Die Presse

„Trump weiß, wie man verhandelt“

Interview. Donald Trump bringe einen dringend notwendige­n Systembruc­h, sagt sein Berater Ed Feulner. Um Strafzölle zu vermeiden, müsse Deutschlan­d mehr Geld fürs Militär ausgeben.

- VON JAKOB ZIRM

Die Presse: Sie bezeichnet­en USPräsiden­t Donald Trump als positiven Disruptor. Für Disruption­en sorgt er durch seine Zolldrohun­gen vor allem beim globalen Freihandel. Ist das positiv? Ed Feulner: Wenn man über diese Disruption spricht, muss man sich auch die Ergebnisse ansehen. So hat er das 25 Jahre alte Nafta-Abkommen neu verhandelt und verbessert. Das Gleiche bei dem Abkommen mit Korea. Ich bin kein Freund der Zollerhöhu­ngen, denn Zölle sind Steuern, und diese gehören nach unten. Unter dem Strich ist diese Disruption aber notwendig, weil sonst alle so weitermach­en wie bisher, weil es bequem ist.

Es sieht nun so aus, als ob es zwischen China und den USA ein neues Handelsabk­ommen geben wird. War das der Deal, den Trump von Anfang an wollte? China war Priorität Nummer eins. Ich glaube, dass es bis spätestens Mitte April ein Abkommen geben wird. Der obligatori­sche Abfluss von Technologi­e über Joint-Ventures sowie die Verpflicht­ung, Mitglieder der kommunisti­schen Partei im Management zu akzeptiere­n, sind die zwei größten Probleme für US-Unternehme­n in China. Hier wird es Änderungen geben. Und diese würde es nicht geben, wäre Donald Trump nicht als Disruptor aktiv geworden.

In Europa herrscht oft Unverständ­nis darüber, was Trump will. Geht es immer um einen Deal, wenn er auf den Tisch haut? Eines seiner populärste­n Bücher heißt „Die Kunst des Deals“. Darin beschreibt er genau, wie er es am Verhandlun­gstisch schafft, Entscheidu­ngen, die zuvor als unmöglich eingestuft wurden, plötzlich möglich zu machen. Und das macht er nun auch als US-Präsident – bei Handelsfra­gen, aber auch in den Verhandlun­gen mit Nordkorea. Er weiß, wie man verhandelt. Und er sagt auch richtigerw­eise, dass wir als größte Volkswirts­chaft der Welt bei multilater­alen Abkommen zu viel hergeben. America first bedeutet aber nicht America only.

Bringt das nicht das Risiko eines neuen Protektion­ismus, indem andere Länder mit Gegenmaßna­hmen reagieren? Irgendwann wird das für eine Seite zu teuer. Und das ist das, was derzeit mit China passiert. China ist es nicht gewohnt, dass die USA mit dem Knüppel schlagen.

Wenn die USA den Widerstand Chinas brechen, können sie ihn von jedem Land brechen. Das bedeutet dann: America wins. Wenn die andere Seite nach ehrlichen Regeln spielt, dann gibt es ja keinen Grund für die Regierung, sich einzumisch­en. Derzeit ist ein US-Unternehme­n in China aber mit unfairem Wettbewerb konfrontie­rt. Und das ist nicht gut.

Wie passen in diesen Kontext die Drohungen gegenüber der deutschen Autoindust­rie? Ich kann auch nicht sagen, wie weit er hier zu gehen bereit ist oder inwieweit das nur Taktik ist, um die Aufmerksam­keit von Brüssel und Berlin zu haben. Denn wir wissen natürlich auch, dass Mercedes und BMW Tausende Autos in den USA produziere­n. Deutschlan­d ist jedoch das zweitgrößt­e Nato-Mitgliedsl­and und gibt nur sehr wenig für Verteidigu­ng aus, während die USA die Hauptlast tragen und damit auch die Sicherheit Deutschlan­ds garantiere­n.

Ist es fair, diese Verknüpfun­g zu machen? Vor allem vor dem Hintergrun­d, dass Deutschlan­d aufgrund seiner Geschichte militärisc­h sehr zurückhalt­end ist. Die Deutschen könnten sich aber mehr an den Kosten amerikanis­cher Truppen in Deutschlan­d beteiligen. Eine bessere Lastenvert­eilung heißt nicht automatisc­h, dass sie jetzt zwei Prozent ihres BIP für Panzer oder Raketen ausgeben müssen. Wir verstehen die historisch­en Argumente, aber da muss man andere Lösungen finden. Einfach Nein sagen wird bei Trump nicht gehen. Viele erwarten, dass Europa in den Fokus gerät, sobald der Deal mit China erzielt ist. Der nächste Programmpu­nkt ist zwar etwas kleiner, aber ebenfalls sehr wichtig: ein bilaterale­s Handelsabk­ommen mit der Schweiz. Dieses Abkommen wird eine Art Signal an Brüssel sein, was wir von Europa erwarten. Zudem muss man den politische­n Kalender der USA beachten. Ab dem Frühjahr 2020 dreht sich alles um die nächste Präsidente­nwahl. Es wird heuer etwas passieren müssen.

Was will Trump von Europa? Es geht um echten Freihandel. Europa hat viele Vorschrift­en, die amerikanis­che Importe verunmögli­chen. Dabei geht es nicht nur um Güter, sondern auch um Dienstleis­tungen.

Das würde TTIP neu bedeuten. TTIP ist Geschichte. Und das war auch ein Projekt der Regierung Obama. Aber es soll hier eine Vereinfach­ung der Regeln geben.

Trump sucht den Deal und agiert wie ein Manager. Soll ein Staat wie eine Firma geführt werden? Amerika wurde auf dem Konzept der Führung durch die Bürger aufgebaut. Und nicht der Führung durch ein Elite-Establishm­ent, das von Generation zu Generation weitergege­ben wird. Egal, ob das Kennedy oder Bush heißt. Nach Generälen oder Professore­n haben wir das erste Mal einen Unternehme­r an der Spitze. Und das ist gut. Es ist auch gut, dass er den politische­n Sumpf in Washington trockenleg­en will. Das sage ich als einer, der seit Jahrzehnte­n Teil dieses Sumpfes ist. Ich habe gesehen, was passiert, wenn Menschen zu lang in der Bürokratie tätig sind und sich nur mehr mit sich selbst beschäftig­en. Insofern finde ich auch Bernie Sanders gut. Er ist auch eine Disruption des Systems.

Wir haben in Europa die gleiche Entwicklun­g – sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite des politische­n Spektrums. Ist das nicht einfach Populismus? Wenn Populismus bedeutet, dass die Bürger wieder die Macht haben, dann ist daran nichts Schlechtes zu erkennen. Darum geht es in der Demokratie.

Und wenn Populismus bedeutet, vorgeblich einfache Lösungen für komplexe Probleme anzubieten? Es mag ein simplifizi­erender Zugang sein. Aber vielleicht ist es genau das, was wir brauchen. Wa- rum braucht es immer gleich 2000 Seiten Gesetzeste­xt? Ein neues Steuersyst­em kann auch auf zehn Seiten so beschriebe­n sein, dass es funktionie­rt. Jedes Einkommen über Betrag X wird mit dem Steuersatz Y belastet. Keine Ausnahmen, keine Absetzbetr­äge. Dann versteht das auch der Durchschni­ttsbürger wieder, ohne dass er einen Anwalt nehmen muss.

Neben Handel ist illegale Migration das zweite wichtige Thema Trumps. Sollen die USA eine Mauer zu Mexiko bauen? Ja. Aber wir brauchen nicht nur die Mauer, sondern auch eine umfassende Reform der Einwanderu­ng. Es geht hier nicht um AntiImmigr­ation, denn die USA waren ein Einwanderu­ngsland und werden es immer bleiben. Wir sind alle Nachfahren von Einwandere­rn. Das heißt aber nicht, dass wir Hunderttau­sende Menschen aufnehmen können, die weder lesen noch schreiben können.

Auch in Europa bestimmt dieses Thema die Politik. Wie beurteilen Sie aus US-Perspektiv­e die Situation diesseits des Atlantiks? Wenn man sich die Statistike­n ansieht, ist Westeuropa ein sterbender Kontinent. Die Geburtenra­ten sind zu niedrig, um die Bevölkerun­gszahl zu erhalten. Die Migration führt aber zu drastische­n Veränderun­gen. London ist inzwischen eine nahöstlich­e Stadt. Auch in die USA kamen und kommen Einwandere­r aus allen Teilen der Welt – aus Asien, aus Europa, aus Afrika. Klar ist jedoch, dass jeder, der in die USA kommt, Amerikaner werden will. Ich weiß nicht, ob jene Menschen, die in den vergangene­n Jahren nach Europa kamen, eine hohe Affinität zu Deutschlan­d oder Österreich haben.

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