der aktuellen Saison kämpft er mit Beitar Jerusalem gegen den Abstieg. (herbas)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria