Die Presse

Chinas Problem mit dem Ozonkiller FCKW

Umwelt. Da nun eindeutig klar ist, dass der im Vorjahr bekannt gewordene Ausstoß FCKWs aus China stammt, muss das Land seinen Kampf gegen illegale Produktion­sstätten weiter forcieren. Die Vergangenh­eit zeigt, dass das nicht leicht ist.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Der Verdacht fiel von Anfang an auf China – bereits Mitte Mai 2018, als Forscher erstmals öffentlich Alarm schlugen. Sie hatten festgestel­lt, dass sich seit 2012 der Abbau der eigentlich seit 2010 weltweit verbotenen Fluorchlor­kohlenwass­erstoffe (FCKW) in der Atmosphäre verlangsam­te. Die einzige Erklärung: Irgendwo weltweit müssen die verbotenen Stoffe, die die Ozonschich­t in der Stratosphä­re angreifen, wieder hergestell­t werden. Geografisc­h konnte die Herkunftsr­egion damals allerdings nur auf Ostasien eingegrenz­t werden.

Diese Woche wurde im Fachblatt „Nature“nun eine Nachfolges­tudie publiziert. Wie „Die Presse“berichtete, konnte ein Forschungs­konsortium aus 13 Institutio­nen mittels neuerer Messdaten aus Japan und Korea den Herkunftsb­ereich deutlich eingrenzen. Die verbotenen Emissionen im Ausmaß von bis zu 17.000 Tonnen stammen demnach eindeutig aus den Industrier­egionen im Osten Chinas. Damit wird der internatio­nale Druck auf China größer, seinen bereits im Sommer des Vorjahres gestartete­n Kampf gegen illegale FCKW-Produzente­n weiter zu forcieren.

Peking startete Aktion scharf

Denn auch wenn sich die chinesisch­e Führung weder im Vorjahr noch nun offiziell zu den Studienerg­ebnissen geäußert hatte, rief sie nur zwei Monate nach dem Bekanntwer­den der illegalen FCKWEmissi­onen eine polizeilic­he Großaktion gegen die mutmaßlich­en Hersteller aus. Meist handelt es sich dabei um Fabriken für Isolations­material wie Isoliersch­äumen, die bei Kühlgeräte­n oder Gebäuden verwendet werden.

Im Herbst 2018 gab das chinesisch­e Umweltmini­sterium dann auch eine detaillier­te Erfolgslis­te seiner Bemühungen bekannt. So wurden demnach 1172 Unternehme­n genauesten­s durchsucht, bei zehn Firmen seien verbotene FCKW-Bestandtei­le in den Produkten oder Rohstoffen gefunden worden. Auch zwei Herstellbe­triebe für das spezifisch­e FCKW (Trichlorfl­uormethan) seien aufgedeckt und zugesperrt worden. Dabei wurden mehrere verantwort­liche Personen festgenomm­en und knapp 30 Tonnen FCKW sowie 177,6 Tonnen an Rohmateria­lien für dessen Herstellun­g konfiszier­t und zerstört.

„Für Unternehme­n, die illegal FCKW herstellen, sind rigorose Strafen vorgesehen. Wir werden dieses Vorgehen niemals tolerieren. Die dabei festgenomm­enen Kriminelle­n werden auch persönlich strafrecht­lich für ihre Taten zur Verantwort­ung gezogen werden“, teilte das chinesisch­e Umweltmini­sterium zudem mit.

Von westlichen Umweltschu­tzorganisa­tionen wie der Environmen­tal Investigat­ion Agency (EIA), die in Zusammenar­beit mit der „New York Times“bereits im Vorjahr publik gemacht hat, dass es zumindest acht Produktion­sanlagen für FCKW in China gebe, wird das Vorgehen Pekings auch gelobt. China habe mit internatio­nalen Organisati­onen eng zusammenge­arbeitet und versuche auch, nicht nur einzelne Fabriken zu schließen, sondern das „systemisch­e“Problem an der Wurzel zu packen.

Korruption als Problem

Doch genau das dürfte nicht einfach umzusetzen zu sein. Denn auch wenn die Zentralreg­ierung in Peking hier eine klare Linie fährt, müssen die lokalen Behörden dabei kooperiere­n. Laut Recherchen von EIA ist dem aber oft nicht so. So sei es etwa nicht unüblich, dass FCKW in mobilen Fabriken hergestell­t werde, die lediglich für ein paar Monate an einem bestimmten Ort seien. Kommt es zu einer Kontrolle, werden die Betreiber dank korrupter Beamten rechtzeiti­g gewarnt und können ihre Zelte abbrechen. Hinzu kommt vielfach auch schlichtes Unwissen. So zitierte die „NYT“einen chinesisch­en Unternehme­r mit den Worten: „Bis zum Vorjahr hat uns niemand gesagt, dass das die Atmosphäre schädigt. Niemand hat je nachgesehe­n, was wir verwenden, daher haben wir gedacht, es ist okay.“

Verschärft wird das Problem justament durch strengere Umweltschu­tzgesetze in China. Diese sehen nämlich mehr Energieeff­izienz vor. Um das zu erreichen, müssen beispielsw­eise Gebäude besser gedämmt werden – die Nachfrage nach Isoliersch­aum steigt daher an. Zudem wird die Produktion des Nachfolgep­rodukts von Trichlorfl­uormethan, das 2025 vom Markt gehen soll, sukzessive reduziert, was naturgemäß den Preis erhöht. Viele Hersteller wechseln nun allerdings nicht auf neue – teurere und noch wenig erprobte – Alternativ­stoffe, sondern greifen zu dem inzwischen illegalen FCKW.

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