„Trump weiß, wie man verhandelt“
Interview. Donald Trump bringe einen dringend notwendigen Systembruch, sagt sein Berater Ed Feulner. Um Strafzölle zu vermeiden, müsse Deutschland mehr Geld fürs Militär ausgeben.
Die Presse: Sie bezeichneten USPräsident Donald Trump als positiven Disruptor. Für Disruptionen sorgt er durch seine Zolldrohungen vor allem beim globalen Freihandel. Ist das positiv? Ed Feulner: Wenn man über diese Disruption spricht, muss man sich auch die Ergebnisse ansehen. So hat er das 25 Jahre alte Nafta-Abkommen neu verhandelt und verbessert. Das Gleiche bei dem Abkommen mit Korea. Ich bin kein Freund der Zollerhöhungen, denn Zölle sind Steuern, und diese gehören nach unten. Unter dem Strich ist diese Disruption aber notwendig, weil sonst alle so weitermachen wie bisher, weil es bequem ist.
Es sieht nun so aus, als ob es zwischen China und den USA ein neues Handelsabkommen geben wird. War das der Deal, den Trump von Anfang an wollte? China war Priorität Nummer eins. Ich glaube, dass es bis spätestens Mitte April ein Abkommen geben wird. Der obligatorische Abfluss von Technologie über Joint-Ventures sowie die Verpflichtung, Mitglieder der kommunistischen Partei im Management zu akzeptieren, sind die zwei größten Probleme für US-Unternehmen in China. Hier wird es Änderungen geben. Und diese würde es nicht geben, wäre Donald Trump nicht als Disruptor aktiv geworden.
In Europa herrscht oft Unverständnis darüber, was Trump will. Geht es immer um einen Deal, wenn er auf den Tisch haut? Eines seiner populärsten Bücher heißt „Die Kunst des Deals“. Darin beschreibt er genau, wie er es am Verhandlungstisch schafft, Entscheidungen, die zuvor als unmöglich eingestuft wurden, plötzlich möglich zu machen. Und das macht er nun auch als US-Präsident – bei Handelsfragen, aber auch in den Verhandlungen mit Nordkorea. Er weiß, wie man verhandelt. Und er sagt auch richtigerweise, dass wir als größte Volkswirtschaft der Welt bei multilateralen Abkommen zu viel hergeben. America first bedeutet aber nicht America only.
Bringt das nicht das Risiko eines neuen Protektionismus, indem andere Länder mit Gegenmaßnahmen reagieren? Irgendwann wird das für eine Seite zu teuer. Und das ist das, was derzeit mit China passiert. China ist es nicht gewohnt, dass die USA mit dem Knüppel schlagen.
Wenn die USA den Widerstand Chinas brechen, können sie ihn von jedem Land brechen. Das bedeutet dann: America wins. Wenn die andere Seite nach ehrlichen Regeln spielt, dann gibt es ja keinen Grund für die Regierung, sich einzumischen. Derzeit ist ein US-Unternehmen in China aber mit unfairem Wettbewerb konfrontiert. Und das ist nicht gut.
Wie passen in diesen Kontext die Drohungen gegenüber der deutschen Autoindustrie? Ich kann auch nicht sagen, wie weit er hier zu gehen bereit ist oder inwieweit das nur Taktik ist, um die Aufmerksamkeit von Brüssel und Berlin zu haben. Denn wir wissen natürlich auch, dass Mercedes und BMW Tausende Autos in den USA produzieren. Deutschland ist jedoch das zweitgrößte Nato-Mitgliedsland und gibt nur sehr wenig für Verteidigung aus, während die USA die Hauptlast tragen und damit auch die Sicherheit Deutschlands garantieren.
Ist es fair, diese Verknüpfung zu machen? Vor allem vor dem Hintergrund, dass Deutschland aufgrund seiner Geschichte militärisch sehr zurückhaltend ist. Die Deutschen könnten sich aber mehr an den Kosten amerikanischer Truppen in Deutschland beteiligen. Eine bessere Lastenverteilung heißt nicht automatisch, dass sie jetzt zwei Prozent ihres BIP für Panzer oder Raketen ausgeben müssen. Wir verstehen die historischen Argumente, aber da muss man andere Lösungen finden. Einfach Nein sagen wird bei Trump nicht gehen. Viele erwarten, dass Europa in den Fokus gerät, sobald der Deal mit China erzielt ist. Der nächste Programmpunkt ist zwar etwas kleiner, aber ebenfalls sehr wichtig: ein bilaterales Handelsabkommen mit der Schweiz. Dieses Abkommen wird eine Art Signal an Brüssel sein, was wir von Europa erwarten. Zudem muss man den politischen Kalender der USA beachten. Ab dem Frühjahr 2020 dreht sich alles um die nächste Präsidentenwahl. Es wird heuer etwas passieren müssen.
Was will Trump von Europa? Es geht um echten Freihandel. Europa hat viele Vorschriften, die amerikanische Importe verunmöglichen. Dabei geht es nicht nur um Güter, sondern auch um Dienstleistungen.
Das würde TTIP neu bedeuten. TTIP ist Geschichte. Und das war auch ein Projekt der Regierung Obama. Aber es soll hier eine Vereinfachung der Regeln geben.
Trump sucht den Deal und agiert wie ein Manager. Soll ein Staat wie eine Firma geführt werden? Amerika wurde auf dem Konzept der Führung durch die Bürger aufgebaut. Und nicht der Führung durch ein Elite-Establishment, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Egal, ob das Kennedy oder Bush heißt. Nach Generälen oder Professoren haben wir das erste Mal einen Unternehmer an der Spitze. Und das ist gut. Es ist auch gut, dass er den politischen Sumpf in Washington trockenlegen will. Das sage ich als einer, der seit Jahrzehnten Teil dieses Sumpfes ist. Ich habe gesehen, was passiert, wenn Menschen zu lang in der Bürokratie tätig sind und sich nur mehr mit sich selbst beschäftigen. Insofern finde ich auch Bernie Sanders gut. Er ist auch eine Disruption des Systems.
Wir haben in Europa die gleiche Entwicklung – sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Ist das nicht einfach Populismus? Wenn Populismus bedeutet, dass die Bürger wieder die Macht haben, dann ist daran nichts Schlechtes zu erkennen. Darum geht es in der Demokratie.
Und wenn Populismus bedeutet, vorgeblich einfache Lösungen für komplexe Probleme anzubieten? Es mag ein simplifizierender Zugang sein. Aber vielleicht ist es genau das, was wir brauchen. Wa- rum braucht es immer gleich 2000 Seiten Gesetzestext? Ein neues Steuersystem kann auch auf zehn Seiten so beschrieben sein, dass es funktioniert. Jedes Einkommen über Betrag X wird mit dem Steuersatz Y belastet. Keine Ausnahmen, keine Absetzbeträge. Dann versteht das auch der Durchschnittsbürger wieder, ohne dass er einen Anwalt nehmen muss.
Neben Handel ist illegale Migration das zweite wichtige Thema Trumps. Sollen die USA eine Mauer zu Mexiko bauen? Ja. Aber wir brauchen nicht nur die Mauer, sondern auch eine umfassende Reform der Einwanderung. Es geht hier nicht um AntiImmigration, denn die USA waren ein Einwanderungsland und werden es immer bleiben. Wir sind alle Nachfahren von Einwanderern. Das heißt aber nicht, dass wir Hunderttausende Menschen aufnehmen können, die weder lesen noch schreiben können.
Auch in Europa bestimmt dieses Thema die Politik. Wie beurteilen Sie aus US-Perspektive die Situation diesseits des Atlantiks? Wenn man sich die Statistiken ansieht, ist Westeuropa ein sterbender Kontinent. Die Geburtenraten sind zu niedrig, um die Bevölkerungszahl zu erhalten. Die Migration führt aber zu drastischen Veränderungen. London ist inzwischen eine nahöstliche Stadt. Auch in die USA kamen und kommen Einwanderer aus allen Teilen der Welt – aus Asien, aus Europa, aus Afrika. Klar ist jedoch, dass jeder, der in die USA kommt, Amerikaner werden will. Ich weiß nicht, ob jene Menschen, die in den vergangenen Jahren nach Europa kamen, eine hohe Affinität zu Deutschland oder Österreich haben.