Kondome verwenden!
Wilder, wilder Midwest: im Whirlpool Pensionisten statt Studenten – es ist Spring Break!
Vor vier Jahren wurde ich in Bowling Green berühmt. Als man den neu angekommenen Writer
in residence fragte, wie es ihm gefalle, sagte er, es gefalle ihm gut. Es sehe wie Bulgarien in den Achtzigern aus. Auch wenn ich nie in Bulgarien war: Die neuen Gebäude auf dem Campus sind Zeugen eines ungewollten Brutalismus – Beton, kleine Fenster, dunkle Gänge; Grau, Braun und die Universitätsfarbe Orange dominieren. In meinem Büro könnte der Parteisekretär einer Provinzhauptstadt sitzen. In meinem Seminarraum gibt es keine Fenster, dafür eine nicht abzustellende Klimaanlage. 40 Prozent der Energie der Vereinigten Staaten wird von Wohngebäuden verbraucht; der Green New Deal will sich auch darum kümmern. Überall rufen einem Hinweisschilder zu, was man zu tun und was zu lassen habe.
Wie schön aber sind die bulgarischen Achtziger im Mittleren Westen während dem Spring Break! Es ist milder geworden, der Schnee geschmolzen. Vögel zwitschern, im Carter Park zielen junge Menschen mit Frisbeescheiben auf Körbe. Die Studenten haben den Campus verlassen. Über das richtige Ferienverhalten klärt sie der Stall Talk auf den Toiletten auf: am Strand wegen der Diebstahlgefahr immer jemanden zurücklassen, wenn man ins Wasser gehe, es nütze nichts, Brieftaschen in Turnschuhen zu verstecken; Sonnencreme mit Schutzfaktor 50 aufwärts verwenden; gemäßigter Konsum alkoholischer Getränke; beim Geschlechtsverkehr darauf achten, mit wem und warum, Kondome verwenden. Meinem antiautoritären Wesen stößt all das bitter auf. Wer die Studenten mit grünen Hüten und die Studentinnen mit grün blinkenden Antennen auf dem Kopf acht Tage vor St. Patrick’s Day feiern gesehen hat, wird den pädagogischen Furor vielleicht milder betrachten. Das allgemeine Besäufnis hieß St. Practice Day.
Verwaiste Campus-Cafeteria
St. Patrick’s Day lag bereits im Spring Break. Im Whirlpool des Fitnessstudios sitzen nun keine Studentinnen, die sich über Prüfungen unterhalten, sondern Pensionisten, die über ihre Steuererklärung reden, die sie im Jänner abgeben wollten. Die Vorteile bestimmter Datenverarbeitung sprogramme werden erörtert; Trump habe versprochen, alles einfacher zu machen, herausgekommen sei noch mehr Papierkram.
In der nun verwaisten Campus-Cafeteria hatten wir vor einem Monat eine Idee geboren, um die Welt besser und uns vielleicht reicher zu machen. Sie war meinem neuen Roman entsprungen. Meine Freundin hatte Kontakt zu einem auf Trademarks spezialisierten Anwalt aufgenommen. Er hatte nicht im Voraus wissen wollen, worum es gehe.
Der Himmel über Toledo war blau, ein Großteil der schönen alten Backsteinbauten verfallen, als wir das vornehme Konferenzzimmer einer Anwaltskanzlei betraten. Wir saßen um einen langen, gediegenen Holztisch, ich legte den unterschriebenen Vertretungsvertrag und einen Scheck darauf. Jetzt wollte der Anwalt wissen, was wir rechtlich schützen wollten. Ich öffnete ein Foto auf meinem Telefon und schob es über den Tisch. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. I’m already worried, sagte der Anwalt.
Der Präsident der Vereinigten Staaten könnte uns die Hölle heiß machen. Daran hatten wir keine Sekunde gedacht. Der Anwalt würde sich der Sache gern annehmen. Er wüsste sie zu verteidigen. Die Temperatur der Hölle würde in unserem Fall allerdings in Dollars gemessen. Er fragte sich, ob unser bescheidenes Budget nicht anders besser investiert wäre. Als wir eine Dreiviertelstunde später meinten wir würden über die Angelegenheit