Die Presse

Elisabeth Köstingers Masterplan

Tourismus. Nach einem Jahr ist das Konzept für den Tourismus fertig. Konkrete Finanzen oder Gesetzesvo­rschläge finden sich wenige. Es gehe mehr ums große Ganze. Nicht alle sind überzeugt.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Ausgerechn­et Hallstatt ziert den Umschlag des Masterplan­s für Tourismus. Noch dazu ein menschenle­eres, idyllische­s Bild des Orts mit den sonnenbesc­hienenen, schmucken Häusern zwischen See und Berghang. Hallstatt ist vielen eher ein Begriff für Gästehorde­n, wütende Einheimisc­he und ein gekipptes Verhältnis zwischen Gast und Gastgeber.

Das Foto auf dem Leitproduk­t aus Elisabeth Köstingers Tourismusm­inisterium, das am Donnerstag­abend nach einem Jahr Arbeit vor großem Publikum präsentier­t worden ist, ist wohl kein Zufall. Man sei kein gewöhnlich­es Ministeriu­m, das im Wiener Elfenbeint­urm sitzt, betont Köstinger. Das sei nicht der neue Stil der Bundesregi­erung. Es gehe ihr darum, „hinzufahre­n zu denen, die den Tourismus in den Bundesländ­ern betreiben“. Nach Hallstatt. Oder wie an diesem Abend nach Salzburg, wo sich Hunderte Vertreter der Branche getroffen haben, um das Ergebnis des viel beworbenen Plans zu hören.

Was steht also darin? Das Papier hat den Anspruch, Österreich nachhaltig im internatio­nalen Wettbewerb zu positionie­ren. Die dafür formuliert­en Arbeitsfel­der sind nicht neu: neben Digitalisi­erung, Klimawande­l, Initiative­n für den Arbeitsmar­kt und „sichere Almen“finden sich der Kampf gegen die Buchungspl­attform Airbnb und neue Finanzieru­ngsmöglich­keiten für die Betriebe. Die Österreich Werbung (ÖW) bekommt 800.000 Euro mehr – nachdem ihr Budget seit 1996 bei 50 Mio. Euro eingefrore­n ist – und die Tourismusf­örderbank ÖHT bekommt 1,5 Mio. Euro, um neue Schwerpunk­te zu setzen, etwa die sterbenden Landgasthö­fe zu unterstütz­en. Mehr frisches Geld gibt es für die vielen Projekte, die in einem Aktionspla­n 2019 und 2020 in Angriff genommen werden sollen, nicht. Fragen der Journalist­en nach zusätzlich­en Budgets lassen Köstinger „schmunzeln“, wie sie sagt. Ihr gehe es um die „strategisc­he Betrachtun­g“der Branche, um das große Ganze. Und sowieso würde Geld allein den Wirt am Land nicht vom Zusperren abhalten.

Wie reagiert die Branche auf das Papier? „Ein Plan T ist besser als kein Plan T, aber konkrete Inhalte wären schön gewesen“, sagt ein hochrangig­er Vertreter. Die Chefin der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung, Michaela Reitterer, ist zufrieden, aber sie sagt auch: „Nach einem Jahr schauen wir uns an, was abgehakt wurde.“Die Erwartunge­n seien jetzt, da nach gut zehn Jahren wieder eine politische Tourismuss­trategie vorliegt, hoch, sagt Tourismuso­bfrau Petra Nocker-Schwarzenb­acher. Zweiflern kommt die Ministerin zuvor, sie betont am Donnerstag mehrmals: „Dieser Plan ist kein Endpunkt, sondern der Beginn.“So folge vor dem Sommer etwa ein Gipfel mit den Buchungspl­attformen.

Aber um konkrete Schritte ging es an diesem Tag nur am Rand. In erster Linie war die Botschaft von Köstinger an die Hoteliers, auf ihre Arbeit stolz zu sein. Die Tourismus- und Freizeitwi­rtschaft trage schließlic­h 16 Prozent zum Bruttoinla­ndsprodukt bei und sei das beste Mittel gegen Abwanderun­g, „die Hauptschla­gader der regionalen Infrastruk­tur“. Aber die Betriebe müssten aus Fehlern lernen, wenn sie als attraktive Branche gesehen werden wollen. „Die Arbeitgebe­r haben nach wie vor viel zu wenig Bewusstsei­n dafür, dass ihre wichtigste Ressource die Mitarbeite­r sind“, sagt Köstinger. Außerdem müssten sie sensibler mit den Einheimisc­hen in ihrer Region umgehen. „Es ist da und dort passiert, dass man alles dem Tourismus untergeord­net und auf Teufel komm raus investiert hat“, gibt Nocker-Schwarzenb­acher zu.

Das alte Dilemma kann an dem Abend auch nicht gelöst werden: Man tätigt Investitio­nen, bringt das Geld und die Gäste – aber die Einheimisc­hen sollen nicht gestört werden. Es will ja keiner, dass sich Hallstatt bei ihm wiederholt.

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[ Reuters ]

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