Bemühtes Jubiläum des „Rosenkavaliers“
Eher statistisch als musikalisch denkwürdig: die 1000. „Rosenkavalier“Vorstellung des Hauses am Ring mit Adrianne Pieczonka als Marschallin.
Es muss Marcel Prawy gewesen sein, der einmal meinte, neben Wagners „Meistersingern“enthalte kein Werk der Opernliteratur so viele zitierfähige Lebensweisheiten wie der „Rosenkavalier“. Das ließe sich auch auf diesen zumindest statistisch denkwürdigen Abend anwenden: „Leicht muss man sein, mit leichtem Herz und leichten Händen, halten und nehmen, halten und lassen“, sagt die Marschallin. Soll heißen: Wer die Erinnerung an der Garderobe abgegeben hat, dem gefiel das Ganze besser.
1968 hatte Otto Schenks Inszenierung unter Leonard Bernstein Premiere. Wenn die Annalen nicht trügen, dann war die 381. Aufführung dieser Produktion zugleich die 1000. „Rosenkavalier“Vorstellung des Hauses seit 1911 – eingeleitet durch eine Ansprache Dominique Meyers und eine launige, von Peter Matic´ gelesene Kompilation aus den (schlechten) Wiener Erstaufführungskritiken.
Habitues´ können sich an manches „Mädel erinnern“, wenn auch nicht „frisch aus dem Kloster“, das in Rudolf Heinrichs Bühnenbild von der Sophie zur Marschallin gereift ist: Lucia Popp zum Beispiel. Oder, im Fall von Sena Jurinac, Christa Ludwig und Gwyneth Jones, auch vom Octavian. Eine zum Tausender herausgebrachte Fotobroschüre lässt viele von ihnen Revue passieren. Wer darin blätterte, fand das eher kontraproduktiv bei der erfahrenen, aber mehr achtbaren als glanzvollen Besetzung.
Die Marschallin mag Adrianne Pieczonka äußerlich ja wohl anstehen, doch stimmlich dominiert metallische Härte auch dort, wo Pianophrasen schweben und Schattierungen erklingen sollten: Man muss keineswegs bis zur Schwarzkopf ’schen Kalligrafie aus Wort und Ton zurückgehen, um an Pieczonkas Interpretation das Relief, die Nuancen zu vermissen. Stephanie Houtzeel war als Octavian stimmlich von begrenzter Wärme und Fülle sowie teilweise mit merklicher, die Intonation trübender Anstrengung. Wäre man reich wie der Herr von Faninal, in dessen Rolle Markus Eiche auch über volle baritonale Stimmkonten verfügt, sein Lerchenfelder Eckhaus tät’ man geben für mehr Feingefühl, Sinn und Sinnlichkeit von den Damen im Vortrag von Hofmannsthals Text, meiner Seel! Allzu sparsam begann Peter Rose den Ochs, konnte sich aber immerhin steigern in seiner verschwitzten Gier nach „Mariandl“und der merkantilen Geringschätzung gegenüber der etwas glanzlosen, aber sicheren Sophie von Chen Reiss. Trotz sonst achtbarer Ensembleleistung – und auch wenn A´da´m Fischer am Pult immer mehr kontrollierte Energiestöße abgab: Eine Festaufführung wollte nicht herauskommen.