Kein Fest des Huhnes
Burkina Faso. In dem Land in der Sahelzone geht man ins „Cabaret“, um Maisbier zu trinken. Hühner stehen auf dem Speiseplan. Manchmal gibt es schaurige Krokodilrituale.
Das Krokodil lag einfach da. Nur so, die Kiefer weit offen, daneben ein paar Federn im Schlamm. Und dann kamen noch einige mehr ans Ufer des Mar Sacr`e von Sabou herbeigeschwommen, weil der Mann mit dem Huhn an der langen Stange am Ufer auftauchte, den sie gut kannten. Das Spiel war immer dasselbe: Schnappen nach dem (lebenden) Vogel an der Schnur, der vor dem Krokodilrachen auf und ab baumelt. Happen herunterreißen, kauen, ruhen. Und das oft mehrmals täglich, immer wenn Besucher kommen. Das macht satt und zufrieden.
Die Besucher nicht immer, denn schaurige Rituale sind nicht jedermanns Sache. Aber kaum zu verhindern, denn die Opferung ist im Eintrittspreis inkludiert. Und immer öfter müssen die heiligen Krokodile der Heiligen Seen (Mar Sacr`e) Hunger leiden, denn die Gäste in Burkina werden weniger, nicht erst seit die Landroute in den Niger wieder einmal gesperrt wurde. Dieser Highway quer durch das Sahel-Land, der die Lebensader zur ivorischen Hafenstadt Abdijan darstellt, ist die beste Straße weit und breit, gut asphaltiert, gesäumt mit Hütten im gelben Savannen- gras, durchquert einen Nationalpark und bietet sogar richtige Tankstellen mit richtigem Benzin und Snacks für zwischendurch – getrocknete Heuschrecken etwa, wem die importierten Mars-Riegel zu teuer sind. In jedem Straßendorf gibt es mindestens ein schattiges „Cabaret“, wo Bier für ein wenig Stimmung sorgen kann, auch wenn es nicht gekühlt ist.
Verkehr? Fehlanzeige, von den schwankenden Kleinbussen abgesehen, die meist höher aufgebockt als lang sind, weil sie Ziegenfamilien, Hühnerknäuel, Motorräder und deren Fahrer auf dem Dach transportieren. Bisweilen findet man die vier auch unten auf der Straße selbst und wird überholt, mit Dutzenden Hühnern an der verbreiterten Lenkstange oder einer Ziege auf dem Gepäckträger, Schädel nach unten. Krokodile sind hungrig. Wie die Menschen, die gegen Hirse und Hühnerhappen auch nichts einzuwenden haben.
Richtung Mali gehen die Routen in Schlaglochpisten über, Benzin gibt’s nur mehr in leeren ColaFlaschen, und an den Ortseingängen ist oftmals eine Schnur gespannt, wenn der Schlagbalken kaputt ist. Aber die Militärs an den Checkpoints ruhen meist träge in ihren Hängematten unter den paar Akazien und verzichten auf die Überprüfung des höchstzulässigen Gesamtgewichts von Fahrzeugen, solange diese noch aus eigener Kraft unterwegs sind.
Bis in die 1980er hieß der flachwellige westafrikanische Binnenstaat an der Oberguineaschwelle Obervolta. Der heutige Name bedeutet übersetzt „das Vaterland der aufrechten Menschen“. Davon gibt es rund 20 Millionen, die 68 Sprachen sprechen und ohne Französisch kaum kommunizieren könnten. Zwei Millionen davon leben in der Hauptstadt, Ouagadougou, bis zur Ankunft der französischen Kolonialherren ein Dorf in der Savanne, wo jeder zweite unter 20 ist. Ein Dorf ist es geblieben, nur größer geworden: Bis heute residiert der südlich des Nigerbogens angrenzend zu Mali, Niger, Benin, Togo, Ghana, Elfenbeinküste. EU-Bürger brauchen ein Visum, embassy-bf.org (Berlin). Ganzjährig heiß, geringe Temperaturunterschiede. Fespaco, www.fespaco.bf Bobo-Dioulasso, www.villarosebobodioulasso.com Banfora, www.hotel-calypso.com Kaiser der größten Volksgruppe der Mossi, der Mogho Naba, im Stadtzentrum in seinem Palast, erfüllt aber nur mehr Repräsentationszwecke; ein Gutteil der restlichen Bevölkerung scheint 24 Stunden Moped zu fahren, auf Stauboder Schlammstraßen oft auch im Zentrum, oft auf eigenen Zweiradspuren. Es gibt die unvollendete Kathedrale, das Village Artisanal und das Cafe´ Vienne, wo der Apfelstrudel schon bessere Zeiten gesehen hat. Dazu den Steinskulpturenpark bei Loango, draußen in der Vorstadt, das Monument des Cineastes und drei Kinos: Burkina Faso richtet das alle zwei Jahre stattfindende panafrikanische Filmfestival Fespaco aus.
Wer nicht so lang warten will, sollte Ouagadougou zügig Richtung Südwesten verlassen. Dort macht ein Sandsteintafelland das Gelände dramatischer, das mit dem Tena Kourou, dem höchsten Berg des Landes, 749 Meter erreicht. In der Nähe der Stadt Banfora, hinter Reis- und Zuckerrohrfeldern, liegen die Domesˆ de Fabe-´ dougou, bizarre Felsformationen wie die australischen Bungle Bungle, nur menschenleer – bloß hinzufinden ist schwierig, denn abseits der Hauptstraße sind die Hinweisschilder längst abmontiert und anderen Ver-