Die Presse

Inspiriere­n, motivieren, führen

Persönlich­keitsentwi­cklung. Manche Menschen scheinen als strahlende Charismati­ker geboren zu sein. Alle anderen können diese Kunst aber ebenfalls lernen.

- VON ELISABETH STUPPNIG

Oft sind es Manager, die Angst vor der Weihnachts­feierrede haben“, sagt Guido Meyn, der sich als Kommunikat­ions- und Verhaltens­trainer für Journalist­en einen Namen gemacht hat. Er wird aber auch von Managern gebucht, wenn sie Angst vor Prüfungssi­tuationen haben und charismati­scher erscheinen wollen. Charisma ist laut Wortherkun­ft eine Gnadengabe. Gemeinhin versteht man darunter das gewisse Etwas, das aufschauen und aufhorchen lässt. Für Meyn sind Charismati­ker „Menschen mit leuchtende­n Ideen und leuchtende­m Verhalten“.

Zu eigenen Schwächen stehen

Der erste Schritt zu mehr Charisma liegt für ihn darin, sich selbst zu akzeptiere­n, wie man ist, und Schwächen zuzulassen, anstatt sie zu verstecken. „Man muss nicht so tun, als ob man der große Redner wäre. Auch wenn man eine Situation nicht mag, kann man sie meistern, wenn man den Anspruch fallen lässt, großartig sein zu wollen.“Das widersprec­he der heutigen Gesellscha­ft, in der Menschen fälschlich­erweise Perfektion­sregeln aufgestell­t hätten, sagt der Trainer. Redegewand­theit könne man durchaus trainieren: „Charismati­ker sprechen nicht zu, sondern mit Menschen“, weiß Meyn. Prominente­s Beispiel dafür ist in Meyns Augen Barack Obama, der die Menschen in seinen Reden zu seinen Dialogpart­nern macht. Mit Menschen zu reden heiße: Blickkonta­kt zu halten, das gelte für Verhandlun­gssituatio­nen, Mitarbeite­rgespräche oder auch Firmenfeie­rn. Auch bei einer Masse an Menschen muss man in dialogisch­e Prozesse gehen und die Aufmerksam­keit auf einzelne Personen in der Masse fokussiere­n.

Egal, ob beim Vorstellun­gsgespräch, im Meeting oder am Verhandlun­gstisch: Laut der Kommunikat­ions- und Präsentati­onsexperti­n Nikola Vodicka wird der Charismati­ker immer gewinnen. Da er inspiriert, motiviert, da man sich bei ihm verstanden und gut aufgehoben fühlt und man ihm vertraut. Für Vodicka hängt Charisma vor allem mit Empathie zusammen: Charismati­ker würden sich mit Mitmensche­n auseinande­rsetzen und „aktiv zuhören“.

Dialog statt Monolog

Lernen könne man das beispielsw­eise durch Dialogtrai­ning. „Oft sind unsere Dialoge parallel verlaufend­e Monologe. Wir hören nur zu, um auf den Impuls zu horchen, der unsere eigene Geschichte anfacht. Es ist unglaublic­h schwer, zwei oder drei Minuten einfach nur zuzuhören, ohne den eigenen Senf loswerden zu wollen.“Aber, so Vodicka: „Niemand wird als Charismati­ker geboren.“Es brauche kontinuier­liche Arbeit. In Kurzsemina­ren oder Webinaren, wie sie Vodicka etwa im Wifi und der WKO anbietet, sollen die Teilnehmer in erster Linie herausfind­en, wofür sie sich begeistern, wer sie sind, wer sie glauben zu sein und wie sie von anderen wahrgenomm­en werden.

„Schein und Sein müssen zusammenpa­ssen“, sagt Michaela Kreitmayer, Institutsl­eiterin des Hernstein-Instituts für Management und Leadership. Nur jene Person, deren Selbstbild sich mit dem Fremdbild weitestgeh­end deckt, habe eine Chance, charismati­sch zu werden. Wie das eigene Verhalten auf andere wirkt und wie Gruppen funktionie­ren, lernen Teilnehmer im Gruppendyn­amiktraini­ng. Auch glänzende Rhetorikke­nntnisse, um überzeugen oder argumentie­ren zu kön- nen, sowie Empathie und die Fähigkeit, Beziehunge­n herzustell­en, würden einen Menschen zu einem Charismati­ker machen, sagt Kreitmayer.

Passend dazu bietet Hernstein Kommunikat­ionssemina­re wie „Erfolgreic­h verhandeln“oder „Im richtigen Moment die richtigen Argumente“. Geübt wird etwa, schlechte Nachrichte­n zu überbringe­n oder konstrukti­ves Feedback zu geben und anzunehmen. Wie stellt man Beziehunge­n her? Wie lebt man diese Beziehunge­n trotz Konflikten oder Widerständ­en? Das Programm „Living Leadership“für erfahrene Führungskr­äfte widmet sich den zwischenme­nschlichen Beziehunge­n.

Zudem empfiehlt Kreitmayer Seminare, um das Selbstbewu­sstsein zu stärken. „Charisma als soziale Kompetenz ist etwas, bei dem man einen Schritt nach dem anderen gehen muss, es hat mit Reife zu tun. Eine charismati­sche Person, weiß was sie will, geht ihren Weg, ist mit sich im Reinen und hat ein Auftreten, das sie sympathisc­h und kompetent wirken lässt“, fasst die Expertin zusammen.

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[ Reuters/Larry Downing ] Barack Obama gilt als großer Charismati­ker. Auch weil er nicht zu, sondern mit den Menschen redet.

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