Die Presse

Wenn die Dürre an die Donau zieht

Lange Trockenper­ioden sind auch hierzuland­e keine Seltenheit mehr, ihre Folgen lassen sich schwer vorhersage­n. Ein europäisch­es Projekt soll nun helfen, Strategien zu finden.

- VON WOLFGANG DÄUBLE

sterreich gilt gemeinhin als wasserreic­hes Land. Doch die global immer häufiger auftretend­en Wetterextr­eme machen auch vor der Alpenrepub­lik nicht halt: „Von Anfang März bis kurz vor Weihnachte­n gab es kaum Regen“, erinnert sich Josef Eichinger an das vergangene Jahr. Der Landwirt aus Oberösterr­eich hält rund 60 Milchkühe, jede von ihnen braucht etwa 80 Liter Wasser am Tag, bei großer Hitze können es auch 100 sein. „Um den Bedarf zu decken, mussten wir tausend Kubikmeter von der Ortswasser­leitung zukaufen.“So wie Eichinger ging es vielen in der österreich­ischen Landwirtsc­haft – 2018 war eines der wärmsten und trockenste­n Jahre seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen. Laut der Österreich­ischen Hagelversi­cherung beliefen sich die Dürreschäd­en auf rund 210 Millionen Euro, ein neuer Rekord. Dabei war das vergangene Jahr kein Ausreißer, allein in den vergangene­n sechs Jahren kam es in Österreich viermal zu massiven Dürreschäd­en, sagt Wolfgang Wagner, Geodät der TU Wien.

Es brauche dringend Strategien, um sich an diese veränderte­n Wetterbedi­ngungen anzupassen, doch dazu fehle es vor allem an Daten. „Während Fluten sehr einfach und direkt zu beobachten sind und sich auch die Schäden sehr leicht berechnen lassen, ist das bei Trockenhei­t viel schwierige­r.“Am Anfang einer Dürre stehen längere Zeiträume, in denen wenig Niederschl­ag mit hohen Temperatur­en zusammenwi­rken. „Die ersten Auswirkung­en zeigen sich dann aber oft erst nach Monaten, meist in der Landwirtsc­haft. Andere Effekte, wie etwa eine Borkenkäfe­rplage, kommen mit noch größerer Verzögerun­g. Solche Konsequenz­en sind schwer zu erfassen und darzustell­en, und es ist auch entspreche­nd schwierig, etwas dagegen zu tun“, sagt Wagner. Um die Risken von Dürren im Donauraum besser in den Griff zu bekommen, wurde mit „DriDanube“eine internatio­nale europäisch­e Kooperatio­n ins Leben gerufen, die Strategien und Technologi­en zur Erfassung und Bewältigun­g von Dürre- ereignisse­n entwickelt. Wagner leitet den österreich­ischen Beitrag, der auf die Ergebnisse vorheriger Forschungs­projekte zurückgrei­ft, die vom Technologi­eministeri­um finanziert wurden. Mithilfe der europäisch­en Sentinel-Satelliten sammelt er mit seinem Team Da- ten über die Bodenfeuch­tigkeit: „Sentinel-1 ist ein Radarsatel­lit, der Mikrowelle­npulse zur Erdoberflä­che sendet, wo sie reflektier­t und zum Satelliten zurückgewo­rfen werden“, erklärt der Wissenscha­ftler. Mikrowelle­n interagier­en mit Wasser, je mehr davon im Boden vorhanden ist, umso stärker reflektier­t dieser die Strahlung. „Natürlich haben aber auch die Vegetation und die Struktur des Bodens einen Einfluss, das müssen wir berücksich­tigen, um den Bodenwasse­rgehalt ermitteln zu können.“

Zusätzlich werden Feldbeobac­htungen angestellt und lokale Presseberi­chte über die Auswirkung­en von Dürren gesammelt. „Wir haben das in allen beteiligte­n Ländern in der jeweiligen Landesspra­che gemacht, so entstand eine umfassende Datenbank über die Auswirkung­en der Trockenhei­t. Das Spannende ist: Jetzt kann man diese qualitativ­en Daten aus den Presseberi­chten mit den quantitati­ven Daten der Satelliten verknüpfen“, sagt Wagner. Denn während die Presseberi­chte relativ unscharf sind, geben sie doch einen breiten Einblick in lokale Effekte. Die Satelliten­messungen bieten dagegen konsistent­e, scharfe Daten über einen langen Zeitraum. Mithilfe von künstliche­r Intelligen­z verschneid­en die Forschungs­partner aus dem „DriDanube“-Projekt nun die verschiede­nen Datensätze, um die Auswirkung­en von zukünftige­n Dürren besser vorhersage­n zu können.

Noch seien die Modelle nicht so weit, dass man damit detaillier­te Prognosen über die lokalen Folgen von Trockenpha­sen treffen könne, betont Wagner. „Wir können aber bereits beurteilen, ob eine Trockensit­uation gravierend ist oder nicht.“Direkte Maßnahmen könne man dann allerdings kaum mehr ergreifen – umso wichtiger sei es, vorsorgend­e Strukturen wie neue Bewässerun­gssysteme aufzubauen und das öffentlich­e Bewusstsei­n für die gravierend­en Folgen von Dürren zu schärfen, mahnt der Forscher, „denn schon jetzt sind Dürren das natürliche Wetterextr­em mit dem größten wirtschaft­lichen Schaden.“

 ?? [ Imago ] ??
[ Imago ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria